Mogherini warnt vor Illusionen bei Nahost-Friedensplan
Kein EU-Mitgliedsstaat will durch eine Verlegung seiner Botschaft nach Jerusalem Öl ins Feuer gießen
BRÜSSEL - Eine klare Botschaft Richtung USA hatten die EU-Außenminister bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel: Kein Mitgliedsstaat will durch eine Verlegung seiner Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem weiteres Öl ins Feuer gießen. Ferner halten alle 28 EU-Regierungen am Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung fest.
Zwar wurde die demonstrative Einheit durch die Tatsache getrübt, dass Litauen auf eigene Faust den israelischen Ministerpräsidenten eingeladen hatte. Die meisten EU-Regierungen sehen darin eine diplomatische Aufwertung, die sie angesichts der israelischen Siedlungspolitik für unangebracht halten. Eigentlich hatte man Netanjahu deswegen bis auf Weiteres kein Spitzentreffen in Brüssel gewähren wollen. Der letzte EUBesuch eines israelischen Ministerpräsidenten lag 22 Jahre zurück, wie Netanjahu stolz zu seinem Besuch wissen ließ. Der EU-Israel-Assoziationsrat, das wichtigste Gremium für die Zusammenarbeit, tagte zuletzt 2012.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini versuchte am Montag, das Beste aus der unangenehmen Situation zu machen. Sie stellte kurz nach dem gemeinsamen Treffen mit Netanjahu fest, dass sich dieser keine Hoffnungen darauf machen sollte, dass die EU-Staaten dem Beispiel der USA folgen und Jerusalem einseitig als Hauptstadt Israels anerkennen. „Von der Seite der EU-Mitgliedstaaten wird dieser Schritt nicht kommen“, sagte sie. Damit ließ Mogherini klar wissen, was die EU von der Vorstellung hält, die Anerkennung Jerusalems könne den Friedensprozess sogar fördern, weil sie ein Streitthema „vom Tisch nehme“, wie es die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, formuliert hatte. Der Beginn neuer Friedensverhandlungen erscheine „in sehr weiter Ferne“, sagte Mogherini. Washington dürfe sich „keine Illusionen“darüber machen, „dass die USInitiative allein erfolgreich wäre“.
Zuletzt musste sich Mogherini fragen lassen, wie einig sich die EU in der Nahost-Politik wirklich ist. Mitte vergangener Woche blockierte Ungarn eine Erklärung, in der Mogherini im Namen aller 28 EU-Staaten Kritik an den USA wegen der einseitigen Anerkennung Jerusalems üben wollte. Kurz darauf ließ dann auch noch der tschechische Präsident wissen, dass er die US-Entscheidung gar nicht so falsch findet.
Netanjahu: Anschläge verhindert
Netanjahu warnte am Montagmorgen vor den möglichen Folgen, sollte sich die EU radikal von Israel abwenden. Nur dank israelischer Geheimdienstarbeit hätten in Europa viele Anschläge mit zahllosen Toten verhindert werden können, sagte er. Und schließlich drohe auch ein neuer Flüchtlingszustrom nach Europa, sollte Israel im Nahen Osten nicht mehr für eine Eindämmung des radikalen Islamismus sorgen.
Einer der wenigen, die Netanjahu am Montag nicht den Gefallen taten, zuzuhören, war Bundesaußenminister Sigmar Gabriel. Er hatte seine Reise nach Brüssel wegen einer Erkrankung im familiären Umfeld kurzfristig abgesagt.