„Besonders in den Männertoiletten wird mutwillig randaliert“
Ravensburg: Reinigungskraft möchte für einen besseren Umgang mit den WCs sensibilisieren
RAVENSBURG - Im Notfall sind öffentliche Toiletten ein Segen. Doch nicht alle Bürger nutzen sie gerne, zu groß ist ihr Ekel. In der Vergangenheit berichtete die „Schwäbische Zeitung“vom desolaten Zustand der städtischen Toiletten in Ravensburg. „Stinkend“, „versifft“, „unangenehm“– Begriffe, die bei Tests der Toiletten vor einigen Jahren fielen. Ende 2016 berichtete die „Schwäbische Zeitung“auch über Kritik an der mangelhaften Reinigung von WCs an Ravensburger Schulen durch beauftragte Reinigungsfirmen. In der Diskussion um das stille Örtchen gibt es aber auch eine Gegenseite, sagt Wolfgang B. (Name von der Redaktion geändert), der die öffentlichen Toiletten in Ravensburg reinigt.
„Man kann da wirklich alles erleben: Pizzareste an der Decke, abgelegter Müll und immer wieder Verstopfungen.“Im wöchentlichen Wechsel mit einem Kollegen putzt B. die fünf öffentlichen Toiletten in Ravensburg am Frauentor, im Kornhaus, in der Weststadt, am Kuppelnauplatz sowie am Bahnhof. Von Montag bis Sonntag inklusive Feiertage, bis zu vier Mal am Tag. Meistens muss sich die Reinigungskraft dabei auf ekelerregende Zustände gefasst machen.
„Schmutzist eine Zumutung“
„Besonders in den Männertoiletten wird mutwillig randaliert. Die Verschmutzungen sind eine Zumutung.“Wolfgang B. erzählt von Bockwürsten oder Cocktailtomaten im Urinal, Hausmüll, Wein- und Bierflaschen bis zu kaputten Kleiderschränken und Kinderwägen. Am schlimmsten seien die Anlagen am Bahnhof und am Frauentor.
Das Hauptproblem sind im Urinal hinterlassene Kaugummis und Zigaretten, die zusammen mit dem Toilettenpapier für regelmäßige Verstopfungen sorgen, so die Reinigungskraft. Dass sein Job nicht nur nervenaufreibend, sondern auch schon mal gefährlich sein kann, zeigt ein besonderer Vorfall: „Einmal habe ich mich an einer Spritze gestochen.“ Hinterlassenschaft von Drogenabhängigen, die er neben gelangweilten Teenagern und Alkoholabhängigen hinter dem Vandalismus als Hauptverantwortliche vermutet.
Im Vergleich seien die Frauentoiletten viel sauberer. Während er drei bis vier Mal in der Woche mindestens 45 Minuten für die Reinigung der Männertoiletten benötigt, dauert es bei den Damen im Schnitt nur ein Drittel der Zeit. Eine Erklärung hierfür sieht B. darin, dass Frauen generell seltener die öffentlichen Toiletten nutzen. Ein weiterer Grund für den besseren Zustand der Frauentoiletten liegt für die Reinigungskraft B. auch darin, dass die Frauen vielleicht noch am ehesten wissen, was es bedeutet, putzen zu müssen.
Bei den Männern beobachtet die Reinigungskraft hingegen immer wieder nicht nur eine gewisse Zerstörungswut, sondern auch ein arrogantes Verhalten ihm gegenüber. „Die gehen manchmal einfach ungefragt rein, obwohl ich gerade putze.“
Es geht auch mal was daneben
Wolfgang B. stört sich nicht an den üblichen Verschmutzungen: „Wenn mal was daneben geht, das kann passieren, für mutwilligen Vandalismus habe ich aber absolut kein Verständnis.“Eher gelassen sieht er dagegen die Zerstörungswut an Feiertagen, wie zum Beispiel nach der Silvesternacht oder während der Fasnetszeit: „Demolierte Tafeln, wo wir unseren Dienst eintragen, oder Graffiti gehören da leider zum Normalzustand.“
Zukünftig wünscht sich B. einen pfleglicheren Umgang mit den Toilettenanlagen. Mit seiner Kritik möchte er sich nicht über seinen Job beschweren, vielmehr die Bürger der Stadt sensibilisieren, die Toiletten angemessen zu hinterlassen und sich einzumischen, wenn sie Zeugen von Vandalismus werden, damit die öffentlichen Toiletten wirklich ein Segen im Notfall sind. „Die mutwillige Verschmutzung und Zerstörung muss aufhören, das wünsche ich mir und meinem Kollegen. Eine kleine Anerkennung oder Lob für unsere Arbeit wären natürlich zur Abwechslung auch ganz schön.“