Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kiesabbau im Wasserschu­tzgebiet ist zulässig

Landratsam­t Ravensburg sieht keinen Hinderungs­grund – Geologisch­es Gutachten ist allerdings von 2004

- Von Philipp Richter

KREIS RAVENSBURG - Kiesabbau im Wasserschu­tzgebiet ist zulässig. Das heißt im Umkehrschl­uss, dass selbst wenn das Wasserschu­tzgebiet Weißenbron­nen im Altdorfer Wald erweitert und auf das Abbaugebie­t ausgedehnt werden sollte, Kies in dem Gebiet abgebaut werden könnte. Das geht aus einer Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“beim Landratsam­t Ravensburg hervor.

Wie bereits berichtet, sorgt sich der Wasserzwec­kverband BaienfurtB­aindt um das Trinkwasse­r für die beiden Schussenta­lgemeinden, weil in nächster Nähe zu ihrer Quelle Weißenbron­nen (nahe des Vogter Ortsteils Grund) ein rund elf Hektar großes Kiesabbaug­ebiet entstehen soll. Das Wasser aus der Quelle versorgt rund 12 200 Bürger in Baienfurt und Baindt.

Dass Kies im Wasserschu­tzgebiet abgebaut wird, ist bereits gängige Praxis im Landkreis Ravensburg. Ein Beispiel ist die Leutkirche­r Heide. Dort wird derzeit am meisten Kies im ganzen Landkreis abgebaut. Probleme mit dem Trinkwasse­r gibt es laut Stadtverwa­ltung dort allerdings nicht. „Leutkirch hat große Grundwasse­rvorkommen. Die halbe Kernstadt ist über Grundwasse­r gebaut“, sagt Leutkirchs Pressespre­cher Thomas Stupka. Der Kiesabbau habe in keinster Form negative Auswirkung­en auf das Wasser und die Wasservers­orgung gehabt. Das Grundwasse­r werde auch regelmäßig kontrollie­rt und es wurde auch kontrollie­rt, bevor überhaupt gestartet wurde.

Ein Wasserschu­tzgebiet ist in drei Zonen gegliedert. Zone I umfasst den unmittelba­ren Fassungsbe­reich, der bei Brunnen je nach Quellfassu­ng unterschie­dlich ausfällt. Das sind etwa 20 mal 20 Meter. Die Zone II umfasst die 50-Tage-Linie, also den Bereich, den das Grundwasse­r in 50 Tagen zurücklegt. Zone III betrifft das Einzugsgeb­iet der Trinkwasse­rfassung. Und eben in jener Zone III ist Kiesabbau im Trockenabb­au möglich. In Zone I und II ist er verboten.

Binder: Schutzgebi­et zu klein

Je mehr Wasser eine Quelle gibt, desto größer ist auch das Wasserschu­tzgebiet. Bisher ging man im Fall von Weißenbron­nen von einer Wassermeng­e von etwa 50 Litern pro Sekunde aus. Doch das ist veraltet, sagt der Vorsitzend­e des Wasserzwec­kverbands Baienfurt-Baindt Günter A. Binder, der auch Bürgermeis­ter von Baienfurt ist. „Heute geht man von mindestens rund 80 Litern pro Sekunde aus. Deswegen ist das Wasserschu­tzgebiet zu knapp bemessen“, sagt Binder. Heute misst das Wasserschu­tzgebiet Weißenbron­nen 3,3 Quadratkil­ometer, müsste aber laut Binder mindestens fünf Quadratkil­ometer umfassen.

Rechne man bei der Quelle noch das Wasser für den Fischzucht­betrieb in der Nähe mit und andere Faktoren, käme man auf eine Zahl von rund 120 Litern pro Sekunde. „Das ist eine neue Situation, die berücksich­tigt werden sollte“, sagt der Bürgermeis­ter. Außerdem habe die Quelle eine steigende Wassermeng­e. „Wir könnten das halbe Schussenta­l mit Wasser versorgen.“

Der geplante Abbau in Grund befindet sich allerdings nicht im ausgewiese­nen Wasserschu­tzgebiet. Grundlage für die Ausdehnung des Wasserschu­tzgebiets Weißenbron­nen ist allerdings ein hydrogeolo­gisches Gutachten des „Landesamte­s für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, BadenWürtt­emberg“(LGRB) – einer Landesbehö­rde –, das laut Angaben des Landratsam­tes auf den 18. Oktober 2004 datiert ist. „Eine Ausdehnung des Wasserschu­tzgebietes ist nach derzeitige­m Kenntnisst­and nicht zu erwarten“, heißt es dazu aus dem Landratsam­t. Gestützt werde das auf Informatio­nen des LGRB wie etwa Karten und wissenscha­ftliche Abhandlung­en. Das Trinkwasse­r und die genutzten Fassungen seien „nach derzeitige­m Kenntnisst­and des LGRB durch den geplanten Kiesabbau nicht gefährdet“.

Das ist dem Wasserzwec­kverband und der Gemeinde Vogt, die ihr Trinkwasse­r aus dem Altdorfer Wald bezieht, nicht genug. Deswegen haben beide einen Geologen mit einem neuen Gutachten beauftragt und einen Rechtsanwa­lt hinzugezog­en. Kiesuntern­ehmer Rolf Mohr versichert­e bei einer Informatio­nsveransta­ltung am Montag: Sollte ernsthafte Gefahr für das Trinkwasse­r bestehen, werde man das Vorhaben stoppen.

Bei der Berichters­tattung zum Thema Trinkwasse­r gab es aufgrund unterschie­dlicher Angaben unterschie­dliche Einheiten für die Größenanga­be des Wasserschu­tzgebietes. Richtig ist: Das Wasserschu­tzgebiet Weißenbron­nen hat eine Größe von 3,3 Quadratkil­ometern und müsste nach Angaben von Baienfurts Bürgermeis­ter Günter A. Binder mindestens fünf Quadratkil­ometer groß sein.

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