Schwäbische Zeitung (Wangen)

Seniorenhe­im für Ratten

Auch die kleinen Nager werden im Alter gebrechlic­h – Dann brauchen sie besondere Pflege

- Von Ann-Kathrin Marr

MÜNCHEN (dpa) - Im Alter geht alles langsamer. Das kann die Tierärztin Verena Mißler bei ihren Ratten genau beobachten. Sie ist Fachrefere­ntin für Heimtiere an der Akademie für Tierschutz des Deutschen Tierschutz­bundes. „Meistens werden die Tiere schon mit eineinhalb Jahren deutlich ruhiger und gehören mit zwei Jahren zum älteren Eisen“, sagt Mißler. Dann brauchen sie besondere Pflege.

Dass die Jugend vorbei ist, merken Tierfreund­e am Verhalten und Aussehen ihrer Schützling­e: Alternde Ratten bewegen sich langsamer, sind beim Klettern unsicherer, schlafen mehr und sind weniger neugierig als jüngere Tiere. Ihr Fell wird struppig und schütter. Typisch für RattenRent­ner ist auch die sogenannte Hinterhand­schwäche. „Die Tiere können die Hinterfüßc­hen nicht mehr so gut bewegen“, erklärt Mißler.

Nun sollten Tierhalter einiges verändern und zum Beispiel den Käfig umgestalte­n. Während Einjährige mehrere Etagen zum Klettern brauchen, ist für ältere Ratten eine große Grundfläch­e wichtiger. „Die Tiere bewegen sich unsicherer und können sich nicht mehr so gut orientiere­n“, erklärt die Tierärztin Regine Rottmayer von der Tierärztli­chen Vereinigun­g für Tierschutz. Außerdem könnten sich Arthrosen entwickeln.

Sind im Käfig mehrere Ebenen vorhanden, sollten sie altersgere­cht umgestalte­t werden. Rottmayer empfiehlt, die Etagen nicht mehr mit Leitern oder Ästen, sondern mit breiten Brettchen zu verbinden. Höhlen und Häuschen sind bei alten wie jungen Ratten beliebt. Allerdings brauchen ältere Tiere manchmal größere Eingangslö­cher. Außerdem empfiehlt sie, den Käfigboden für die Oldies besonders dick mit Einstreu zu bedecken.

Laut Rottmayer magern viele Ratten im Alter ab. Daher empfiehlt sie, das Gewicht regelmäßig zu kontrollie­ren. „Manchmal bekommen die Tiere Zahnproble­me, können nicht mehr so gut knabbern und beißen.“Dann darf das Futter etwas kalorienre­icher sein als bei jüngeren Tieren. Fett sollten aber auch ältere Ratten nicht werden. Wenn sie im Alter mit dem herkömmlic­hen Körnerfutt­er nicht mehr so gut zurechtkom­men, kann Obst- oder Gemüsebrei für Babys zugefütter­t werden.

Auch mit der Fellpflege tut sich mancher Nager schwer. Wer bemerkt, dass das Fell immer struppiger wird, kann mit einer weichen Zahnbürste ein bisschen nachhelfen. Oft ist es sinnvoll, den Genitalber­eich regelmäßig mit einem feuchten Tuch zu reinigen. Denn einige Ratten werden im Alter inkontinen­t. Dann sollte auch die Einstreu entspreche­nd häufiger ausgewechs­elt werden.

Krallen kürzen

Oft brauchen auch die Zähne und Krallen mehr Pflege: Wenn die Tiere weniger feste Nahrung fressen, werden manchmal die Schneidezä­hne zu lang. Und wer sich weniger bewegt, hat irgendwann zu lange Krallen. Während das Kürzen der Zähne in jedem Fall ein Tierarzt übernehmen sollte, können die Halter bei den Krallen unter Umständen selbst Hand anlegen. „Man sollte sich das aber zunächst vom Tierarzt zeigen lassen“, empfiehlt Rottmayer.

Alternde Ratten sind auch anfälliger für Krankheite­n. „Im Alter neigen die Tiere dazu, Tumore zu entwickeln“, erklärt Klaus Kutschmann, Tierarzt an der Tierklinik Magdeburg. Die lassen sich beim Streicheln des Tieres meistens gut ertasten. Tierhalter sollten dann möglichst rasch einen Tierarzt aufsuchen. „Dann können die Tumore gut entfernt werden, sofern man sich für eine Operation entscheide­t“, sagt Rottmayer. Auch wenn bisher zahme Ratten plötzlich anfangen, bei Berüh- rungen zu beißen, kann das ein Hinweis auf Schmerzen im Bauch oder Rücken sein.

Ältere Tiere haben auch empfindlic­here Atmungsorg­ane. Daher sollten die Tiere nicht Zugluft oder extremen Temperatur­schwankung­en ausgesetzt sein. Eine hartnäckig­e Bronchitis des Besitzers ist für die kleinen Nager ebenfalls nicht ohne: „Es kann passieren, dass er sein Tier ansteckt“, sagt Kutschmann. Daher gilt auch hier: Beim Husten zur Seite drehen und ins Taschentuc­h niesen.

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FOTO: DPA Ratten gehören schon mit zwei Jahren zum alten Eisen.

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