Mehr Touristen sorgen auch für mehr Schäden
In zehn Jahren ist die Zahl der Besucher im Allgäu um mehr als 50 Prozent gestiegen – Trend hat Nachteile
ALLGÄU (sir/hai) - Eigentlich ist es eine gute Nachricht: Die Zahl der Gäste im Allgäu steigt seit Jahren an. Es gibt aber auch eine Kehrseite dieses Trends: Deutlich mehr Wanderer und deutlich mehr Mountainbiker führen auch zu deutlich mehr Schäden an den häufig genutzten Wegen. Dieses Thema beschäftigt Grundstücksbesitzer, Touristiker und Politik. Darüber sprechen diese drei Gruppen heute auch bei der AllgäuInitiativkonferenz in Leutkirch.
Im Jahr 2006 kamen etwa 2,3 Millionen Gäste ins Allgäu, 10,3 Millionen Übernachtungen wurden gezählt. 2016 waren es 3,6 Millionen Gäste, also über 50 Prozent mehr. Über zwölf Millionen Übernachtungen wurden im Vorjahr gezählt. Wenn Ende 2018 der Centerpark in Leutkirch mit 1000 Ferienhäusern eröffnet wird, rechnet der Tourismusverband mit einer Million zusätzlicher Übernachtungen im Jahr.
Erich Fürst von Waldburg-Zeil ist einer der großen Grundbesitzer in der Region. Er sagt: „Wir brauchen den Tourismus. Aber wir dürfen nicht auch noch das Allerletzte aus unserer wunderbaren Landschaft herauspressen.“Zum Beispiel mit Blick auf den Naturpark Nagelfluhkette, wo ihm Weideflächen gehören, berichtet der Fürst von großen Schäden auf den Wegen. Teilweise seien früher angelegte Pfade jetzt mehrere Meter breit. Wertvolle Flächen würden zerstört, die Alpwirtschaft leide enorm: „Wir verkraften dort oben die ständig steigende Zahl der Wanderer schon nicht mehr – und jetzt sind auch immer mehr Mountainbiker auf den Wegen.“
Was tun? Das war die Frage auch kürzlich bei einem Treffen von Politikern aus der Region mit der bayerischen Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU). Besucher leiten und Wege befestigen – das war das Ergebnis des Gesprächs.
Aber das kostet Geld. Eine halbe Million Euro ist allein im Naturpark Nagelfluhkette zwischen Balderschwang, Immenstadt und Oberstaufen nötig, um die Wege dort zu pflegen, sagt Rolf Eberhard, Geschäftsführer der Naturpark Nagelfluhkette GmbH.
Die Umweltministerin, der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (CSU) und der Fürst von Waldburg-Zeil sind sich einig: Verbote allein bringen nichts, Aufklärung und Lenkung der Menschenmassen sind sinnvoller. Allerdings wissen viele Menschen gar nicht, dass beispielsweise schon jetzt in sensiblen Bereichen nicht alles erlaubt ist: Große Teile der Nagelfluhkette sind Landschaftsschutzgebiet. Dort ist das Mountainbiken nur dann erlaubt, wenn Wege breiter als zwei Meter angelegt sind. Private Flächen dürfen grundsätzlich auch nicht ohne das Einverständnis der Eigentümer gewerblich genutzt werden. Streng genommen kann das sogar geführte Schneeschuhtouren auf solchen Flächen betreffen, wie sie beispielsweise von Gemeinden angeboten werden. Klotz nennt ein weiteres Problem: Viele Bergpfade seien einfach über die Jahre hinweg entstanden, es existierten aber keine Absprachen dazu oder gar Nutzungsverträge.
Es gibt bereits positive Ansätze: Die Allgäu GmbH arbeitet gemeinsam mit Tiroler Experten an einem grenzüberschreitenden Lenkungskonzept für Mountainbiker. Dabei sollen Landratsämter, Forstbehörden, Jagdverbände, Touristiker und Naturschutzverbände Wege planen und beschildern. Im Oberallgäu planen einige Liftbetreiber auch so genannte Downhill-Strecken, auf denen Mountainbiker die Berge hinabfahren können. Klotz hält das für sinnvoll, um die Sportler zu lenken. Umweltministerin Scharf stimmt dem zu: „Wir brauchen professionelle Wege im Tourismus“, sagt sie. Sinnvoll sei auch eine positive Aufklärungskampagne mit Hinweisen auf die Lebensräume von Tieren und Pflanzen.
„Wir brauchen den Tourismus. Aber wir dürfen nicht auch noch das Allerletzte aus unserer wunderbaren Landschaft herauspressen.“Erich Fürst von Waldburg-Zeil