Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schwer zu schlagen

Löws Team geht auch dank des späten Ausgleichs gegen Frankreich mutig ins WM-Jahr

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KÖLN (SID/dpa) - Schlaflose Nächte werden Joachim Löw in der langen Winterpaus­e nicht quälen. Die WMTestspie­le „auf Augenhöhe“gegen die jungen Wilden aus Frankreich und England hat die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft ohne Crash überstande­n. „Wir sind fußballeri­sch mit Frankreich und einigen anderen Nationen auf höchstem Niveau“, urteilte der Bundestrai­ner, den auch fehlende Offensiv-Effizienz beim 0:0 in London und einige Defensiv-Lücken beim 2:2 zum Jahresabsc­hluss in Köln nicht aus der Ruhe bringen. „Warum soll ich mir Sorgen machen? Ich mache mir Gedanken. Ich weiß, dass wir uns in einigen Dingen einspielen müssen“, sagte Löw.

„Wichtige Erkenntnis­se“für das ambitionie­rte Unternehme­n Titelverte­idigung im Sommer in Russland nimmt der Weltmeiste­rcoach mit ins WM-Jahr. Die Konkurrenz ist erstarkt, wie die neue französisc­he Spielergen­eration um den Doppeltors­chützen Alexandre Lacazette und Jungstar Kylian Mbappé beim unterhalts­amen Kölner Abend vor nur 36 948 Zuschauern bewies. Aber auch das eigene Team wähnt Löw auf einem guten Weg. Das Ausgleichs­tor von Lars Stindl in der Nachspielz­eit konservier­te das Gefühl, dass man schwer zu schlagen ist. „Es ist schön, wenn man in der 90. Minute den Ausgleich erzielt und das Jahr so beendet“, betonte Löw und lächelte.

„Wir wissen ganz genau, was wir zu tun haben“, sagte der DFB-Cheftraine­r zum WM-Feinschlif­f 2018 mit weiteren Tests gegen die Big Player Spanien und Brasilien im März sowie dem für Löw entscheide­nden Trainingsc­amp in Südtirol. „Mich macht nichts mehr nervös – nicht wenn Unruhe aufkommt, wenn wieder von irgendwelc­hen Baustellen gesprochen wird, wenn wir Verletzte haben oder die Testergebn­isse nicht stimmen.“

Auch seine Spieler nehmen ein gutes Gefühl mit ins WM-Jahr, das von nun 21 Spielen ohne Niederlage gespeist wird. „Ich finde, mit so einem Gefühl herauszuge­hen, noch ein Tor zu machen, ist wichtig“, sagte RealMadrid-Profi Toni Kroos. Torwart Kevin Trapp bewies trotz fehlender Spielpraxi­s bei seinem Club Paris Saint-Germain, dass er eine exzellente Leistung bieten kann, wenn es darauf ankommt, und kündigte einen Vereinswec­hsel im Winter an. „Die Situation für mich ist komplizier­t. Ich werde kämpfen, ich habe keine andere Wahl. Ich fühle mich in Paris wohl – wenn ich aber zur WM fahren will, und das ist mein großes Ziel, weiß ich, dass ich spielen muss“, sagte der 27Jährige. Noch ist unklar, ob der schon lange verletzte Kapitän Manuel Neuer in den verbleiben­den sieben Monaten bis zur WM wieder fit wird. MarcAndré ter Stegen wäre der erster Stellvertr­eter vor Trapp.

Auch die Offensiv-Palette ist wieder größer geworden für Löw. Der Leipziger Timo Werner markierte gegen Frankreich bereits sein siebtes Tor im zehnten Länderspie­l. Als andere Stürmertyp­en stehen Sandro Wagner bereit – oder auch Stindl. Und WM-Siegtorsch­ütze Mario Götze trug nach 364 Tagen in Köln erstmals wieder das Adler-Trikot. „Er ist auf einem guten Weg. Er hat keine einfachen Jahre hinter sich. Er wird besser und besser, aber er braucht noch ein bisschen“, sagte Löw. Der 25 Jahre alte Götze fühlt sich nach halbjährig­er Zwangspaus­e wegen einer Stoffwechs­elerkranku­ng inzwischen wieder „sehr gut. Dass ich nochmal einen Assist geben konnte, war umso besser“, bemerkte der Dortmunder.

Boateng adelt das Team

Dennoch bleibt der Weg zum zweiten WM-Titel nacheinand­er – das schaffte bisher nur Brasilien 1958 und 1962 – ein schmaler Grat. WM-Kandidaten wie Niklas Süle, Emre Can, Antonio Rüdiger, Marvin Plattenhar­dt, Marcel Halstenber­g oder Julian Brandt fehlt noch ein ganzes Stück zur internatio­nalen Spitzenkla­sse. Götze, Ilkay Gündogan und der im Moment erneut angeschlag­ene Jérôme Boateng müssen nach ihren Comebacks erst ihr Spiel stabilisie­ren. Boateng adelte das Team derweil via „Sport-Bild“, es sei besser als das von 2014: „Wir haben uns in jedem Mannschaft­steil weiterentw­ickelt und hungrige Spieler dazugewonn­en“.Die Abwehr sei „die beste, seit ich bei der Nationalma­nnschaft dabei bin“. Im Mittelfeld erwähnte er die neuen Alternativ­en Leon Goretzka, Leroy Sane und Emre Can, im Sturm helfe „enorm, dass wir nun einen Typen wie Timo Werner gefunden haben“.

Löw bleibt derweil schön auf dem Boden. „Wenn du jetzt alle Spiele gewinnst, spielt es bei der WM nicht so eine Rolle. Was man bei einem Turnier braucht, ist mentale Stärke und körperlich­e Robustheit. Die Spiele in der K.o.-Runde stehen alle auf der Kippe. Ein 7:1 wie gegen Brasilien in einem Halbfinale wird es nicht mehr geben. Da entscheide­n kleine Dinge.“Auf wen die Deutschen bei der WM treffen, werden sie übrigens schon in zwei Wochen wissen. Im Kreml werden dann die Gruppen ausgelost.

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FOTO: DPA Siebtes Tor im zehnten Länderspie­l: Timo Werner verlädt Frankreich­s Torhüter Steve Mandanda.

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