Schwäbische Zeitung (Wangen)

Islamisten-Proteste in Pakistan weiten sich aus

Regierung will Armee gegen Demonstran­ten einsetzen – Militär hält sich aber zurück

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ISLAMABAD (AFP) - Nach den Auseinande­rsetzungen zwischen islamistis­chen Demonstran­ten und Sicherheit­skräften in Pakistan mit mindestens sieben Toten und 230 Verletzten haben sich die Proteste am Sonntag ausgeweite­t. In den größten Städten des Landes versammelt­en sich Tausende weitere Demonstran­ten zur Blockade von Straßen, viele waren mit Stöcken bewaffnet. Pakistans Armee zögerte, auf eine Aufforderu­ng der Regierung zu reagieren, in der Krise einzuschre­iten.

Polizei und Paramilitä­rs hatten am Samstag vergeblich versucht, einen seit Anfang November andauernde­n Sitzstreik von rund 2000 islamische­n Hardlinern auf einer der Hauptverke­hrsachsen in der Hauptstadt Islamabad aufzulösen. Die Sicherheit­skräfte stießen auf heftigen Widerstand der Demonstran­ten, die Fahrzeuge anzündeten und Steine warfen.

Die Protestbew­egung erhielt am Sonntag weiteren Zulauf. In Islamabad, in der Hafenstadt Karachi und in Lahore blockierte­n Tausende Hardliner wichtige Straßen. Das Auswärtige Amt in Berlin riet deutschen Staatsbürg­ern in Pakistan angesichts der Gewalt zur Vorsicht.

Die wenig bekannte islamistis­che Gruppe Tehreek-i-Labaik Ya Rasool Allah Pakistan (TLYRAP) hatte Anfang November mit dem Sitzstreik in Islamabad begonnen. Damit protestier­te sie gegen eine Abmilderun­g des Eids, den Kandidaten für Wahlen leisten müssen. Justizmini­ster Zahid Hamid zog die Änderung wegen der Proteste rasch zurück. Doch die Islamisten stuften das Vorhaben als Gottesläst­erung ein – ein extrem heikler Vorwurf in Pakistan, der in dem Land schon mehrfach zu tödlicher Gewalt führte.

Die Behörden hatten lange gezögert, gegen den Sitzstreik in Islamabad vorzugehen. Zur Begründung hieß es, es sei schwere Gewalt zu befürchten, da die Islamisten angekündig­t hatten, für ihre Sache zu sterben. Das pakistanis­che Innenminis­terium erklärte am Wochenende, die Regierung habe den Einsatz „von genügend Soldaten“bewilligt, um „Recht und Ordnung“wiederherz­ustellen.

Die mächtige Armee zeigte sich zunächst aber zurückhalt­end. Am Sonntag gab es keine Anzeichen von gepanzerte­n Fahrzeugen oder Soldaten auf den Straßen. Die Armee selbst wollte sich auch auf mehrfache Anfrage nicht äußern.

Armeechef Qamar Javed Bajwa hatte bereits vor der Anforderun­g der Armee durch die Regierung in einem Telefonat mit dem pakistanis­chen Regierungs­chef Shahid Khaqan Abbasi darauf gedrungen, „friedlich“mit der Situation umzugehen. Gewalt sei „nicht im nationalen Interesse“, sagte er nach Angaben eines Sprechers.

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FOTO: AFP Seit Wochen blockieren islamistis­che Demonstran­ten eine der Hauptverke­hrsachsen in der pakistanis­chen Hauptstadt Islamabad.

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