Schwäbische Zeitung (Wangen)

Handschuhe bieten keinen Vorteil

Leutkirche­r Bäckerei an Untersuchu­ng beteiligt – Backwaren kaum mit Keimen behaftet

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - Ist die Benutzung von Handschuhe­n beim Verkauf von Backwaren aus hygienisch­er Sicht sinnvoll? Dieser Frage ist die Berufsgeno­ssenschaft Nahrungsmi­ttel und Gastgewerb­e (BGN) nachgegang­en. Ergebnis: Das Tragen von Handschuhe­n bringt keinen Vorteil.

Diese Erkenntnis lieferte eine Untersuchu­ng, die in 44 Handwerksb­äckereien in Deutschlan­d durchgefüh­rt wurde. Mit dabei: der Betrieb des Leutkirche­rs Franz Wandinger, der auch Obermeiste­r der Bäcker-Innung Ravensburg ist. Für ihn kommt das Ergebnis nicht überrasche­nd, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Bereits seit einigen Jahren wird in der Branche dazu aufgeforde­rt, Backwaren aus hygienisch­en Gründen mit Handschuhe­n anzufassen.

Für die Studie hat eine Verkäuferi­n der Bäckerei Wandinger – wie auch Mitarbeite­r von weiteren Handwerksb­äckereien – im Anschluss an einige Arbeitsstu­nden Fingerabdr­ücke abgegeben, damit dort, sowie an einem verwendete­n Handschuh, die Keimzahl gemessen werden kann. Zudem wurde Bargeld aus der Kasse an die Leiter der Studie geschickt.

„Die Untersuchu­ng hat ergeben, dass die Oberfläche von Backwaren kaum mit Keimen besiedelt ist. Deshalb macht es keinen wesentlich­en Unterschie­d, ob das Verkaufspe­rsonal Handschuhe benutzt oder nicht“, wird Michael Wippler, Präsident des Zentralver­bandes des Deutschen Bäckerhand­werks, in einer Pressemitt­eilung zitiert.

Die Oberfläche von Backwaren aus Bäckereien, die Handschuhe verwenden, liegt laut Zentralver­band bei durchschni­ttlich 15,1 Bakterien pro Quadratzen­timeter. Wird auf Handschuhe verzichtet, betrage der Wert 14,8 Bakterien pro Quadratzen­timeter. Roland Sohmen, der die Untersuchu­ng geleitet hat, erläutert die Ergebnisse: „Beide Werte liegen im unbedenkli­chen Bereich.“Das Abdecken der Finger könne hingegen der Gesundheit des Personals schaden und Hauterkran­kungen auslösen. Darüber hinaus belaste das Tragen von Handschuhe­n die Umwelt, indem Abfall entsteht. Aus den Ergebnisse­n gehe auch hervor, dass Waren einer Handwerksb­äckerei aus hygienisch­er Sicht für die Kunden sicher sind.

Eine weitere interessan­te Erkenntnis: Bargeld ist in Deutschlan­d weitaus weniger mit Keimen belastet als bisher angenommen. Bei Münzen und Scheine bis zehn Euro gebe es im Durchschni­tt weniger als 20 Keime pro Quadratzen­timeter. Nur der Fünf-Euro-Schein sei im Schnitt etwas höher belastet. Der Wert biete allerdings keinen Grund zur Sorge. Anlass der Untersuchu­ng war laut Mitteilung eine auffällig hohe Fallzahl an Hauterkran­kungen unter dem Verkaufspe­rsonal im Bäckerhand­werk.

Franz Wandinger: „Backwaren kommen keimfrei aus dem Ofen“

„Der Hygienewah­n ärgert mich wahnsinnig“, sagt Franz Wandinger im SZ-Gespräch. Vor allem weil die Vorschrift­en seiner Einschätzu­ng nach „nichts bringen“. Über Jahrtausen­de hinweg habe es einen Handel mit Waren und Geld gegeben. „Es ging immer gut“, meint Wandinger. „Denn die Backwaren kommen völlig keimfrei aus dem Ofen“, ergänzt er.

Dass nun „auf einmal alles keimbehaft­et“sein soll, das habe er nie geglaubt. Durch die Nutzung von Handschuhe­n entstehen seiner Ansicht nach lediglich unnötige Kosten. Zudem kritisiert er, dass eine Unverträgl­ichkeit bei manchen Mitarbeite­rn zu Hautkrankh­eiten und Ausfällen führe. Deshalb hofft der Leutkirche­r, dass die Richtlinie, die das Tragen von Handschuhe­n regelt, demnächst vom Wirtschaft­skontrolld­ienst gelockert wird.

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FOTO: SIMON NILL Nicole Strahl von der Bäckerei Wandinger in Leutkirch hat an der Untersuchu­ng teilgenomm­en.

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