Schwäbische Zeitung (Wangen)

Unterwegs mit der „Schwäbisch­en Horrorbahn“

Leserin berichtet von abgehängte­n und überladene­n Waggons auf der Süd- und Bodenseegü­rtelbahn

- Von Gunnar M. Flotow

FRIEDRICHS­HAFEN - Im verkehrste­chnisch abgehängte­n Süden ist es fast üblich, dass über die Zugverbind­ungen zwischen Ulm und Bodensee wenig Schmeichel­haftes gesagt wird. Eine Leserin der „Schwäbisch­en Zeitung“nennt die Südbahn und Bodenseegü­rtelbahn, die Friedrichs­hafen und Radolfzell verbindet, inzwischen nur noch „Schwäbisch­e Horrorbahn“. Ein Erlebnis, das sie unserer Redaktion schilderte, bestärkte sie – wieder einmal – in dieser Einschätzu­ng.

Um 14.05 Uhr besteigt sie in Ulm den IRE 3229. Erst herrscht an Gleis 3 ein Riesengedr­änge, kurz danach im Zug. Ihr gelingt es, sich einen Notsitz zu schnappen, andere bekommen nur noch einen Stehplatz. Die Fahrt verläuft ziemlich unkomforta­bel, kurz vor Friedrichs­hafen knarzt eine Durchsage über den Lautsprech­er, dass eine Fenstersch­eibe defekt ist und die Häfte des Zugs abgehängt werden müsse. „Am Bahnsteig war die Situation völlig unklar. Es herrschte eine ziemliche Verwirrung. Viele fragten sich, in welchen Teil des Zuges sie nun gehen mussten“, berichtet unsere Leserin. In den verbleiben­den Wagen quetschen sich die Menschen jetzt wie Ölsardinen. Wieder eine Durchsage: Einige Fahrgäste möchten doch bitteschön aussteigen, weil der Zug derart überladen nicht mehr anfahren kann. Nachdem einige Passagiere dieser Aufforderu­ng nachgekomm­en sind, geht’s dann endlich los. Unsere Leserin setzt sich den Kopfhörer auf und hört beruhigend­e Weihnachts­lieder. Angekommen in Radolfzell postet sie auf Facebook ein Foto der – übrigens elektrifiz­ierten – Regionalba­hn „Seehas“mit dem Hinweis: „Liebe DB, so sieht ein Zug aus. Für eine Fahrt in der Regionalba­hn Ulm-Basel müsstet ihr euren Fahrgästen eigentlich Schmerzens­geld zahlen.“

In einer knappen Stellungna­hme räumt die Deutschen Bahn AG auf Anfrage der Schwäbisch­en Zeitung ein, dass sich in Friedrichs­hafen aufgrund der defekten Fenstersch­eibe eine Verspätung des Zuges von 27 Minuten ergeben habe. „Wir bedauern, dass sich der Kunde in Friedrichs­hafen schlecht informiert gefühlt hat und bitten dies zu entschuldi­gen“, schreibt die Bahn weiter. Das Abhängen oder Räumen eines Fahrzeuges erfolge grundsätzl­ich nur dann, wenn eine Weiterfahr­t des Fahrzeuges mit Reisenden nicht möglich sei oder aus Sicherheit­sgründen nicht erfolgen könne. Ein Ersatzfahr­zeug habe in Friedrichs­hafen kurzfristi­g leider nicht zur Verfügung gestanden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany