Putin opfert Mutko
Schlüsselfigur im Staatsdopingskandal räumt Posten als Cheforganisator der Fußball-WM
MOSKAU (SID/dpa) - Russlands Präsident Wladimir Putin hat nun doch den Daumen über seinem Vizepremier gesenkt. Sechs Monate vor Beginn der Fußball-WM in Russland muss Cheforganisator Witali Mutko unter dem Druck des Dopingskandals seinen Posten räumen. Der bisherige Geschäftsführer Alexej Sorokin übernehme die Leitung des Organisationskomitees (OK), teilte Mutko am Mittwoch in Moskau mit. „Ich konzentriere mich auf meine Arbeit in der Regierung“, ließ Mutko 169 Tage vor dem Eröffnungsspiel (14. Juni) zwischen Russland und Saudi-Arabien über die staatliche Agentur RSport weiter mitteilen.
Sorokin erklärte, er werde im Komitee Vorsitzender und Generaldirektor zugleich sein. „In der Leitung ändert sich gar nicht so viel“, sagte er der Agentur Tass. Der 45 Jahre alte Dolmetscher für Englisch und Französisch hatte Mutko im September auch schon im FIFA-Rat beerbt.
Am Montag hatte Mutko, von 2008 bis 2016 russischer Sportminister und wegen seiner Verwicklung in das staatlich gestützte Dopingsystem in Russland rund um die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) am 5. Dezember lebenslang für alle Aktivitäten rund um Olympia gesperrt, bereits die Leitung des russischen Fußballverbands für bis zu sechs Monate abgegeben. In dieser Zeit wolle er sich vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne gegen die Olympia-Sperre wehren, hatte er angekündigt.
Womöglich war dieses Manöver, eines seiner vielen Ämter für sechs Monate ruhen zu lassen, um dann pünktlich zur WM seine umjubelte Rückkehr zu feiern, zu durchschaubar gewesen – selbst für die Verhältnisse in der Sportpolitik.
Eine Reaktion des Kremls gab es am Mittwoch zunächst nicht. Dennoch drängt sich der Eindruck auf, dass Putin seinen langjährigen sportpolitischen Weggefährten geopfert hat. Über seine Position als Cheforganisator würden „Staatsoberhaupt, Regierungsspitze und Aufsichtsrat entscheiden“, hatte Mutko am Montag unmissverständlich gesagt. Er trete nicht zurück. Folglich wurde er nun zum Rückzug gedrängt.
Trotzdem wird Mutko für die WM weiter eine wichtige Rolle spielen. „Witali Mutko wird als stellvertretender Ministerpräsident weiter die Vorbereitung der Regionen auf die WM beaufsichtigen und den Bau der notwendigen Infrastruktur koordinieren“, teilte das OK mit.
Die FIFA reagierte am Mittwoch zurückhaltend. „Die FIFA dankt Herrn Mutko für seinen außerordentlich wertvollen bisherigen Beitrag zur Vorbereitung des Turniers“, schrieb der Verband. Man werde weiter eng mit dem OK, der russischen Regierung, dem nationalen Verband und den Gastgeberstädten zusammenarbeiten, um im kommenden Sommer eine „außergewöhnliche Veranstaltung“zu bieten. Mutkos Schritt vom Montag hatte die FIFA noch als „verantwortungsvollen Schritt“und „Entscheidung im besten Interesse der WM“gewürdigt. Präsident Gianni Infantino hatte wenige Stunden vor der WM-Auslosung am 1. Dezember hilf- und tatenlos danebengesessen, als Mutko zu einer Wutrede ausholte. Tenor: Es habe kein Staatsdoping gegeben, vielmehr sei Russland Opfer einer Verschwörung des Westens.