Kiesabbau im Wasserschutzgebiet ist zulässig
Landratsamt Ravensburg sieht keinen Hinderungsgrund – Geologisches Gutachten ist allerdings von 2004
KREIS RAVENSBURG - Kiesabbau im Wasserschutzgebiet ist zulässig. Das heißt im Umkehrschluss, dass selbst wenn das Wasserschutzgebiet Weißenbronnen im Altdorfer Wald erweitert und auf das Abbaugebiet ausgedehnt werden sollte, Kies in dem Gebiet abgebaut werden könnte. Das geht aus einer Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“beim Landratsamt Ravensburg hervor.
Wie bereits berichtet, sorgt sich der Wasserzweckverband BaienfurtBaindt um das Trinkwasser für die beiden Schussentalgemeinden, weil in nächster Nähe zu ihrer Quelle Weißenbronnen (nahe des Vogter Ortsteils Grund) ein rund elf Hektar großes Kiesabbaugebiet entstehen soll. Das Wasser aus der Quelle versorgt rund 12 200 Bürger in Baienfurt und Baindt.
Dass Kies im Wasserschutzgebiet abgebaut wird, ist bereits gängige Praxis im Landkreis Ravensburg. Ein Beispiel ist die Leutkircher Heide. Dort wird derzeit am meisten Kies im ganzen Landkreis abgebaut. Probleme mit dem Trinkwasser gibt es laut Stadtverwaltung dort allerdings nicht. „Leutkirch hat große Grundwasservorkommen. Die halbe Kernstadt ist über Grundwasser gebaut“, sagt Leutkirchs Pressesprecher Thomas Stupka. Der Kiesabbau habe in keinster Form negative Auswirkungen auf das Wasser und die Wasserversorgung gehabt. Das Grundwasser werde auch regelmäßig kontrolliert und es wurde auch kontrolliert, bevor überhaupt gestartet wurde.
Ein Wasserschutzgebiet ist in drei Zonen gegliedert. Zone I umfasst den unmittelbaren Fassungsbereich, der bei Brunnen je nach Quellfassung unterschiedlich ausfällt. Das sind etwa 20 mal 20 Meter. Die Zone II umfasst die 50-Tage-Linie, also den Bereich, den das Grundwasser in 50 Tagen zurücklegt. Zone III betrifft das Einzugsgebiet der Trinkwasserfassung. Und eben in jener Zone III ist Kiesabbau im Trockenabbau möglich. In Zone I und II ist er verboten.
Binder: Schutzgebiet zu klein
Je mehr Wasser eine Quelle gibt, desto größer ist auch das Wasserschutzgebiet. Bisher ging man im Fall von Weißenbronnen von einer Wassermenge von etwa 50 Litern pro Sekunde aus. Doch das ist veraltet, sagt der Vorsitzende des Wasserzweckverbands Baienfurt-Baindt Günter A. Binder, der auch Bürgermeister von Baienfurt ist. „Heute geht man von mindestens rund 80 Litern pro Sekunde aus. Deswegen ist das Wasserschutzgebiet zu knapp bemessen“, sagt Binder. Heute misst das Wasserschutzgebiet Weißenbronnen 3,3 Quadratkilometer, müsste aber laut Binder mindestens fünf Quadratkilometer umfassen.
Rechne man bei der Quelle noch das Wasser für den Fischzuchtbetrieb in der Nähe mit und andere Faktoren, käme man auf eine Zahl von rund 120 Litern pro Sekunde. „Das ist eine neue Situation, die berücksichtigt werden sollte“, sagt der Bürgermeister. Außerdem habe die Quelle eine steigende Wassermenge. „Wir könnten das halbe Schussental mit Wasser versorgen.“
Der geplante Abbau in Grund befindet sich allerdings nicht im ausgewiesenen Wasserschutzgebiet. Grundlage für die Ausdehnung des Wasserschutzgebiets Weißenbronnen ist allerdings ein hydrogeologisches Gutachten des „Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, BadenWürttemberg“(LGRB) – einer Landesbehörde –, das laut Angaben des Landratsamtes auf den 18. Oktober 2004 datiert ist. „Eine Ausdehnung des Wasserschutzgebietes ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten“, heißt es dazu aus dem Landratsamt. Gestützt werde das auf Informationen des LGRB wie etwa Karten und wissenschaftliche Abhandlungen. Das Trinkwasser und die genutzten Fassungen seien „nach derzeitigem Kenntnisstand des LGRB durch den geplanten Kiesabbau nicht gefährdet“.
Das ist dem Wasserzweckverband und der Gemeinde Vogt, die ihr Trinkwasser aus dem Altdorfer Wald bezieht, nicht genug. Deswegen haben beide einen Geologen mit einem neuen Gutachten beauftragt und einen Rechtsanwalt hinzugezogen. Kiesunternehmer Rolf Mohr versicherte bei einer Informationsveranstaltung am Montag: Sollte ernsthafte Gefahr für das Trinkwasser bestehen, werde man das Vorhaben stoppen.
Bei der Berichterstattung zum Thema Trinkwasser gab es aufgrund unterschiedlicher Angaben unterschiedliche Einheiten für die Größenangabe des Wasserschutzgebietes. Richtig ist: Das Wasserschutzgebiet Weißenbronnen hat eine Größe von 3,3 Quadratkilometern und müsste nach Angaben von Baienfurts Bürgermeister Günter A. Binder mindestens fünf Quadratkilometer groß sein.