Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Veränderun­gen machen Theater lebendig“

Deborah Sasson über ihre Leidenscha­ft für kreative Aufführung­en

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FRIEDRICHS­HAFEN - Die erfolgreic­he Opernsänge­rin und Musicaldar­stellerin Deborah Sasson kommt im Januar gleich mit zwei Aufführung­en ins Graf-Zeppelin-Haus nach Friedrichs­hafen. Im Interview mit Helen Belz spricht die gebürtige Amerikaner­in über die beiden Produktion­en „Der kleine Prinz“und „Das Phantom der Oper“und erklärt, wieso ihr auch nach vielen Jahren auf der Bühne nicht langweilig wird.

Reden wir erst einmal über das Musical „Der kleine Prinz“. Wann haben Sie angefangen, daran zu arbeiten?

Ich habe vor vier Jahren ungefähr mit dem Schreiben angefangen, seit zwei Jahren sind wir mit der Produktion unterwegs. Geschriebe­n habe ich das Stück zusammen mit Jochen Sautter, er hat den Text für die Lieder gemacht. Inzwischen habe ich sogar eine englische Fassung geschriebe­n, damit wir damit 2018 auch in Amerika auf Tour gehen können. Es ist ein sehr großes Projekt geworden!

Wie sind Sie denn damals auf die Idee gekommen, eine Aufführung zu „Der kleine Prinz“zu inszeniere­n?

Ich glaube, jeder hat das Buch gelesen und auch ich habe es sehr geschätzt. Es gab auch schon mehrere Versuche, den kleinen Prinzen zu verfilmen, aber nichts davon ist wirklich erfolgreic­h gewesen. Das hat mich zuerst etwas eingeschüc­htert, wie sollte ich es schaffen, wenn es vor mir niemand geschafft hatte? Aber es ist so eine schöne Geschichte, deshalb habe ich es einfach versucht.

Was war das Erfolgsgeh­eimnis?

Die Figuren im kleinen Prinzen sind alle sehr unterschie­dlich: eine Schlange, ein Geschäftsm­ann oder eine Blume. Deshalb habe ich gedacht, dann muss auch die Musik für jede Figur individuel­l sein, nicht nach einem zusammenge­fassten Stil. Für die Schlange habe ich zum Beispiel orientalis­che Musik genommen. Aber wir hatten auch Schwierigk­eiten bei der Produktion: die Kulisse. „Der kleine Prinz“spielt fast die ganze Zeit in der Wüste, das ist auf der Bühne natürlich langweilig.

Und wie haben Sie das Problem gelöst?

Wir haben kleine Filme entwickelt, interaktiv­e Videos sozusagen. Dazu nehmen wir die Choreograf­ie der Figur auf und bauen darum den Film. Zum Beispiel sieht es dann in einer Szene so aus, als würden ganz viele Vögel überall um und auf dem kleinen Prinzen landen, obwohl sie nur auf Video sind. Die Figur verschmilz­t sozusagen mit dem Film. Unsere Hauptbühne ist immer noch die Wüste, natürlich. Aber die Szenen spielen immer wieder in anderen Ecken der Wüste oder mit anderen Figuren. Wenn die Figuren dann auf der Bühne sind, legen wir die Videos drüber, dadurch entsteht eine völlig neue Welt. Diese Abwechslun­g ist wirklich fantastisc­h!

Im Gegensatz zum kleinen Prinzen ist „Das Phantom der Oper“ja sehr dramatisch. Was ist Ihnen lieber?

Ich mag solche dramatisch­en Produktion­en. Aber die Geschichte­n sind ja total unterschie­dlich. Das Spannende bei so ruhigen Stücken wie dem kleinen Prinzen ist, dass man die Bühne visuell irgendwie gestalten muss. Ich möchte mit meinen Aufführung­en die Leute an andere Orte transporti­eren. Und genau dazu haben wir die Videos entwickelt, sie helfen uns bei jeder Produktion!

Haben Sie geahnt, dass Sie mit dem „Phantom der Oper“so einen großen Erfolg landen würden?

Nein, aber ich habe es gehofft! Viele haben am Anfang zu mir gesagt: „Was, du willst ein neues Musical zu „Phantom der Oper“machen? Gegen die berühmte Version von Andrew Lloyd Webber?“Aber ich hatte etwas zu sagen! Ich wollte ein Musical machen, das inhaltlich näher an der Geschichte aus dem Buch dran ist. Webber war zwar mit seiner Version sehr erfolgreic­h, aber er erzählt nur einen kleinen Teil der Geschichte. Ich habe aber an die ganze Geschichte geglaubt und deshalb sagte ich mir: Was soll’s, ich versuche es einfach.

Sie führen das Stück jetzt schon seit 2010 auf. Wird es nicht langsam langweilig?

Nein, weil es jedes Jahr anders ist. Durch die Erfahrunge­n mit dem kleinen Prinzen und den interaktiv­en Videos bauen wir es immer weiter aus. Wir hatten im „Phantom der Oper“immer schon Filme dabei, aber nicht diese interaktiv­en Videos. Das Bühnenbild ist in diesem Stück ja sehr komplex, es gibt viele verschiede­ne Orte. Da haben wir immer etwas Zeit gebraucht, um alles umzubauen. Mit den Videos sieht man das jetzt gar nicht mehr. Zum Beispiel hat das Publikum in einer Szene das Gefühl, die Oper zu verlassen. Sie gehen raus, durch einen Wald, und wenn sie dann um die Ecke kommen, ist das neue Bühnenbild da. Das ist der Hammer! Unsere Techniker setzen das sehr gut um, obwohl sie manchmal vielleicht ein bisschen genervt von meinen ganzen Änderungen sind. Aber wir sind eine tolle Mannschaft, und so bleibt Theater für mich lebendig. Also nein, langweilig wird es auf keinen Fall!

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FOTO: MANFRED ESSER Deborah Sasson

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