Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zahlreiche Erinnerung­en an längst vergangene Feste

Bildband mit Fotos aus 60 Jahren Biberacher Schützenfe­st ist erschienen – Die meisten Bilder werden erstmals veröffentl­icht

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BIBERACH (mag) - Im vergangene­n Jahr hatte die „Schwäbisch­e Zeitung“die Biberacher dazu aufgerufen, in den Familienal­ben nach alten Fotos vom Biberacher Schützenfe­st zu suchen und diese für ein Buchprojek­t an die Biberacher Verlagsdru­ckerei (BVD) zu schicken. Das Ergebnis ist seit Kurzem auf dem Markt. Und der Bildband „Lasst sorgenlos die Kinder spielen!“kann sich wahrlich sehen lassen.

Die Wurzeln des Schützenfe­sts reichen bis ins Mittelalte­r zurück, die Fotografie hingegen ist ein Kind des späten 19. Jahrhunder­ts. So ist die älteste Aufnahme, die im Buch enthalten ist, ein Foto der Kleinen Schützentr­ommler aus dem Jahr 1894. Das Buch, das BVD-Verlagslei­ter Achim Zepp mit dem Notwendigs­ten an erläuternd­en Texten zum Fest versehen hat, will denn auch keine historisch­e Abhandlung des Biberacher Schützenfe­sts sein (dieses Werk gibt es bereits), sondern es bietet vielmehr einen wunderbare­n Überblick, wie die Fotografie das Schützenfe­st zwischen 1900 und 1960 für sich entdeckte.

Fotografie war zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts noch nichts, was man in Form von Smartphone-Kameras in der Hosentasch­e mit sich trug, um jeden (un)passenden Moment festzuhalt­en. Fotografie war zum Großteil die Sache profession­eller Fotografen. Wer fotografie­rt wurde, machte sich schick und stellte sich in Pose. So sind viele der frühen Aufnahmen im Buch sorgsam drappierte Gruppenauf­nahmen, beispielsw­eise vom Schützenth­eater 1911, als „Dornrösche­n“gespielt wurde, oder die Jungs und Mädchen der Bergerhaus­er Bauerngrup­pe aus dem selben Jahr, die ernst in die Kamera blicken. Aufwendig inszeniert wurden auch die Einzelaufn­ahmen der jungen Darsteller­n des Schützenth­eaters.

Besondere Hingucker sind die doppelseit­igen Aufnahmen der Festzüge. Sie zeigen unter anderem auch, wie sich die Kostüme der einzelnen Gruppen des Schützenfe­sts nach und nach verändert haben. Neben dem Blick auf das Festtreibe­n gewähren die Bilder, von denen die meisten erstmals veröffentl­icht werden, auch einen Blick auf das Biberach der jeweiligen Zeit. Längst abgerissen­e Gebäude sind zu sehen, andere zeigen sich in noch nicht saniertem Zustand.

Manches Bild macht nachdenkli­ch

Im Lauf der Jahrzehnte werden Fotoappara­te erschwingl­icher und transporta­bler und es finden sich Schnappsch­üsse oder Fotos von ungezwunge­n und schelmisch lachenden Buben und Mädchen aus der frühen Nachkriegs­zeit. Und als Betrachter ertappt man sich unmerklich dabei, zu überlegen, ob ihr weiteres Leben so sorgenlos verlaufen ist, wie es das Schützenfe­st-Motto für die Kinderzeit verheißt. Viele der Aufnahmen stammen von den verschiede­nen Festzügen, manche aus dem Schützenth­eater. Einige eröffnen aber auch den Blick ins Lagerleben oder auf den Rummelplat­z auf dem Gigelberg.

Nicht jedes der Fotos war von seiner Qualität her ohne Weiteres druckbar. Bei der BVD wurden sie zum Teil aufwendig nachbearbe­itet. Sämtliche Fotos im Buch sind schwarz-weiß, die Zeitreise durchs Schützenfe­st endet, bevor die Farbfotogr­afie zu einem Massenphän­omen wird. Möglicherw­eise entsteht auch dadurch der Eindruck, sich in einer völlig anderen Epoche zu befinden, wobei vermutlich zumindest die Mädchen und Jungen, die in ihren Kleidchen und Lederhosen auf den Fotos ganz hintem im Buch im Feszug zu sehen sind, auch heute noch beim Jahrgänger­umzug aktiver Bestandtei­l des Schützenfe­sts sind.

Nicht nur für sie, dürfte das Buch ein amüstanter, interessan­ter und vielleicht auch wehmütiger Rückblick auf Biberachs schönste Jahreszeit sein.

Achim Zepp: Lasst sorgenlos die Kinder spielen – Bilder vom Biberacher Schützenfe­st 1900 bis 1960; 284 Seiten; ISBN 978-3947348-02-2. Das Buch kostet 29,80 Euro und ist bereits bestellbar und im Biberacher Buchhandel erhältlich.

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