Abwärtstrend bei Bäckern gestoppt
Im Landkreis werden weniger Betriebe geschlossen – Franz-Josef Wandinger bleibt Obermeister
LEUTKIRCH/RAVENSBURG (sin) Wie geht’s den Bäckereien im Landkreis Ravensburg? Welche Chancen und Risiken bestehen für die Branche? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Franz Moosherr, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. „Die Situation hat sich stabilisiert“, erklärt er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Den Betrieben im Landkreis gehe es ordentlich.
Ähnlich schätzt auch Franz-Josef Wandinger aus Leutkirch die Lage ein. Vor einigen Monaten ist er zum dritten Mal zum Obermeister der Bäcker-Innung Ravensburg gewählt worden. Die reihenweise Schließung von Betrieben habe sich in den vergangenen Jahren „verlangsamt“. Zudem freut sich Wandinger darüber, dass bei den Kunden eine „Rückbesinnung“zu erkennen sei. Handwerklich hergestellte Qualitätsprodukte würden in der Bevölkerung wieder mehr geschätzt.
Die Gründe für die zahlreichen Betriebsaufgaben im Bäcker-Handwerk führen die Experten vor allem auf einen verschäften Wettbewerb zurück. Zunehmend bieten etwa Discounter billigere Produkte an – hergestellt von der Backwarenindustrie. „Deshalb gehen die Betriebe, die selber backen, zurück“, meint Wandinger. Allein beim Blick auf die Personalkosten entstehe im Vergleich zur Backindustrie ein Ungleichgewicht. Der Anteil an Maschinen sei dort deutlich höher. Und für die werden keine Ausgaben wie etwa Lohnnebenkosten fällig, kritisiert Wandinger.
Erfreulich ist hingegen, dass – wie Moosherr erklärt – der „Negativtrend“bei den Handwerksbetrieben mittlerweile gestoppt werden konnte. „Wir sind in Nischen gestoßen“, nennt Wandinger einen der Gründe dafür. Er meint damit, dass zunehmend „Spezialsachen“über die Ladentheken wandern. Etwa Brote, die zu hundert Prozent aus Dinkelmehl gebacken sind oder belegte Riesenbrezeln. „Die Branche wäre schlecht beraten, sich dem Preiskampf zu stellen. Es gilt vielmehr, die Stärken herauszustellen“, betont Moosherr.
Ein weiterer Grund für den leichten Aufwärtstrend: „Es ist den Betrieben gelungen, auf das veränderte Essverhalten zu reagieren“, meint der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Konkret auf den „Außer-HausVerzehr“. Deshalb gebe es zunehmend Unternehmen, die auf eine Café-Konzeption setzen und Frühstücksbuffets anbieten. Besonders für kleinere Handwerksbetriebe ist es allerdings schwer, sich am Markt zu behaupten. „Es sind viele Konzentrationsprozesse zu beobachten“, schildert Moosherr. Die Folge: Es gebe weniger Unternehmen, aber in der Gesamtbetrachtung nicht weniger Umsatz. Als größte Herausforderung der Handwerksbetriebe in der BäckerBranche nennen Moosherr und Wandinger die Aufgabe, qualifiziertes Fachpersonal zu finden. „Wir kämpfen seit Jahren“, stellen die beiden klar. Zum Beispiel müsse die duale Ausbildung im Bäckerhandwerk in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit attraktiver werden.
Schwierigkeiten bereite an vielen Stellen die Suche nach einem BetriebsNachfolger. Interessenten lege auch der Gesetzgeber Steine in den Weg. „Es gibt Dokumentationspflichten ohne Ende“, kritisiert Moosherr. Zur „übertriebenen Bürokratie“zählten eine Deklarationspflicht von Allergenen, Hygieneverordnungen oder „Papierkram“für die Berufsgenossenschaft. Dadurch werde vielen die Lust genommen, einem Handwerksberuf nachzugehen. Darin sind sich Moosherr und Wandinger einig. Kritik gibt’s auch an der EEG-Umlage, die „eindeutig wettbewerbsverzerrend“sei. Der Grund: Betriebe der Backindustrie würden als energieintensive Unternehmen davon nahezu befreit. „Wir bekommen von allen Seiten Recht, aber niemand unternimmt etwas dagegen“, schildert Moosherr die Situation.
Für die Zukunft sehen die Experten die Bäcker-Branche gut aufgestellt. „Das Handwerk ist nicht altbacken oder verstaubt, sondern modern und zukunftsfähig“, ist sich Moosherr sicher. Es gelte, in der Bevölkerung das Bewusstsein für handwerkliche Qualitätsprodukte weiter zu schärfen. „Die Leute sollten sich selber mehr wert sein und auf gute Qualität setzen“.