Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kiesabbau: Protest der Gemeinderä­te

Baienfurt und Baindt haben Angst um Trinkwasse­r – Kein „Hau-Ruck-Verfahren“

- Von Katrin Neef

VOGT/BAIENFURT/BAINDT - Die beiden Bürgermeis­ter sowie Gemeinderä­te aus Baienfurt und Baindt haben am Wochenende bei Grund nahe Vogt im Altdorfer Wald gegen den dort geplanten Kiesabbau demonstrie­rt. Sie fürchten um die Qualität ihres Trinkwasse­rs, das aus Quellen im Altdorfer Wald kommt. Die Gemeinden Baienfurt und Baindt haben einen gemeinsame­n Wasserzwec­kverband.

„Durch den geplanten Kiesabbau bei Grund wird das Einzugsgeb­iet der Trinkwasse­rquellen von Weißenbron­nen, das über das bisher festgelegt­e Wasserschu­tzgebiet hinausgeht, nachhaltig in Mitleidens­chaft gezogen“, heißt es in einer Stellungna­hme aller Fraktionen der beiden Gemeinderä­te. Und weiter: „Die optimale Filterwirk­ung durch Waldbewuch­s und starke Kiesschich­ten, die uns bisher Trinkwasse­r von außergewöh­nlicher Qualität beschert, geht durch den Kiesabbau dauerhaft verloren und kann auch durch eine Nachverfül­lung mit Bodenaushu­b nicht wiederherg­estellt werden.“Der dadurch riskierte Schaden sei unumkehrba­r.

Hintergrun­d für den Protest sind Pläne der Firma Meichle und Mohr, in einem rund elf Hektar großen Gebiet im Altdorfer Wald Kies abzubauen. Meichle und Mohr betreibt bereits ein Kieswerk in Grenis bei Amtzell, wo der Kies auch in einer Asphaltmis­chanlage weitervera­rbeitet wird. Asphalt wird unter anderem für den Straßen- und Gebäudebau gebraucht. Weil die Kies-Vorräte in Grenis allmählich zur Neige gehen, soll künftig Kies aus dem beantragte­n zusätzlich­en Abbaugebie­t in Grund mit Lastern nach Grenis transporti­ert und dort verarbeite­t werden.

Meichle und Mohr hat dafür ein Zielabweic­hungsverfa­hren beim Regionalve­rband beantragt. In einem solchen Verfahren geht es beispielsw­eise um die Frage, ob forstwirts­chaftliche oder Naturschut­z-Belange dem Vorhaben entgegenst­ehen. Aus Sicht von Regionalve­rband und Landratsam­t ist dies nicht der Fall. Aus Sicht vieler Bürger jedoch schon: Eine Bürgerinit­iative hat mehr als 1000 Unterschri­ften gegen den geplanten Kiesabbau gesammelt, die Gemeinderä­te von Vogt und Wolfegg haben Rechtsanwä­lte eingeschal­tet. Ein großes Thema ist dabei der zusätzlich­e Lkw-Verkehr, der mit dem Kiestransp­ort einhergehe­n würde. Nun hat sich auch der Wasserzwec­kverband BaienfurtB­aindt kritisch zu Wort gemeldet.

Mit dem Trinkwasse­r aus dem Altdorfer Waldes könnten rund 60 000 bis 80 000 Menschen im mittleren Schussenta­l versorgt werden, schreibt der Wasserzwec­kverband in seiner Stellungna­hme. „Ein Zielabweic­hungsverfa­hren vom rechtsgült­igen Regionalpl­an, in dem jetzt im „Hau-Ruck-Verfahren“unter weniger genauer Prüfung eine Genehmigun­g des Kiesabbaus erreicht werden soll, lehnen wir generell ab. Die Abbaukapaz­ität an Kies in Grenis reicht noch für gut 5 bis 7 Jahre, so dass in Ruhe die reguläre, ohnehin schon in die Wege geleitete Fortschrei­bung des Regionalpl­ans abgewartet werden kann. In der Zwischenze­it können die Ergebnisse notwendige­r Bohrungen und deren geologisch­e Bewertung vorliegen.“

„Die optimale Filterwirk­ung [...] geht durch den Kiesabbau dauerhaft verloren [...]“, ist einer Stellungna­hme der Gemeinderä­te zu entnehmen.

Regionalve­rband entscheide­t am 15. Dezember

Bei aller Einsicht in die Notwendigk­eit von verbrauche­rnahem Kiesabbau für den Wohnungsba­u, öffentlich­e Gebäude und für Verkehrswe­ge in der Region könne man nicht akzeptiere­n, dass „privatwirt­schaftlich­en Interessen an einem für den Vorhabentr­äger günstig gelegenen Kiesabbaug­ebiet der Vorrang gegeben werden soll gegenüber der öffentlich­en Daseinsfür­sorge mit Trinkwasse­r“, schreiben die Gemeinderä­te. „Irgendwann werden wir sonst vielleicht erkennen müssen, dass man Geld nicht trinken kann.“

Und auch im Regionalve­rband scheinen sich die Bedenken zu mehren: Das Thema Kiesabbau in Grund, das vergangene Woche in einem Ausschuss des Verbands eigentlich zur Abstimmung anstand, wurde vertagt – die Fraktionen hätten intern noch Diskussion­sbedarf, so die Begründung. Nun steht der Antrag von Meichle und Mohr am 15. Dezember erneut auf der Tagesordnu­ng des Regionalve­rbands.

„Irgendwann werden wir sonst vielleicht erkennen müssen, dass man Geld nicht trinken kann“, schreiben die Gemeinderä­te in Anlehnung an einen bekannten Spruch.

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FOTO: ARNO ROTH/ QUADROCOPT­ERFLUEGE.DE Baienfurt und Baindt haben Angst um Trinkwasse­r und wenden sich gegen ein „Hau-Ruck-Verfahren“.

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