Deutsches Opfer aus Herrenberg
Krankenschwester half, zerstörte Schule wiederaufzubauen – Bei Taliban-Angriff starben am Wochenende 20 Menschen
KABUL/BERLIN (epd) - Beim Anschlag auf ein Luxushotel in Afghanistan ist laut Auswärtigem Amt auch eine Deutsche getötet worden. Es soll sich laut Medienberichten um eine 60-Jährige aus Herrenberg bei Stuttgart handeln. Udo Stolte, der Vorsitzende der Hilfsorganisation Shelter Now Deutschland, sagte am Montag, die Frau sei seit Jahrzehnten mit ihrer kleinen Organisation Cabilla in Afghanistan und Pakistan tätig gewesen und habe sich vor allem für Kinder engagiert. Bei dem Anschlag wurden laut afghanischen Behörden 29 Menschen getötet.
KABUL (lsw) - Bei der in Kabul ums Leben gekommenen deutschen Entwicklungshelferin handelt es sich um eine Frau aus Baden-Württemberg, die über Jahrzehnte immer wieder arme Menschen in Afghanistan unterstützt hat. Das sagte Georg Taubmann, Chef der Entwicklungshilfeorganisation Shelter Now, die auch in Deutschland ein Büro hat. Die Frau, die Taubmann auf Mitte 60 schätzt, hatte eine kleine Hilfsorganisation – Cabilla mit Sitz in Herrenberg (Kreis Böblingen) –, die ab und zu mit Shelter Now zusammengearbeitet hat.
„Sie war eine sehr mutige Frau“, sagte Taubmann. Am Sonntag hätte sie zusammen mit Shelter Now deren Taubstummenprojekt besuchen sollen. Die Helferin war vor etwa einer Woche in Kabul angekommen. Dass sie im großen IntercontinentalHotel wohnte, das Samstagnacht von Talibankämpfern angegriffen wurde, sei ungewöhnlich gewesen, sagte Taubmann. Sie habe sonst immer in bescheidenen Gästehäusern oder bei Freunden gewohnt.
Die Helferin sei eigentlich Krankenschwester gewesen, sagte Taubmann. „Immer, wenn sie genug Geld verdient hat, ist sie wieder nach Afghanistan zurückgegangen, um den Ärmsten der Armen zu helfen.“Mit Shelter Now habe sie zuletzt eine von einer Lawine zerstörte Schule wiederaufgebaut.
Ihr Blog gibt einen Einblick in die kleinen Hilfsprojekte. In einem der letzten Einträge schrieb sie: „Wir konnten 2200 arme Kinder in verschiedenen Gebirgsdörfern mit Schulmaterial und Winterkleidung versorgen. […] 10 Witwen bekamen je 80 Meter Stoff und eine Nähmaschine. Sie kamen uns mit Eseln entgegen, weil es weit oben keine Straßen mehr gibt […] Familie Hamid bekam auch 100 Meter Stoff, damit sie Kleidung nähen und verkaufen kann. Letztes Jahr bekam die Familie von uns vier Hühner, die bald wieder Eier legen werden.“
Hilfe für afghanischen Widerstand
Zum ersten Mal habe die Helferin Afghanistan während der sowjetischen Besatzungszeit besucht, sagte Taubmann. Sie habe die afghanischen Widerstandskämpfer medizinisch versorgt. Manchmal habe sie sie auf dem Rücken von der Frontlinie getragen.
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes hatte am Sonntag mitgeteilt, die Angehörigen würden informiert. Es gebe keine Hinweise auf andere deutsche Verletzte.
Die afghanischen Behörden bezifferten die Anzahl der Todesopfer nach einem 17 Stunden langen Taliban-Angriff zuletzt auf 20. Außerdem waren bei dem Angriff, der am späten Samstagabend begonnen hatte, alle sechs Angreifer getötet worden.