Schwäbische Zeitung (Wangen)

Radikaler Umbruch an den Stuttgarte­r Bühnen

Auf einen Schlag werden alle drei künstleris­chen Leiter und der Generalmus­ikdirektor ausgetausc­ht

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STUTTGART (dpa) - Einen derart radikalen Umbruch, wie es ihn 2018 an den Staatsthea­tern in Stuttgart geben wird, dürfte es noch an keinem anderen Haus weltweit gegeben haben. Alle drei Intendante­n und der Generalmus­ikdirektor wechseln: Für Ballettleg­ende Reid Anderson kommt Tamas Detrich, Schauspiel­chef Armin Petras wird durch Burkhard C. Kosminski ersetzt, und der Wechsel in der Oper von Intendant Jossi Wieler zu Viktor Schoner gilt gar als Ende einer Ära. Zudem folgt Cornelius Meister als Generalmus­ikdirektor auf Sylvain Cambreling. Am Ende des Jahres 2018 werden die Staatsthea­ter Stuttgart mit ihren mehr als 1300 Mitarbeite­rn unausweich­lich ein anderes Gesicht haben.

Der einzige verbleiben­de Intendant, der für die Geschäfte zuständige Marc-Oliver Hendriks, spricht von einem Kraftakt. „Das ist aber immer so“, bei jedem Intendante­nwechsel. „Wenn drei auf einen Schlag gehen, ist das vor allem eine logistisch­e Herausford­erung.“Die Frage nach Chance oder Risiko beantworte­t Hendriks gewohnt diplomatis­ch: „Jeder Intendante­nwechsel ist eine Chance, weil Zukunft gestaltet wird. Er ist aber natürlich auch immer ein Risiko.“

Neue Ästhetik beim Ballett

Es werde keinen krassen Wechsel geben, verspricht Tamas Detrich (58) für das Ballett. Natürlich werde es neue Gesichter geben und einen neuen Auftritt. „Wichtig ist mir aber eine Balance zwischen unserer Tradition und neuen Einflüssen und Inspiratio­nen.“Mit dem überrasche­nden Aus für die Hauschoreo­grafen Demis Volpi und Marco Goecke hat Vorgänger Reid Anderson ihm größte Freiheiten geschaffen. Für die erste Spielzeit verspricht Detrich viele neue Stücke. So werde es durchaus eine neue Ästhetik geben. „Aber der ,Geist’ des Stuttgarte­r Balletts – mit dem ich unter Marcia Haydée und Reid Anderson aufgewachs­en bin – , der wird sich nicht ändern. Dieser Geist ist der Schlüssel zu der Leidenscha­ft, mit der wir tanzen!“

Auch Oper will Neues wagen

„An vieles anknüpfen und vieles weiterführ­en“will Viktor Schoner an der Oper, wie er sagt. „Und wir werden selbstvers­tändlich Neues wagen.“Eine große Rolle spiele dabei der Generation­swechsel auch am Taktstock: Jungstar Cornelius Meister (37) beerbt den mehr als 30 Jahre älteren Sylvain Cambreling (69) als Generalmus­ikdirektor. Meister werde eine „bedeutende Rolle“dabei spielen, neue Klänge zu entdecken, kündigt Schoner an. Den Wirkungsra­dius der Jungen Oper wolle er inhaltlich erweitern, „und wir werden versuchen, neue Zielgruppe­n zu erschließe­n“. In seine Pläne für die erste Spielzeit gewährt Schoner noch keine Einblicke.

Schauspiel mit regionalem Bezug

„Theater lebt von Veränderun­g“, sagt Burkhard C. Kosminski und kündigt ein „in großen Teilen“neues Schauspiel­ensemble an. Stuttgart dürfe sich auch auf neue Regiehands­chriften freuen. „Sicherlich wird es weniger Romanadapt­ionen geben und von meiner Seite ein Bekenntnis zum zeitgenöss­ischen Autorenthe­ater.“Thematisch will sich Kosminski auch mit Stuttgart befassen. „Stadttheat­er ohne regionalen Bezug ist für mich nicht denkbar“, sagt der 55-Jährige, der mit internatio­nalen Dramatiker­n und mit anderen europäisch­en Häusern kooperiere­n will.

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FOTOS: DPA Die designiert­en Intendante­n der Staatsthea­ter Stuttgart (von links nach rechts): Burkhard C. Kosminski (Schauspiel), Tamas Detrich (Ballett) und Viktor Schoner (Oper).

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