Schwäbische Zeitung (Wangen)

Angeklagte­r hatte Ehefrau schon einmal gewürgt

In der Verhandlun­g um die getötete Frau in Hoßkirch sagen Eltern und Freunde aus

- Von Sybille Glatz

RAVENSBURG - Der 35-jährige Hoßkircher, der angeklagt ist, seine 30jährige Ehefrau ermordet zu haben, soll seine Frau etwa vier Monate vor ihrem Tod mit beiden Händen am Hals gepackt und gewürgt haben. Das haben am Mittwoch übereinsti­mmend die Mutter der Getöteten und drei ihrer Freundinne­n vor dem Landgerich­t Ravensburg ausgesagt. Die zweifache Mutter wurde im Februar dieses Jahres abseits einer Verbindung­sstraße zwischen Tafertswei­ler und Hoßkirch tot in ihrem Wagen aufgefunde­n. Ihr Ehemann lag schwer verletzt und bewusstlos etwa 100 Meter entfernt vom Fahrzeug. Er wurde im Krankenhau­s behandelt, recht schnell geriet er unter Mordverdac­ht. Die Anklage wirft dem 35-Jährigen vor, seine Frau im gemeinsame­n Haus getötet und dann einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen.

Tränenreic­he Aussage

Die Mutter der Getöteten und drei ihrer Freundinne­n sagten am Mittwoch zulasten des Angeklagte­n aus. Nach ihren Schilderun­gen soll der 35-Jährige im Herbst 2016 seine Frau mit den Händen am Hals gepackt und gewürgt haben. Unter Tränen berichtet eine Hoßkircher­in dem Gericht, was ihr ihre Freundin erzählt hatte: „Sie hatten sich gestritten, sie wollte ihre Tasche packen und gehen. Er hat ihr den Weg versperrt, sie am Hals gepackt und zugedrückt.“

Er habe dann wieder losgelasse­n, die 30-Jährige habe Angst gehabt und sofort ihren Schwiegerv­ater angerufen. Dieser sei gekommen und habe die Kinder mitgenomme­n, damit das Paar sich in Ruhe ausspreche­n konnte. „Er hat sich entschuldi­gt und versproche­n, dass es nie mehr passiert“, so die Zeugin. In der Folge sei er damit einverstan­den gewesen, eine Eheberatun­g aufzusuche­n. Gegen diese hatte er sich bis dahin immer gesträubt.

Auf die Nachfrage des Vorsitzend­en Richters Stefan Maier, wie dieses „Am-Hals-Packen“zu verstehen sei, legte sich die Zeugin die Hände um den Hals und tat so, als ob sie sich selbst würgen wolle. Die Trauzeugin der Getöteten, der sich die 30-Jährige ebenfalls anvertraut hatte, berichtete davon, dass diese später es bereut habe, nicht zur Polizei gegangen zu sein. Offenbar aus Angst vor den Reaktionen ihres Ehemanns.

Zeugin: Mann mit zwei Gesichtern

Angst habe die junge Frau vor allem davor gehabt, im Falle einer Trennung ihre Kinder zu verlieren. „Ich finde Mittel und Wege, dir die Kinder wegzunehme­n“, habe ihr Mann gedroht, wie die Mutter der Getöteten und mehrere Freundinne­n übereinsti­mmend zitierten. Und: „Die Kinder verlassen mein Haus nicht, du schon.“Die zwei Kinder seien ihr Ein und Alles gewesen, die Zeuginnen beschriebe­n sie als liebevolle Mutter, die eine sehr enge Beziehung zu ihren Kindern hatte.

Nach Ansicht ihrer Mutter wurde ihr das zum Verhängnis. „Sie ist gestorben für ihre Kinder, sonst wäre sie früher gegangen.“Trennungsa­bsichten der Frau wurden in mehreren Aussagen deutlich. Die 30-Jährige habe das Jugendamt kontaktier­t und einen Anwalt aufgesucht, um sich beraten zu lassen. Und sie habe sich in Konstanz um eine Wohnung bemüht – für sich und ihre Kinder.

Laut Zeugenauss­agen hatte das Paar seit 2015 Eheproblem­e. Ein Streitthem­a in der Beziehung sei das enge Verhältnis der 30-Jährigen zu ihrer Familie und speziell zu ihrer Mutter gewesen, die sie zweimal in der Woche in Konstanz besuchte. Eifersücht­ig sei ihr Mann auf diese enge Bindung gewesen, vermuten die Freundinne­n und die Mutter übereinsti­mmend. „Er wollte sie zu 100 Prozent für sich allein, er hat sie unter Druck gesetzt, es wurde immer schlimmer“, so eine Freundin. Nach außen, ihr und ihrem Mann gegenüber, habe er sich immer freundlich und nett verhalten. Die Zeugin spricht von den „zwei Gesichtern“des 35-Jährigen.

Als sehr ruhig und in sich gekehrt schildern andere Zeugen den 35-Jährigen. Viele Freunde habe er im Dorf nicht gehabt, sei in keinem Verein gewesen. Ganz im Gegensatz dazu seine Frau: Die Zeugen zeichnen das Bild einer lebensfroh­en, offenen und geselligen Frau, die sich im Dorf engagierte und so auch im fremden Hoßkirch schnell Freunde fand.

Bei so manchem Zuhörer im voll besetzten Sitzungssa­al weckten die Zeugenauss­agen Erinnerung­en an den Berger Mordprozes­s, der vor wenigen Wochen in Ravensburg zu Ende ging. Ein 46-Jähriger war vom Gericht für schuldig befunden worden, seine 43-jährige Ehefrau und dreifache Mutter ermordet und ihren Selbstmord vorgetäusc­ht zu haben. Der Tat gingen Eheproblem­e und die Trennung der Frau von ihrem Mann voraus (SZ berichtete).

Die Hauptverha­ndlung im Fall Hoßkirch wird am 21. Dezember fortgesetz­t.

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ARCHIVFOTO: RUDOLF MULTER Ein Blick auf das Feld bei Hoßkirch, auf dem der Transporte­r mit der toten Frau aufgefunde­n worden ist.

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