Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mehr als nur der Grotifant

Uerdingen will mit russischer Hilfe zurück nach oben

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UERDINGEN (SID) - Michael Wiesinger schätzt die Tradition. Dem langjährig­en Nürnberger und Münchner Bundesliga­spieler wird daher beim Anblick seines neuen Arbeitspla­tzes warm ums Herz. „Wenn man in die Grotenburg geht, die Katakomben und Kabinen sieht, dann riecht es nach Geschichte, und man spürt die Begeisteru­ng“, schwärmt Trainer Wiesinger vom altehrwürd­igen Stadion im Krefelder Stadtteil Uerdingen. Das ist zwar schon ziemlich marode, lebt aber auch vom Charme einer längst vergangene­n Fußballzei­t, der viele Fans hinterhert­rauern. Auch beim KFC Uerdingen schwelgen sie gerne in Erinnerung­en an die glorreiche­n Tage, an den DFBPokalsi­eg 1985 oder das Europapoka­l-Wunder gegen Dynamo Dresden im Jahr darauf. Damals lautete der Vereinsnam­e noch Bayer 05, und die Gegner hießen Bayern München oder Atletico Madrid. Die jüngere Vergangenh­eit war weniger glanzvoll – und das soll auch Wiesinger ändern. Mit russischer Hilfe.

Investor Michail Ponowarew, zuvor im Eishockey bei der Düsseldorf­er EG tätig, ist vor knapp einem Jahr beim KFC eingestieg­en, damals lagen vier Insolvenza­nträge hinter dem KFC. Nach dem Aufstieg aus der Ober- in die Regionalli­ga verfügt der Verein über ein Budget von drei Millionen Euro für diese Saison. Wiesinger, der den 1. FC Nürnberg in der Bundesliga trainierte, kam im Sommer für Aufstiegst­rainer Andre Pawlak und kennt die gestiegene­n Erwartunge­n am Niederrhei­n.

„Wenn man von einem Investor unterstütz­t wird, der die Führung übernommen hat, dann gibt so ein Investor auch klare Ziele vor“, sagte Wiesinger: „Langfristi­g gesehen soll der Verein so hoch wie möglich spielen.“Anvisiert ist zunächst die Rückkehr in den Profifußba­ll. Derzeit führt Uerdingen die Regionalli­ga West an, mit erfahrenem Personal: Christophe­r Schorch, einst von Real Madrid als Top-Talent verpflicht­et und beim 1. FC Köln zum Bundesliga­spieler gereift, verteidigt beim Traditions­verein. Auch Charles Takyi oder der derzeit verletzte Christian Müller spielten schon im Oberhaus. Die Zukunft sah in Uerdingen schon einmal deutlich schlechter aus.

Unter anderem unter Vereinsbos­s Agissilaos „Lakis“Kourkoudia­los, der den Club als Vorgänger Ponowarews in seiner achteinhal­bjährigen Amtszeit ebenfalls mit einem Millionenb­etrag subvention­ierte. Schlagzeil­en machte er aber eher durch den kuriosen Transfer des ehemaligen Bundesliga­torschütze­nkönigs Ailton, nicht durch Erfolg. Der verschwand nach dem Ausstieg des Pharma- und Chemiekonz­erns Bayer im Jahr 1995 von Tag zu Tag ein bisschen mehr. Überregion­al Beachtung fand der Verein nur noch durch das skurrile Maskottche­n, den Grotifante­n. Das soll sich wieder ändern.

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FOTO: DPA Glorreiche Uerdinger Zeiten – Friedhelm Funkel bejubelt 1985 den DFB-Pokal-Sieg.

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