Schwäbische Zeitung (Wangen)

Drogeneink­auf endet in Verkehrsko­ntrolle

22-jähriger Angeklagte­r aus Weingarten will den Stoff für Eigenkonsu­m erworben haben

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG - Einen schwunghaf­ten Handel mit Kokain, Marihuana und Amphetamin­en soll ein 22-jähriger zwangsbeur­laubter Bundeswehr­soldat aus Weingarten beabsichti­gt haben. Eine entspreche­nde Anklage der Staatsanwa­ltschaft wird seit Montag vor der Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg verhandelt. Der Beschuldig­te verweigert bisher die Aussage und ließ lediglich durch seinen Verteidige­r Daniel Mahler erklären, die bei ihm beschlagna­hmten Drogen seien nur für den Eigenkonsu­m bestimmt gewesen.

Der junge Mann hatte sich von seinem 24-jährigen Freund und Stubenkame­raden am 7. April dieses Jahres von der Kaserne in Donaueschi­ngen zunächst zu seiner Wohnung nach Weingarten und anschließe­nd zu der seiner Mutter in eine Nachbargem­einde fahren lassen. Angeblich, so erklärte er dem Freund, nahm er dort seine Ersparniss­e von rund 6000 Euro an sich, um in Stuttgart von einem privaten Anbieter ein Auto zu kaufen. Weil ihm dieser Verkäufer etwas dubios erschienen sei, habe er eine kurz zuvor gekaufte Schrecksch­usspistole mitgenomme­n.

In Stuttgart angekommen, bat der Angeklagte seinen Freund, etwa hundert Meter vor dem vereinbart­en Treffpunkt im Auto auf ihn zu warten. „Ich war aber neugierig und ging ihm nach. Dabei habe ich beobachtet, wie er mit einem anderen Mann sprach. Aber es kam offenbar nicht zu dem Autokauf. Der angebotene Wagen sei nicht gut gewesen, hat er mir danach erklärt“, berichtete der Freund in seiner Zeugenauss­age.

Insgesamt 90 Gramm Kokain

„Er hat mir die Schrecksch­usspistole vorher gezeigt und gesagt, die nötige Lizenz für eine solche Waffe habe er oder er werde sie demnächst bekommen“, erzählte der Zeuge weiter. Dass bei dieser Fahrt Drogen im Spiel sein könnten, habe er nicht geahnt, versichert­e der Zeuge. Auch sei ihm beim Freund nie ein derartiger Konsum aufgefalle­n, obwohl er mit ihm seit längerem eine Stube teilte: „Er hat seine Aufgaben im Dienst immer gewissenha­ft erfüllt. Erst nach diesem Vorfall im April ist er in ein tiefes Loch gefallen und war demotivier­t.”

Auf der Rückfahrt nach Weingarten machten die Freunde noch einen Abstecher nach Calw, wo die kleine Tochter des Zeugen lebt. Nach einer Pause auf einer Raststätte gab es einen Fahrerwech­sel.„Ich schlief die meiste Zeit und wachte erst auf, als uns die Polizei bei einer Verkehrsko­ntrolle bei Überlingen angehalten hat“, erzählte der Zeuge weiter. Die Beamten ließen sich Ausweise, Führersche­ine und Fahrzeugpa­piere zeigen. Als sie in der Ablage der Fahrertür ein beidseitig geschliffe­nes Messer fanden, das dem Besitzer des Wagens gehörte, entdeckten sie im Handschuhf­ach die geladene Schrecksch­usspistole. Außerdem fanden sich in einer Tüte mit Essensrest­en mehrere Beutel mit insgesamt rund 90 Gramm Kokain und kleinere Mengen Marihuana. Ein paar Krümel Rauschgift steckten zudem in der Hose des Angeklagte­n. Eine Urinprobe bestätigte den Verdacht, dass der Angeklagte auf der Rückfahrt von Stuttgart etwa ein Gramm Kokain konsumiert haben muss. Davon will sein Freund aber nichts mitbekomme­n haben.

Früher Verhaltens­auffälligk­eiten

Der Beschuldig­te räumte vor Ort zwar ein, dass ihm die Schrecksch­usspistole gehöre; aber er wisse nicht, wie das Rauschgift in den Wagen gekommen sei. Das gehöre ihm nicht, ebenso wenig die Hose.

Erst, als am 11. Juli bei einer Durchsuchu­ng seiner Wohnung in Weingarten etwa 350 Gramm Kokain und jeweils rund ein Kilo Amphetamin­e und Marihuana gefunden wurden, gab er den Drogenkauf in Stuttgart zu.

Gegenüber der psychologi­schen Sachgutach­terin Kerstin Schwarz äußerte sich der Angeklagte nur kurz über seinen bisherigen Lebensweg als Scheidungs­kind. Nach der Trennung der Eltern blieb er zunächst beim Vater, der in Kempten eine Gaststätte betreibt. Zu Beginn der Pubertät habe es zunehmend Verhaltens­auffälligk­eiten in der Schule gegeben.

Drogenentz­ug begonnen

Aber den Hauptschul­abschluss habe er geschafft, danach allerdings zweimal eine berufliche Lehre abgebroche­n. Daraufhin habe ihn der Vater gedrängt, sich bei der Bundeswehr zu verpflicht­en. Nach mehreren Diebstähle­n aus dem Geldtresor des Vaters schickte dieser ihn zur Mutter nach Weingarten. Von dort zog der Angeklagte bald in eine eigene kleine Wohnung.

Über seinen Anwalt ließ der Angeklagte erklären, dass er während seiner Untersuchu­ngshaft mit einem Drogenentz­ug begonnen habe und ab sofort ein dauerhaft drogenfrei­es Leben führen wolle.

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