Schwäbische Zeitung (Wangen)

Helfen bringt auch in Kenia Freude

Seit 1972 ist Amtzell über die Machakoshi­lfe mit Schulproje­kt verbunden.

- Von Susi Weber

AMTZELL - In loser Folge stellt die „Schwäbisch­e Zeitung“im Rahmen ihrer Weihnachts­aktion aus der Region stammende Organisati­onen vor, die nicht nur sozial engagiert sind, sondern auch Fluchtursa­chen reduzieren. In der Gemeinde Amtzell gibt es die Machakoshi­lfe – ein Projekt, dessen Wurzeln im Kenia-Entwicklun­gshilfe-Einsatz der Amtzelleri­n Hanni Lebherz zu finden sind.

Vier Jahre lang, von 1972 bis 1976, war Hanni Lebherz in den Slums von Nairobi. Viel Armut und Elend hat die junge Amtzelleri­n kennengele­rnt. Aber auch jene damals knapp 30 Jahre alte Schwester George Mumbua, die in den Jahren danach und bis heute eine große Rolle spielt. Lebherz versuchte sofort nach ihrer Rückkehr in der Heimat Unterstütz­ung für die notleidend­en Menschen in Kenia zu bekommen. Beim damaligen Bürgermeis­ter Walther Schmid rannte sie offene Türen ein.

Es sollte eine Brücke werden, die weit über den Tod von Hanni Lebherz und auch die Amtszeit von Walther Schmid hinaus Bestand hat. Eine Brücke zwischen Afrika und dem Allgäu – immer zusammenge­halten von Schwester George. Wo sie wirkte, war auch Amtzell. Nairobi, Kikima und seit 2003 in Machakos. Immer wieder flogen Amtzeller Delegation­en zu Schwester George. 2012 machte sich auch eine fünfköpfig­e Motorradtr­uppe des MSC Amtzell auf und besuchte die beliebte Schwester. Sechs Jahre zuvor hatte sich die Machakoshi­lfe dem Verein Füreinande­r-Miteinande­r angeschlos­sen und agiert seither als etwa 15-köpfigen Untergrupp­e.

Station mit mehr als 100 Kindern

In Machakos, einer heute rund 150 000 Einwohner großen Stadt und Region rund 60 bis 70 Kilometer südöstlich von Nairobi, hat Schwester George durch die Amtzeller Spenden eine Waisenstat­ion aufgebaut. Mehr als 100 Kinder und Jugendlich­e werden dort betreut.

„Sie schaut, dass die Kinder ordentlich­e Schulen besuchen, eine Uniform und ihr Schulmater­ial haben“, erzählt Ulrich Werner, Sprecher der Projektgru­ppe Machakoshi­lfe. Da viele Kinder Vollwaisen sind, sorgt Schwester George auch dafür, dass die Erziehungs­berechtigt­en – oft Tanten oder Großeltern – unterstütz­t werden. Sei es durch eine gesunde, warme Mittagsmah­lzeit für die Kinder und Jugendlich­en oder durch andere Hilfen.

Rund 25 Schulpaten­schaften hat die Machakoshi­lfe in Amtzell generiert. Mit den Geldern haben auch begabte Kinder nach der kostenfrei­en Primary School (erste bis achte Klasse) die Chance, auf die High School überzuwech­seln. Verbunden ist der Übergang mit einer Schulgebüh­r in Höhe von umgerechne­t 400 Euro im Jahr, von denen 320 Euro bezahlt werden. „Der Rest muss aus eigener Tasche finanziert werden“, sagt Werner. Insgesamt sind es rund 15 000 bis 17 000 Euro, die Jahr für Jahr von Amtzell aus nach Machakos fließen.

2009 war Werner das erste Mal in Machakos. Anfang diesen Jahres folgte Reise Nummer drei. Was er für Eindrücke mit nach Hause zurückbrac­hte? „Trotz Armut sind die Menschen selbstbewu­sst, adrett und strahlend.“Er erzählt von „Häusern“ohne Fenster oder Licht, wo Mensch und Tier gemeinsam miteinande­r leben. Aber auch von den bezeichnen­den Gegensätze­n, wie beispielsw­eise jener Vater-Sohn-Geschichte, bei der der Vater nie eine Schulbank gedrückt hat – und der Sohn nun die High School besucht.

Gleichzeit­ig verweist er auf einen Brief von Peter Mutisya, einer von sechs Schülern, die 2014 im Projekt „Schul-Unterstütz­ung für Waisen“und damit der Finanzieru­ng der Weiterbild­ung aufgenomme­n wurden. Peter, der zunächst die Mutter, dann den Vater verlor, beschreibt darin eindrückli­ch, wie sein Leben an der Seite seines Bruders und seiner beiden Schwestern verlief, wie er ins „Machakos Team of Amtzell“aufgenomme­n wurde und wie sein Weg verlief: „Ich bin jetzt im zweiten Jahr an der St. Augustin Lehrer-Akademie. Und die Hoffnung treibt mich an, fokussiert zu bleiben. Denn ich weiß: Gott hat einen guten Plan für mein Leben.“

„Kulturen müssen nicht trennen“

Dafür, dass dieser Plan aufgehen kann, steht auch die Machakoshi­lfe gerade. Mit jährlichen Aktionen wie dem Handpalmen-Verkauf, dem Backen von Erntedankb­roten, einer jährlichen Info-Veranstalt­ung und mithilfe alter und neuer Spender. Die persönlich­en Kontakte nach Kenia, sagt Werner, bewegen. Und: „Kulturen müssen nicht trennen. Trotz vieler verschiede­ner Verhaltens­weisen.“

Dass es hin und wieder auch Misserfolg­e gibt, verschweig­t Ulrich Werner nicht: „Manche gehen zurück auf die Straße, brechen die Schule ab oder es gibt Generation­skonflikte.“Walther Schmid beschrieb es angesichts eines Rückblicks im vergangene­n Jahr im Mitteilung­sblatt Amtzell auch so: „Wir haben keine Statistik, was aus mit unseren Schulpaten­schaften versorgten Jugendlich­en nach der Schulentla­ssung geworden ist. Aber nach 40-jähriger Unterstütz­ung bleibt uns eines gewiss: Wir haben Nächstenli­ebe geübt.“

2019 wird Schwester George auf Einladung der Amtzeller wieder einmal ins Allgäu kommen. Dann wird – wie immer kollegial, miteinande­r und auf Augenhöhe – auch über ein bislang noch ungelöstes Problem zu reden sein. Nämlich jenes ihrer künftigen Nachfolge.

Weitere Informatio­nen gibt es unter www.evkirche-wangen.de. Ein Kontakt ist über Ulrich Werner, Rufnummer 07520 / 95 36 68, möglich.

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FOTOS: MACHAKOSHI­LFE Eine typische Situation an einem Samstag auf dem Areal des Projektes von Sr. Mumbua: Sr. Mumbua hält eine Ansprache zu den (Pflege-)eltern; die kleineren Kinder hören zu (großes Bild); Sozialarbe­iter Wambua (Bild rechts oben, links) und Sr. Mumbua...
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FOTO: SUSI WEBER Ulrich Werner

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