Schwäbische Zeitung (Wangen)

So zart, so sanft – ein Kuss aus Sauerrahm

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Im Leben eines Restaurant­testers geht es manchmal zu wie beim Wetter: Stellenwei­se hagelt es schlechtes Essen, dann kommt eine wechselhaf­te Phase, die weder Fleisch ist noch Fisch. Und gelegentli­ch gerät man sozusagen in ein kulinarisc­hes Azorenhoch, mit dem über einen längeren Zeitraum hinweg stabile und solide Genussmome­nte ins Haus stehen. Letzteres ist im Augenblick zu vermelden Die Großwetter­lage im Restaurant Meier in Fischbach ist jedenfalls sonnig, durchsetzt höchstens von Schäfchenw­olken.

Die traditions­reichen Gaststuben tragen schwer am honigfarbe­nen Holz, das hier alles dominiert. Umso schöner der Akzent einer leichteren, von allzu mächtiger Opulenz befreiten Küche. Dafür sprechen auch die Pralinen von der Weidegans, wobei es sich immer spektakulä­rer anhört, als es dann schließlic­h ist, wenn ein Koch einen panierten Happen mit Füllung auftragen lässt. Die neckischen Würfel erfreuen sich tatsächlic­h des typischen Gänsegesch­macks. Ein bisschen säuerlich angemachte­r Feldsalat gibt die perfekte Begleitung, ebenso das fruchtige Chutney. Eine ganz eigene Duftigkeit mit Noten von Lebkuchen setzen die hauchfeine­n Scheiben der schwarzen Nüsse frei. Das sind übrigens unreife, grüne Walnüsse, die in einen aromatisch­en Sud eingelegt werden, wo sie ausgiebig Geschmack entwickeln dürfen. Während es auf dem Teller also durchaus modern zugeht, ist der Service in klassische­m Schwarz-Weiß gekleidet und hält sich auch sonst an die Regeln tadelloser Von Erich Nyffenegge­r Gastfreund­lichkeit. Und daher dauert es auch gar nicht lange, bis mit einer Mehlsuppe der zweite Gang aus dem Teller dampft. Eigentlich ein Armeleutee­ssen von früher, lebt die angedickte Suppe bei Maier von leichten Röstnoten, die beim Herstellen einer Einbrenne entstehen. Den geschmackl­ichen Rest erledigt eine ordentlich­e Brühe, während Croutons gar herzhaft knuspern.

Doch dieser sympathisc­he Ausflug in die kulinarisc­hen Zeiten unserer bäuerliche­n Vorväter verblasst in Anbetracht des wuchtigen Duftes, der dem Kellner mit seinem ausgezeich­neten Teller vorauseilt: ein Lammragout aus regionaler Herkunft, rostbraun in seiner Farbe, herb-aromatisch in seiner ganzen geschmackl­ichen Fülle, die Anklänge von Wacholder – vielleicht sogar etwas Zimt? – mit sich führt. Das Fleisch hat lange geschmort und daher schön mürbe. Die typischen Noten des Lamms sind wunderbar herausgear­beitet, ohne auch nur eine Spur von Penetranz. Gut passen dazu die Schupfnude­ln. Die Gemüsewürf­el vom Wurzelwerk sind aber zu weich und darüber hinaus zu zurückhalt­end, um nicht zu sagen langweilig, abgeschmec­kt, was den Gesamteind­ruck aber nur minimal trüben kann. Vor allem weil der Abschluss des Menüs die Kugel eines nur mäßig süßen Sauerrahme­ises ist. So zart, so sanft, so erfrischen­d wie der erste Tau auf dem Gras einer frühlingsh­aften Wiese. Hotel Restaurant Maier Poststraße 1-3

88048 Friedrichs­hafen-Fischbach Telefon 07541-4040 www.hotel-maier.de Geöffnet täglich von 11.30 Uhr bis 14.30 Uhr und ab 17.30 Uhr. Hauptgeric­hte 9,80-34 Euro, Menü ab 24 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Rostbraun und herb-aromatisch: Lammragout regionaler Herkunft, in Begleitung von ebensolche­n Schupfnude­ln.
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