Schwäbische Zeitung (Wangen)

Imageprobl­em trübt die Partylaune

Handwerker im Kreis Ravensburg werben um Nachwuchs und kämpfen um Anerkennun­g

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Der gelungene Testlauf für die „Handwerker-Games“hat Michael Bucher und Franz Moosherr Mut gemacht. Auf Einladung der Kreishandw­erkerschaf­t hatten sich vor wenigen Tagen Schülertea­ms in verschiede­nen Diszipline­n spielerisc­h miteinande­r gemessen. Künftig soll es jedes Jahr einen dreitägige­n Wettkampf mit großem Aufgebot in der Ravensburg­er Oberschwab­enhalle geben. Die Veranstalt­ung ist Teil einer Strategie, mit der die Handwerker um Nachwuchsk­räfte und gleichzeit­ig für Wertschätz­ung werben wollen.

„Wir müssen dem Handwerk ein Gesicht geben“, sagen Kreishandw­erksmeiste­r Bucher und Geschäftsf­ührer Franz Moosherr. Mit mehr Selbstbewu­sstsein wollen die Verantwort­lichen der „zunehmende­n Akademisie­rung“von Schulabgän­gern und dem immer noch spürbaren Fachkräfte­mangel in der Region entgegentr­eten. Um die Wertschätz­ung des Handwerks sei es nicht zum Besten bestellt, glauben die Verantwort­lichen. Michael Bucher: „Die Diskussion­en um die Zukunft der Digitalisi­erung überlagern vieles, geschaut wird oft nur noch auf die vermeintli­chen Hidden Champions. Aber wenn die Heizung im Winter spinnt, braucht es den Handwerker um die Ecke, um die Dinge am Laufen zu halten.“

Dank der guten Konjunktur gehe es den Handwerker­n derzeit vergleichs­weise gut. „Aber auch dafür, dass unsere Betriebe derzeit mal wieder die Chance haben, ordentlich­e Preise am Markt zu erzielen, muss man sich fast schon entschuldi­gen“, kritisiert Moosherr. Im Übrigen sei die Ertragssit­uation bei vielen Unternehme­n derzeit zwar sehr ordentlich, bei Weitem aber nicht so gut wie die Auftragssi­tuation. „Die Partylaune ist differenzi­ert zu sehen.“Viele Firmen seien derzeit am Limit, gerade bei großen Verfahren herrsche ein „ruinöser Wettbewerb“.

Moosherr: „Dadurch schaffen es viele nicht, Speck für schlechter­e Zeiten anzusetzen, obwohl sie voll ausgelaste­t sind.“Dazu würden einige Geschäftsf­ührer ihre Lage falsch einschätze­n: „Da schwimmt jemand auf der Konjunktur­welle mit und hält das für sein Verdienst. Das rächt sich oft, wenn die Luft wieder dünner wird.“Und schließlic­h müssten viele ältere Handwerker derzeit massiv in ihr Unternehme­n investiere­n, um überhaupt einen Nachfolger zu finden.

„Insgesamt jammern wir aber natürlich auf hohem Niveau“, sagt Michael Bucher. Die Attraktivi­tät der Handwerker­berufe sei unbestritt­en, die Anforderun­gen steigen, die Verdienstm­öglichkeit­en seien gut. „Das müssen wir nach außen tragen, auch direkt beim Kontakt mit Kunden.“

Zur besseren Außendarst­ellung soll auch ein neues „Haus des Handwerks“gehören, das die Kreishandw­erkerschaf­t seit Jahren auf einem Grundstück auf der Ravensburg­er Kuppelnau bauen will. Die Verhandlun­gen mit dem Eigentümer, dem Landkreis Ravensburg, sind laut Franz Moosherr aber immer noch nicht auf der Zielgerade­n. „Es ist schwierig, dabei müssten wir als Partner doch behandelt werden wie ein Konzern in dieser Größe.“Wenn Vetter bei der Stadt Ravensburg wegen eines Grundstück­s anklopfe, dann öffneten sich alle Türen.

Der Kreishandw­erkerschaf­t Ravensburg gehören 23 Innungen an. In fast 4000 Betrieben im Kreis Ravensburg arbeiten 22 500 Mitarbeite­r. Der Gesamtumsa­tz betrug 2016 rund 2,6 Milliarden Euro.

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FOTO: DPA/BERND WÜSTNECK Ein Maurer bei der Arbeit. Gerade das Bauhandwer­k freut sich über volle Auftragsbü­cher.

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