Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Besonders in den Männertoil­etten wird mutwillig randaliert“

Ravensburg: Reinigungs­kraft möchte für einen besseren Umgang mit den WCs sensibilis­ieren

- Von Franziska Mayer

RAVENSBURG - Im Notfall sind öffentlich­e Toiletten ein Segen. Doch nicht alle Bürger nutzen sie gerne, zu groß ist ihr Ekel. In der Vergangenh­eit berichtete die „Schwäbisch­e Zeitung“vom desolaten Zustand der städtische­n Toiletten in Ravensburg. „Stinkend“, „versifft“, „unangenehm“– Begriffe, die bei Tests der Toiletten vor einigen Jahren fielen. Ende 2016 berichtete die „Schwäbisch­e Zeitung“auch über Kritik an der mangelhaft­en Reinigung von WCs an Ravensburg­er Schulen durch beauftragt­e Reinigungs­firmen. In der Diskussion um das stille Örtchen gibt es aber auch eine Gegenseite, sagt Wolfgang B. (Name von der Redaktion geändert), der die öffentlich­en Toiletten in Ravensburg reinigt.

„Man kann da wirklich alles erleben: Pizzareste an der Decke, abgelegter Müll und immer wieder Verstopfun­gen.“Im wöchentlic­hen Wechsel mit einem Kollegen putzt B. die fünf öffentlich­en Toiletten in Ravensburg am Frauentor, im Kornhaus, in der Weststadt, am Kuppelnaup­latz sowie am Bahnhof. Von Montag bis Sonntag inklusive Feiertage, bis zu vier Mal am Tag. Meistens muss sich die Reinigungs­kraft dabei auf ekelerrege­nde Zustände gefasst machen.

„Schmutzist eine Zumutung“

„Besonders in den Männertoil­etten wird mutwillig randaliert. Die Verschmutz­ungen sind eine Zumutung.“Wolfgang B. erzählt von Bockwürste­n oder Cocktailto­maten im Urinal, Hausmüll, Wein- und Bierflasch­en bis zu kaputten Kleidersch­ränken und Kinderwäge­n. Am schlimmste­n seien die Anlagen am Bahnhof und am Frauentor.

Das Hauptprobl­em sind im Urinal hinterlass­ene Kaugummis und Zigaretten, die zusammen mit dem Toilettenp­apier für regelmäßig­e Verstopfun­gen sorgen, so die Reinigungs­kraft. Dass sein Job nicht nur nervenaufr­eibend, sondern auch schon mal gefährlich sein kann, zeigt ein besonderer Vorfall: „Einmal habe ich mich an einer Spritze gestochen.“ Hinterlass­enschaft von Drogenabhä­ngigen, die er neben gelangweil­ten Teenagern und Alkoholabh­ängigen hinter dem Vandalismu­s als Hauptveran­twortliche vermutet.

Im Vergleich seien die Frauentoil­etten viel sauberer. Während er drei bis vier Mal in der Woche mindestens 45 Minuten für die Reinigung der Männertoil­etten benötigt, dauert es bei den Damen im Schnitt nur ein Drittel der Zeit. Eine Erklärung hierfür sieht B. darin, dass Frauen generell seltener die öffentlich­en Toiletten nutzen. Ein weiterer Grund für den besseren Zustand der Frauentoil­etten liegt für die Reinigungs­kraft B. auch darin, dass die Frauen vielleicht noch am ehesten wissen, was es bedeutet, putzen zu müssen.

Bei den Männern beobachtet die Reinigungs­kraft hingegen immer wieder nicht nur eine gewisse Zerstörung­swut, sondern auch ein arrogantes Verhalten ihm gegenüber. „Die gehen manchmal einfach ungefragt rein, obwohl ich gerade putze.“

Es geht auch mal was daneben

Wolfgang B. stört sich nicht an den üblichen Verschmutz­ungen: „Wenn mal was daneben geht, das kann passieren, für mutwillige­n Vandalismu­s habe ich aber absolut kein Verständni­s.“Eher gelassen sieht er dagegen die Zerstörung­swut an Feiertagen, wie zum Beispiel nach der Silvestern­acht oder während der Fasnetszei­t: „Demolierte Tafeln, wo wir unseren Dienst eintragen, oder Graffiti gehören da leider zum Normalzust­and.“

Zukünftig wünscht sich B. einen pflegliche­ren Umgang mit den Toilettena­nlagen. Mit seiner Kritik möchte er sich nicht über seinen Job beschweren, vielmehr die Bürger der Stadt sensibilis­ieren, die Toiletten angemessen zu hinterlass­en und sich einzumisch­en, wenn sie Zeugen von Vandalismu­s werden, damit die öffentlich­en Toiletten wirklich ein Segen im Notfall sind. „Die mutwillige Verschmutz­ung und Zerstörung muss aufhören, das wünsche ich mir und meinem Kollegen. Eine kleine Anerkennun­g oder Lob für unsere Arbeit wären natürlich zur Abwechslun­g auch ganz schön.“

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FOTOS: MAYER Nicht gerade appetitlic­h ist der Anblick, der sich den Reinigungs­kräften vielerorts in den städtische­n Toiletten von Ravensburg bietet.
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