„Wir sind vom gleichen Schlag“
Windkraft-Pionier Werner Vogt zum Einstieg der Freien Energiegenossenschaft Isny
ISNY - Bürgern zu ermöglichen, die Energiewende mitzugestalten, ist die Grundidee der „Freien Energiegenossenschaft Isny (FEGI)“. Sie erweitert nun wie berichtet ihr Engagement in der regenerativen Energiegewinnung um Windkraft mit einem Einstieg in den Bürgerwindpark „Höhenwind 8“im Hunsrück. Dessen Geschäftsführer Werner Vogt kommt am 24. Januar nach Isny, um ausführlich über seine Vorreiterrolle in Sachen alternative Energie und die seiner Partner zu berichten. SZ-Mitarbeiterin Tanja Kulmus erreichte Vogt während einer Fahrt in seinem Elektroauto. Im Interview gibt er Auskunft über „Höhenwind 8“.
Werner Vogt, die „Höhenwind 8 GmbH & Co. KG“bezeichnet sich als „Pioniere der Windkraft“. Was steckt dahinter?
Dazu muss man ein wenig über die Historie des Hunsrück wissen. Kurz erzählt war unser Antrieb, Alternativen zu den herkömmlichen Energiegewinnungen zu finden und Ressourcen wie Windkraft zu nutzen. Windräder gab es damals noch keine, und ziemlich idealistisch und naiv sind wir an die Sache rangegangen. Als die Zuschüsse, mit denen wir gerechnet hatten, wegfielen, fehlte uns eine halbe Million D-Mark zum Bau eines Windrades. Als gelernter Direktvertriebler bin ich dann mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung und einem Windradmodell in der Hand von Dorf zu Dorf gegangen und habe „Wind gepredigt“. Die Leute sollten ihr Geld in Wind stecken. Das hat so gut funktioniert, dass wir aufgrund der hohen Nachfrage sogar drei Windräder bauen mussten. So klein wie wir sind – wir haben immer die Nase vorn.
Wir waren die ersten im Hunsrück, die „Repowering“betrieben, das heißt, alte Anlagen ab- und neue aufgebaut haben, und wir sind einer der ältesten Bürgerwindparks (BWPs) bundesweit.
Was unterscheidet Ihren BWP von anderen in Deutschland?
Unsere Renditen, unser Ausschuss, war bisher immer höher als die Prognosen. Wir sind wie eine große Familie – die „Höhenwind-Familie“. Ich kenne jeden der 330 Kommanditisten persönlich.
Was war die größte Herausforderung bei der Entwicklung des ersten BWPs?
Kommanditisten zu finden, die ihr „Geld in den Wind setzen“. Das ist heute kein Problem mehr.
Sie finanzieren Ihre Windparks über Bürgerbeteiligungen. Kommen die hauptsächlich aus Ihrer Region oder ganz Deutschland?
Die Bürger kommen zu zwei Dritteln aus der Region.
Welche Vorteile habe ich als Bürger, wenn ich in Windkraft investiere? Wie sieht so eine Beteiligung genau aus? Welche Rendite warf der Windpark Höhenwind im Durchschnitt seit 1994 ab?
Wir haben drei Vorteile: die ökologische – man gestaltet die Energiewende aktiv mit; die lebensphilosophische – bei schlechtem Wetter, wenn die Stimmung oft schlecht ist bei den Menschen, freuen sich diejenigen, die in Wind investiert haben und bekommen gute Laune. Wenn es stürmt und windet, weiß der Beteiligte, dass genau jetzt seine Anlage viel Strom produziert. Und die wirtschaftliche seit 1994 haben wir eine Rendite von durchschnittlich fünf bis acht Prozent. Die Beteiligten sind Kommanditisten einer GmbH & Co. KG. Das heißt, ihnen gehört die Anlage von A bis Z.
Windräder stehen oft in der Kritik, viele sagen: „Alternative Energien ja – aber nicht vor meiner Haustüre.“Welche Erfahrungen haben Sie gemacht, sehen Sie Möglichkeiten, dies zu ändern?
Ganz klar durch BWPs. Wenn die Leute sehen, dass ihr Geld gut investiert ist, ist das einfacher – aus Betroffenen Beteiligte machen. Der eigene Hund kläfft ja auch nicht, er bellt nur.
Wie groß ist die Höhenwind-Familie und wie viel Strom erzeugt sie?
Wir haben 16 Anlagen mit insgesamt 330 Windrädern.
Die FEGI hat sich finanziell an der Höhenwind 8 beteiligt. Wie viel Strom erzeugen diese drei Windkrafträder?
Geplant sind 17,8 bis 18 Mio Kilowattstunden pro Jahr. Damit können etwa 5000 Haushalte beliefert werden.
Wie ist die Windkraft im Energiemix bezüglich der CO
zu bewerten?
Wir im Hunsrück sind jetzt der erste Binnenlandkreis, der CO2-neutral ist. Der geringste CO2-Ausstoß – im Vergleich zu anderen Energieträgern wie Atomkraft und Kohle – entsteht bei Windkraftanlagen.
Die eingesetzte Technik – Turm, Turbine, Gondel, Wartung, Wartungsvertrag: Was können Sie über „Höhenwind 8“sagen?
Der Turm einer Anlage wiegt 2000 Tonnen, ein Rotorblatt 26 Tonnen. Wir haben einen Vollwartungsvertrag, der über 20 Jahre läuft. Die Wartungsfirmen stehen 24 Stunden bereit und sind 15 Kilometer von der Anlage weg. Wir garantieren eine 97-prozentige Verfügbarkeit, und sollte es darunter fallen, gibt es einen Ausgleich.
Die Beteiligungsnachfrage war sehr groß. Weshalb haben Sie die langwierigen und zeitaufwändigen Verhandlungen mit der FEGI auf sich genommen, wenn die BWPs am Markt so beliebt sind?
Dazu muss man wissen, dass wir unsere Beteiligten persönlich aussuchen. Wir sind ein sehr familiärer Verbund, und die Leute, die bei uns investieren, sollten das nicht ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen tun. Wir möchten, dass der Antrieb die Mitgestaltung der Energiewende ist. Die FEGI ist ein Vorreiter wie wir. Sie bewegt im Allgäu Einiges und gestaltet aktiv mit. Das hat uns sehr gut gefallen. Franz Biesinger war zudem sehr hartnäckig. Wir beide sind vom gleichen Schlag und möchten etwas bewegen. Es hat sich eine Partnerschaft gebildet und wir sind richtig froh, dass wir den Menschen das anbieten dürfen.
So wie es Prognosen zur Klimaerwärmung gibt, gibt es sie auch für Wind? Eine „Windprognose“für die nächsten Jahre?
So etwas gibt es nicht wirklich. Man kann sagen, dass es eher mehr nasse Winter und trockene Sommer geben wird. Wir machen grundsätzlich immer zwei Windgutachten und eine Ertragsprognose, bevor wir eine Anlage bauen.
Sie engagieren sich neben der Windkraft für weitere UmweltProjekte, vergangenen Mai haben Sie auf einer 850 Kilometer langen Radtour beispielsweise Spenden für den Erhalt des Regenwalds gesammelt. Ist dies ein zusätzliches Engagement der Höhenwind-Gesellschaft?
Das machen wir zusätzlich.