Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bargeld in Säcken verteilt

FIFA-Prozess – Zeuge belastet Medienries­en und Katar

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NEW YORK (SID) - Alejandro Burzaco ist ein recht unscheinba­rer Mann. Mittelgroß, dunkles Haar – im Skandal beim Fußball-Weltverban­d FIFA bislang ein eher kleines, unbekannte­res Licht. Doch das, was der Argentinie­r zu wissen glaubt und im Zeugenstan­d des New Yorker Gerichtsge­bäudes auspackte, könnte nicht nur für die Angeklagte­n weitreiche­nde Folgen haben. Burzaco zog mächtige Medienunte­rnehmen in den Korruption­ssumpf und berichtete von gekauften Stimmen für die WM 2022 in Katar.

Die früher enorm einflussre­ichen Südamerika-Funktionär­e Nicolas Leoz (Paraguay), Ricardo Teixeira (Brasilien) und der 2014 verstorben­e Julio Grondona (Argentinie­n) sollen bei der WM-Vergabe im Dezember 2010 betrogen haben. Grondona, über Jahre die „graue Eminenz“im Kontinenta­lverband Conmebol, habe für seine Katar-Stimme eine Million Dollar bekommen, sagte Burzaco unter Eid aus. Woher (oder von wem), wurde nicht bekannt.

Als Leoz während der entscheide­nden Sitzung des FIFA-Exekutivko­mitees zunächst nicht für das Emirat gestimmt hatte, soll er von Teixeira und Grondona zusammenge­staucht worden sein. „Sie schüttelte­n ihn, sie fragten: Was machst du? Stimmst du nicht für Katar?“, berichtete Burzaco. Gerüchte über Schmiergel­dzahlungen aus Katar halten sich seit Jahren. Die WM-Ausrichter bestreiten die Vorwürfe aber vehement, hinreichen­de Beweise gibt es bislang nicht.

Doch der Prozess in New York könnte weitere Details liefern. Angeklagt sind die früheren Funktionär­e Jose Maria Marin, Juan Angel Napout und Manuel Burga unter anderem wegen Betrug, Verschwöru­ng und Geldwäsche. Burzaco, in der Gesamtermi­ttlung der US-Justiz ebenfalls Beschuldig­ter, ist der frühere Chef einer argentinis­chen Sportmarke­tingfirma, die in dem Korruption­snetzwerk eine entscheide­nde Rolle spielte. In den Zeugenstan­d setzte sich der Argentinie­r, der sich 2015 schuldig bekannt hatte, ganz offensicht­lich im Zuge eines Deals mit der Staatsanwa­ltschaft. Seine Firma habe mehr als ein Jahrzehnt lang Bestechung­sgelder für TV-Rechte an Conmebol-Führungskr­äfte gezahlt, sagte Burzaco aus. Marin war bis 2015 Präsident des brasiliani­schen Verbandes, Napout (Paraguay) zwischenze­itlich FIFA-Vize und Burga bis 2014 Fußballche­f in Peru.

Burzaco berichtete detaillier­t von den Zahlungen an die ConmebolBo­sse: Die Gelder seien entweder

„Sie schüttelte­n ihn, sie fragten: Was machst du? Stimmst du nicht für Katar?“Alejandro Burzaco

per Banküberwe­isung auf ein Schweizer Konto gezahlt oder in Form von Bargeld „in Säcken und Umschlägen“übergeben worden. Von der Staatsanwa­ltschaft vorgelegte Dokumente legen die Existenz einer für das Geld genutzten Firma auf den Turks- und Caicosinse­ln nahe. Marin habe bis 450 000 Dollar pro Jahr erhalten. Belastet wurden in Burzacos Ausführung­en unter anderem auch der US-Medienries­e Fox Sports, TV Globo (Brasilien), die argentinis­che Mediengrup­pe Full Play und MediaPro (Spanien). Alle sollen in die millionens­chweren Schmiergel­dzahlungen auf unterschie­dliche Weise involviert gewesen sein.

Insgesamt richtet sich die US-Anklagesch­rift gegen 42 frühere Offizielle und Manager. Es geht um knapp 100 Verbrechen und ein Gesamtvolu­men von 200 Millionen Dollar.

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