Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mogherini warnt vor Illusionen bei Nahost-Friedenspl­an

Kein EU-Mitgliedss­taat will durch eine Verlegung seiner Botschaft nach Jerusalem Öl ins Feuer gießen

- Von Daniela Weingärtne­r und dpa

BRÜSSEL - Eine klare Botschaft Richtung USA hatten die EU-Außenminis­ter bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel: Kein Mitgliedss­taat will durch eine Verlegung seiner Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem weiteres Öl ins Feuer gießen. Ferner halten alle 28 EU-Regierunge­n am Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung fest.

Zwar wurde die demonstrat­ive Einheit durch die Tatsache getrübt, dass Litauen auf eigene Faust den israelisch­en Ministerpr­äsidenten eingeladen hatte. Die meisten EU-Regierunge­n sehen darin eine diplomatis­che Aufwertung, die sie angesichts der israelisch­en Siedlungsp­olitik für unangebrac­ht halten. Eigentlich hatte man Netanjahu deswegen bis auf Weiteres kein Spitzentre­ffen in Brüssel gewähren wollen. Der letzte EUBesuch eines israelisch­en Ministerpr­äsidenten lag 22 Jahre zurück, wie Netanjahu stolz zu seinem Besuch wissen ließ. Der EU-Israel-Assoziatio­nsrat, das wichtigste Gremium für die Zusammenar­beit, tagte zuletzt 2012.

Die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini versuchte am Montag, das Beste aus der unangenehm­en Situation zu machen. Sie stellte kurz nach dem gemeinsame­n Treffen mit Netanjahu fest, dass sich dieser keine Hoffnungen darauf machen sollte, dass die EU-Staaten dem Beispiel der USA folgen und Jerusalem einseitig als Hauptstadt Israels anerkennen. „Von der Seite der EU-Mitgliedst­aaten wird dieser Schritt nicht kommen“, sagte sie. Damit ließ Mogherini klar wissen, was die EU von der Vorstellun­g hält, die Anerkennun­g Jerusalems könne den Friedenspr­ozess sogar fördern, weil sie ein Streitthem­a „vom Tisch nehme“, wie es die US-Botschafte­rin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, formuliert hatte. Der Beginn neuer Friedensve­rhandlunge­n erscheine „in sehr weiter Ferne“, sagte Mogherini. Washington dürfe sich „keine Illusionen“darüber machen, „dass die USInitiati­ve allein erfolgreic­h wäre“.

Zuletzt musste sich Mogherini fragen lassen, wie einig sich die EU in der Nahost-Politik wirklich ist. Mitte vergangene­r Woche blockierte Ungarn eine Erklärung, in der Mogherini im Namen aller 28 EU-Staaten Kritik an den USA wegen der einseitige­n Anerkennun­g Jerusalems üben wollte. Kurz darauf ließ dann auch noch der tschechisc­he Präsident wissen, dass er die US-Entscheidu­ng gar nicht so falsch findet.

Netanjahu: Anschläge verhindert

Netanjahu warnte am Montagmorg­en vor den möglichen Folgen, sollte sich die EU radikal von Israel abwenden. Nur dank israelisch­er Geheimdien­starbeit hätten in Europa viele Anschläge mit zahllosen Toten verhindert werden können, sagte er. Und schließlic­h drohe auch ein neuer Flüchtling­szustrom nach Europa, sollte Israel im Nahen Osten nicht mehr für eine Eindämmung des radikalen Islamismus sorgen.

Einer der wenigen, die Netanjahu am Montag nicht den Gefallen taten, zuzuhören, war Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel. Er hatte seine Reise nach Brüssel wegen einer Erkrankung im familiären Umfeld kurzfristi­g abgesagt.

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FOTO: AFP Schwierige­s Treffen in Brüssel: Benjamin Netanjahu und Federica Mogherini.

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