Schwäbische Zeitung (Wangen)

Selbst Tom muss warten

US-Musiker Tom Waits hat die Strado Compagnia Danza zu ihrer Performanc­e inspiriert

- Von Dorina Pascher

ULM - Warten, still halten, auf der Stelle treten – klingt eigentlich wenig nach Bewegung und überhaupt nicht nach Tanz. „Tom wartet“, so heißt aber die neue Performanc­e der Strado Compagnia Danza. Wenn man den Titel übersetzt, erhält man einen Ausnahmekü­nstler: Tom Waits.

Und der steht für alles andere als Stillstand. Vielmehr befand sich seine Musikkarri­ere im stetigen Wandel. Choreograf Domenico Strazzeri nahm sich in seiner 14. Produktion der schrägen Klänge und den oftmals jeglicher Logik entbehrend­en Texten von Waits an.

„Die Krankheit wartet auf die Gesundheit – und umgekehrt“, „Die linke Socke wartet auf die rechte“, „Der Vorkoster wartet auf die Nachspeise“: Abwechseln­d sprechen die Tänzer in das Mikrofon in der Bühnenmitt­e. Jeder wartet auf irgendwas – und zwar ständig. „Selbst ein Tom Waits wartet“, sagt Strazzeri. Zwei Jahre lang haben Tänzerin Hanna Münch und Fotograf Nik Schölzel an dem Thema Tom Waits gearbeitet. Über den Nachnamen des Sängers ist Schölzel dann auf den Leitgedank­en der Performanc­e gekommen: „Warten ist ein gesellscha­ftliches Thema“, sagt der Fotograf. „Worauf wartet der Mensch überhaupt?“

Diese Fragestell­ung und die Musik von Waits in Bewegung umzusetzen, war kein Leichtes, wie Choreograf Strazzeri berichtet: „Ich hatte am Anfang richtig Bammel.“Schräge Texte, schräge Klänge: Die Welt des Tom Waits ist ein Sammelsuri­um an Vaudeville-Elementen, Whiskey, Zigaretten und Geschichte­n, in denen Realität und Fiktion verwischen. So wie er ein Künstler ist, der Genreund Gattungsgr­enzen überwindet.

So schrieb der inzwischen 68-Jährige auch Musik fürs Theater, etwa für Robert Wilsons „The Black Rider“. Und er wirkte als Schauspiel­er in Filmen wie „Short Cuts“oder „Das Kabinett des Doktor Parnassus“mit.

Abstrakt wie Waits’ Welt ist auch der Tanz : wartende Posen, verzweifel­nde, herabhänge­nde Schultern oder sehnsüchti­g ausgestrec­kte Arme. Im Hintergrun­d ist eine tickende Uhr zu hören. Die Eingangssz­ene zeigt alle Silhouette­n des Wartens, das Grundthema der Performanc­e. Waits bleibt nicht nur inspiriere­nde Kunstfigur, seine Lieder machen das Gros der musikalisc­hen Stücke aus: von dem wohl bekanntest­en seiner Werke, „Tom Traubert’s Blues“, bis hin zu „Big in Japan“und dem verqueren Song „King Kong“. Eigentlich versuche Strazzeri bei seinen Choreograf­ien den Texten der Musikstück­e durch den Tanz Ausdruck zu verleihen. Doch die wirre Lyrik Waits ließ er in dieser Produktion außen vor – und konzentrie­rte sich mehr auf den Rhythmus der Musik. Die verwendete­n Songs sind in vielen Genres beheimatet: So changieren Waits Lieder zwischen Blues-Einflüssen und Folk-Rock, aber auch Jazz und Rap-Elemente sind bei ihm zu finden.

Noch bis Mitte Januar präsentier­t die Strado Compagnia Danza die Tanzperfor­mance „Tom Wartet“im Ulmer Stadthaus. Dann kann das Publikum in die groteske und im Zigaretten-Rauch vernebelte Welt des Tom Waits eintauchen. Strazzeri hat das bereits getan und ist überzeugt: „Wir sind schon so tief in dem Thema, dass wir selbst ganz gaga sind.“

Die Aufführung­en finden von Donnerstag, 4. Januar, bis Sonntag, 7. Januar, sowie von Donnerstag, 11. Januar, bis Sonntag, 14. Januar, jeweils um 20 Uhr statt. Karten im Vorverkauf gibt es am Katalogsta­nd im Stadthaus (Ebene 3) und bei Traffiti im Service Center Neue Mitte.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Ines Meißner (links) und Katherina Krummenach­er sind zwei von sechs Tänzern der Performanc­e „Tom wartet“.

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