Handschuhe bieten keinen Vorteil
Leutkircher Bäckerei an Untersuchung beteiligt – Backwaren kaum mit Keimen behaftet
LEUTKIRCH - Ist die Benutzung von Handschuhen beim Verkauf von Backwaren aus hygienischer Sicht sinnvoll? Dieser Frage ist die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) nachgegangen. Ergebnis: Das Tragen von Handschuhen bringt keinen Vorteil.
Diese Erkenntnis lieferte eine Untersuchung, die in 44 Handwerksbäckereien in Deutschland durchgeführt wurde. Mit dabei: der Betrieb des Leutkirchers Franz Wandinger, der auch Obermeister der Bäcker-Innung Ravensburg ist. Für ihn kommt das Ergebnis nicht überraschend, sagt er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Bereits seit einigen Jahren wird in der Branche dazu aufgefordert, Backwaren aus hygienischen Gründen mit Handschuhen anzufassen.
Für die Studie hat eine Verkäuferin der Bäckerei Wandinger – wie auch Mitarbeiter von weiteren Handwerksbäckereien – im Anschluss an einige Arbeitsstunden Fingerabdrücke abgegeben, damit dort, sowie an einem verwendeten Handschuh, die Keimzahl gemessen werden kann. Zudem wurde Bargeld aus der Kasse an die Leiter der Studie geschickt.
„Die Untersuchung hat ergeben, dass die Oberfläche von Backwaren kaum mit Keimen besiedelt ist. Deshalb macht es keinen wesentlichen Unterschied, ob das Verkaufspersonal Handschuhe benutzt oder nicht“, wird Michael Wippler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, in einer Pressemitteilung zitiert.
Die Oberfläche von Backwaren aus Bäckereien, die Handschuhe verwenden, liegt laut Zentralverband bei durchschnittlich 15,1 Bakterien pro Quadratzentimeter. Wird auf Handschuhe verzichtet, betrage der Wert 14,8 Bakterien pro Quadratzentimeter. Roland Sohmen, der die Untersuchung geleitet hat, erläutert die Ergebnisse: „Beide Werte liegen im unbedenklichen Bereich.“Das Abdecken der Finger könne hingegen der Gesundheit des Personals schaden und Hauterkrankungen auslösen. Darüber hinaus belaste das Tragen von Handschuhen die Umwelt, indem Abfall entsteht. Aus den Ergebnissen gehe auch hervor, dass Waren einer Handwerksbäckerei aus hygienischer Sicht für die Kunden sicher sind.
Eine weitere interessante Erkenntnis: Bargeld ist in Deutschland weitaus weniger mit Keimen belastet als bisher angenommen. Bei Münzen und Scheine bis zehn Euro gebe es im Durchschnitt weniger als 20 Keime pro Quadratzentimeter. Nur der Fünf-Euro-Schein sei im Schnitt etwas höher belastet. Der Wert biete allerdings keinen Grund zur Sorge. Anlass der Untersuchung war laut Mitteilung eine auffällig hohe Fallzahl an Hauterkrankungen unter dem Verkaufspersonal im Bäckerhandwerk.
Franz Wandinger: „Backwaren kommen keimfrei aus dem Ofen“
„Der Hygienewahn ärgert mich wahnsinnig“, sagt Franz Wandinger im SZ-Gespräch. Vor allem weil die Vorschriften seiner Einschätzung nach „nichts bringen“. Über Jahrtausende hinweg habe es einen Handel mit Waren und Geld gegeben. „Es ging immer gut“, meint Wandinger. „Denn die Backwaren kommen völlig keimfrei aus dem Ofen“, ergänzt er.
Dass nun „auf einmal alles keimbehaftet“sein soll, das habe er nie geglaubt. Durch die Nutzung von Handschuhen entstehen seiner Ansicht nach lediglich unnötige Kosten. Zudem kritisiert er, dass eine Unverträglichkeit bei manchen Mitarbeitern zu Hautkrankheiten und Ausfällen führe. Deshalb hofft der Leutkircher, dass die Richtlinie, die das Tragen von Handschuhen regelt, demnächst vom Wirtschaftskontrolldienst gelockert wird.