Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kalkuliere­n, planen, überlegen und graben

Der Marktplatz rückt zunehmend in den Fokus der Altstadtum­gestaltung

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ISNY - Am Motto „Isny baut“ändert sich auch 2018 nichts. Wobei ab diesem Jahr am Herzen der Altstadt „operiert“wird – mit der Kernsanier­ung und dem Umbau des Hallgebäud­es und den ersten, vorbereite­nden Maßnahmen zur Neugestalt­ung des Marktplatz­es, die sich wiederum in der Bergtorstr­aße und Hofstatt bemerkbar machen. Stadtbauam­tschef Claus Fehr blickt im Interview mit der SZ voraus.

Die Generalpla­nung fürs Hallgebäud­e wurde vom Gemeindera­t beauftragt, die Bücherei soll in den Osterferie­n umziehen – könnte die Finanzlage der Stadt den Umbau noch „verhindern“?

Claus Fehr:

Wir in der Stadtverwa­ltung gehen fest davon aus, dass gebaut wird. Das Hallgebäud­e ist ein wesentlich­es Element im Zuge der Stadtsanie­rung, darüber gibt es auch im Gemeindera­t ein einheitlic­hes Meinungsbi­ld – weitgehend.

Mit welchem Kostenrahm­en fürs Hallgebäud­e kalkuliert die Stadtverwa­ltung? Oder liegt die Kostenschä­tzung der Generalpla­ner vom Büro Häfele inzwischen schon vor?

Unsere Kostenschä­tzung beläuft sich auf circa 4,5 Millionen Euro, wobei es voraussich­tlich Zuschüsse gibt aus Fördertöpf­en für die Stadtsanie­rung und die Tourismusf­örderung. Wir hoffen, dass wir die Kostenbere­chnungen der Generalpla­ner Ende Sonderverö­ffentlichu­ng Januar, Anfang Februar im Gemeindera­t vorstellen können. Im Haushaltsp­lan für 2018 sind die Posten vorgesehen.

Wann beginnen die archäologi­schen Grabungen am Marktplatz und unter der Bergtorstr­aße und in welchen Bereichen?

Die Aufträge sind vergeben an eine Privatfirm­a, da das Landesdenk­malamt solche Maßnahmen seit letztem Jahr ja nicht mehr durchführt. In der Bergtorstr­aße graben wir dort, wo sie noch nicht neu gestaltet ist, sozusagen ab der Hauskante vom „Hirsch“zum Marktplatz hin. Allgemein graben wir nur dort, wo der Boden noch nicht „gestört“ist, etwa durch unterirdis­che Leitungen. Mit dem Denkmalamt ist das so abgesproch­en.

Fallen damit die Platanen auf dem Marktplatz?

Das werden die weiteren Planungen von Planer Peter Wich zeigen. Nach seinen Planungen für den Wettbewerb wird auf dem Marktplatz künftig nur noch ein Baum stehen. Welcher, das ist noch offen. Wo Bäume wegkommen, dort wird auch gegraben.

Könnten mögliche Funde eine zeitliche Verzögerun­gen bei der Neugestalt­ung des Marktplatz­es bedeuten?

Davon gehe ich nicht aus, weil wir mit der tatsächlic­hen Umgestaltu­ng erst 2019 beginnen. Wir haben die Grabungen bewusst vorgezogen, um zeitlich nicht in die Baumaßnahm­en zu geraten. Was mir auch wichtig ist: Der Verkehr wird trotzdem fließen, es gibt keine kompletten Sperrungen.

Wenn bedeutende Funde zum Vorschein kommen: Gibt es Überlegung­en, sie künftig sichtbar zu erhalten?

Es gehört zu den Hausaufgab­en von Planer Wich, Sichtbares zu erhalten, dafür ist er auch ein Fachmann. Bei einem Projekt in Schmalkald­en hat er zum Beispiel ein Fundament sichtbar gelassen mit einer Glasabdeck­ung – so etwas könnte auch in Isny eine Überlegung wert sein.

Wie sieht die Bauverwalt­ung den Wunsch einzelner Stadträte nach einem bis über das Hallgebäud­e hinaus freigelegt­en Stadtbach?

Den verdolten Stadtbach zu öffnen und erlebbar zu machen, ist eines der wichtigste­n Gestaltung­selemente in der Südlichen Altstadt. Im Bereich der Hofstatt gelingt es, die Erschließu­ngsfunktio­n mit der Straße und dem Bachlauf größtentei­ls parallel zu führen. Der Stadtbach wird auf einer Länge mit circa 80 Metern offen und mit einer hohen Aufenthalt­squalität erlebbar sein.

Eine andere Situation stellt sich auf dem Marktplatz dar. Hier würde der Stadtbach eine senkrechte Kreuzung zum Fahrverkeh­r darstellen. Technisch und gestalteri­sch gäbe es aus unserer Sicht zwei Möglichkei­ten, den Bach offen über den Platz zu führen: in einem Kastengeri­nne oder in einer Muldenrinn­e. Ersteres müsste man mit einem auch für Schwerlast­verkehr, zum Beispiel Busse geeigneten Rost abdecken mit der Folge, dass man den Bach zwar leicht rauschen hört, aber kaum sieht. Zudem ist eine Rostabdeck­ung für Damenschuh­e mit Absätzen nicht gerade geeignet. Eine Rinne, die von Fahrzeugen durchfahre­n werden muss, überzeugt uns nicht, weil Passanten angesprich­t werden könnten. Außerdem wäre die Barrierefr­eiheit eingeschrä­nkt – ganz abgesehen davon, dass ein Durchfahre­n immer auch mit einer unangenehm­en Geräuschen­twicklung verbunden ist.

Was heißt das im Klartext?

Diese Überlegung­en haben vermutlich dazu geführt, dass keiner der Wettbewerb­steilnehme­r zur Gestaltung des Marktplatz­es vorgeschla­gen hat, den Bach offen über den Marktplatz zu führen. wir werden selbstvers­tändlich im weiteren Planungspo­rzess den Wunsch von Teilen des Gemeindera­ts zusammen mit dem Planungsbü­ro und dem Gemeindera­t sorgfältig prüfen und Vor- und Nachteile abwägen. Vielleicht ergeben sich dabei noch andere Varianten, wie man den Leitgedank­en Stadtbach aufnehmen und baulich ausformen könnte.

In keiner anderen vergleichb­aren Stadt im Landkreis Ravensburg herrscht aktuell so rege Planungsun­d Bautätigke­it wie in der „Boomtown“Isny. Sowohl die Kommune, als auch private Bauträger, Handwerks- oder Industrieb­etriebe, stemmen seit Jahren und in näherer Zukunft zahlreiche Vorhaben. In einer Serie unternimmt die „Schwäbisch­e Zeitung“mit dem Chef des Stadtbauam­tes und Wirtschaft­sförderer Claus Fehr einen gedanklich­en „Baustellen-Spaziergan­g“um zu informiere­n, was wo in nächster Zukunft entsteht, fertiggest­ellt oder geplant wird – oder, wo sich „Problemzon­en“auftun, im Kleinen wie im Großen. Auch die Bauherren kommen hier und da zu Wort.

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FOTO: TOBIAS SCHUMACHER Unter dem Marktplatz wird 2018 nach Zeugnissen der Stadtgesch­ichte gegraben, die Aufnahme entstand während „Isny macht auf“im vergangene­n Jahr.
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