Börsengang, Hastor-Einstieg, Fehlteileproblematik – Alnos Gang vor die Hunde
Der Küchenbauer Alno aus Pfullendorf (Kreis Sigmaringen) kämpft seit dem Börsengang mit Problemen – nur in drei Jahren schrieb das Unternehmen keine Verluste. Nach Angaben von Max Müller und seiner damaligen Finanzchefin Ipek Demirtas war Alno aber im Frühjahr 2016 auf einem „guten Weg“. Ein Plan zur Entschuldung durch eine Kapitalerhöhung war genehmigt, dazu suchte man einen Investor, der 35 Millionen Euro für Zukunftsinvestitionen gibt. In dieser Phase kam der Kontakt zu den Hastors zustande, die einige Wochen später vor allem wegen des Lieferboykotts ihres Unternehmens Prevent, der die Produktion bei VW lahmlegte, bekannt werden sollten.
Nach ersten Gesprächen einigen sich Müller und Demirtas mit Managern von Tahoe, der Investmentgesellschaft von Prevent, darauf, die Kapitalerhöhung nicht weiterzuverfolgen. Stattdessen gewährt Tahoe Alno mehrere Darlehen in Höhe von 35 Millionen Euro, übernimmt ein Aktienpaket von 14,08 Prozent und sichert sich über eine Stimmrechtsvereinbarung weitere Anteile. Im Oktober kontrolliert Tahoe 33,25 Prozent von Alno und baut die Anteile bis Dezember auf mehr als 40 Prozent aus.
Nach Angaben von Tahoe-Chef Mensur Sacirovic haben die Hastors ihr Einsteigen bei Alno auf die Pro- gnose vom Juni 2016 gegründet, nach der Alno 2016 bei einem Umsatz von 564 Millionen Euro einen operativen Gewinn von 18 Millionen Euro erzielen werde. Alno schrieb am Ende jedoch einen Verlust von 17,5 Millionen Euro bei einem Umsatz von weniger als 500 Millionen Euro. Tahoe wirft Müller und Demirtas vor, sie über das Ausmaß der Krise nicht informiert und falsche Zahlen mitgeteilt zu haben. Bereits im Mai sei klar gewesen, dass die Juni-Zahlen nicht zu erreichen gewesen wären. Zudem beschuldigt Tahoe insbesondere Müller, sich bei seinem Engagement persönlich bereichert zu haben. Unter anderem geht es um Aufträge von Alno für diverse Fimen Müllers, einen im Raum stehenden persönlichen Bonus für Müller, wenn er einen Investor für Alno findet, sowie ein Darlehen an Alno, das Müller vom US-Konzern Whirlpool übernommen hat und dafür höhere Zinsen von Alno kassieren soll, als er an Whirlpool zahlt. Tahoe hat nun angekündigt, die Kaufverträge anzufechten und von Müller Schadenersatz zu verlangen. Im Frühjahr 2017 spitzte sich die Krise bei Alno zu: Weil Tahoe auf eine Just-in-time-Produktion umstellte und die Lagerbestände herunterfuhr, gab es nicht mehr genug Bauteile. Alno begann, unvollständige Küchen auszuliefern. Im März gründet Demirtas in Liechtenstein die First Epa Holding, kauft Forderungen von Alno-Gläubigern auf, um die Kontrolle beim Küchenbauer zurückzugewinnen. Doch Alno geht in die Insolvenz. Die Bemühungen um einen Verkauf scheitern, nur die Tochter Pino in Sachsen-Anhalt findet in Nobilia einen Käufer. Im November beendet der Insolvenzverwalter den Verkaufsprozess und beginnt mit der Abwicklung. Drei Wochen später kauft der britische Investor Riverrock Alno und plant, die Produktion im Januar wieder aufzunehmen. (ben)