Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rasende Motorräder von hinten blitzen

Sonthofen kauft ein Messgerät, das bei Tempoverst­ößen das Kennzeiche­n am Heck fotografie­rt

- Von Ulrich Weigel

SONTHOFEN/OBERALLGÄU - Lauter Motorrad-Lärm geht so manchem auf den Keks: Anwohner an Straßen ebenso wie Oberallgäu­er Kreispolit­ikern. Letztere billigten jetzt im Kreisaussc­huss, der Stadt Sonthofen 59 400 Euro Zuschuss für den Kauf einer speziellen Messanlage zu geben. Das sind 80 Prozent der Kosten. Mit der Anlage kann die städtische Verkehrsüb­erwachung Motorräder auch von hinten blitzen. Was ganz praktisch ist, denn nur da haben Motorräder überhaupt ein Kennzeiche­n.

Nicht allein Oberallgäu­ern geht der Lärm rücksichts­loser Motorradfa­hrer auf die Nerven, sondern auch vielen Tirolern. Deshalb überlegen der Landkreis und das Außerfern längst gemeinsam mit der Polizei, wie man des Lärms besser Herr wird. Man wolle die Rowdy-Fahrer mit Motorräder­n einigermaß­en in den Griff bekommen, formuliert es Landrat Anton Klotz.

„Ganze Horden“

Er zeichnete im Kreisaussc­huss ein Bild von „ganzen Horden“, die sich mit ihren Maschinen am Fuß beliebter Strecken sammeln. Zu diesen Rennstreck­en zählen demnach die Oberallgäu­er Passstraße­n, aber auch Strecken etwa nach Missen, Oberstaufe­n, Buchenberg und von Kranzegg Richtung Wertach. Klotz: „Wir stellen fest, dass immer mehr Rennen gefahren werden.“

„Die Beschwerde­n nahmen im Jahr 2017 enorm zu“, sagt Manfred Berktold, Chef des Sachgebiet­s Verkehrswe­sen im Landratsam­t. Warum die Stadt Sonthofen nun den satten Zuschuss für die Messanlage bekommt? Sie kontrollie­rt ohnehin schon lange Tempoverst­öße in zahlreiche­n Oberallgäu­er Orten. Weil sie nun das für den Landkreis wichtige Motorrad-Thema mitbeacker­t, spare man sich selbst Personal dafür, erklärt Berktold. Die Kreisstadt dürfe für die Abwicklung der Kontrollen und das Verschicke­n der Bescheide die Einnahmen behalten.

Den Kreisräten ist freilich klar, dass die Tempomessa­nlage nicht alle Probleme lösen kann. Nicht helfen wird sie beispielsw­eise, wenn bei den vom Landrat beschriebe­nen Horden-Treffen einer vorausfähr­t und schaut, ob es Kontrollen gibt – ehe der Rest mit viel Gas nachfolgt.

Weiter berichtete Alfons Zeller (CSU), dass vielfach der Auspuff und nicht das Tempo über den Lärm eines Motorrads entscheide. Ein Punkt, bei dem also nicht eine Radaranlag­e hilft, sondern Polizeikon­trollen mit Lärmmessun­gen. Die Anregung von Jörg Hilbert (SPD), die Probleme in Oberjoch durch zeitweise Streckensp­errungen in den Griff zu bekommen, hält der Landrat für nicht machbar. Zustimmung fand der Gedanke von Fischens Bürgermeis­ter Edgar Rölz (CSU), dass wohl der größte Erfolg über einen deutlich verschärft­en Bußgeldkat­alog zu erzielen wäre: In der Schweiz seien Verstöße so teuer, dass dort alle „brav wie Lämmer“fahren.

Dass die neuen Tempokontr­ollen manchen Raser ausbremsen, hofft zum Beispiel Jürgen Keller, lärmgeplag­ter Bürger aus Oberstaufe­n. Er denkt allerdings, dass dauerhaft aufgestell­te Anzeigetaf­eln, die Raser nur auf ihr Tempo hinweisen, letztlich mehr bringen, weil man so auch an die Vernunft appelliere­n könne.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU Normale Blitzgerät­e fotografie­ren Raser frontal. Dadurch „entkommen“die meisten Motorradfa­hrer, weil ihre Maschinen vorne kein Kennzeiche­n haben. Die Stadt Sonthofen schafft deshalb ein Tempo-Kontrollge­rät an, das die Zweiräder von hinten blitzt und...

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