Streit im Gemeinderat Amtzell
Die Räte diskutieren über eine anonyme Annonce in der Zeitung.
AMTZELL - Interessengemeinschaft sucht Bürgermeisterkandidaten: Diese Worte haben im Gemeinderat Amtzell für Streit gesorgt. Ende Januar hatte eine anonyme Interessengemeinschaft mit einer Annonce in der „Schwäbischen Zeitung“, Ausgabe Ravensburg, um Bewerbungen für die im Herbst anstehende Bürgermeisterwahl in Amtzell gebeten. Gesucht werde ein Fachmann oder eine Fachfrau, der oder die „die vielen Projekte in Warteschleife zum Ziel führt“heißt es im Anzeigentext (siehe Bild). In der Gemeinderatssitzung am Montagabend äußerten sich beinahe alle Gemeinderäte zu dieser Annonce und betonten ihre Zufriedenheit mit der Arbeit der Gemeindeverwaltung. Die Diskussion eskalierte in einem verbalen Schlagabtausch zwischen Bürgermeister Clemens Moll und Gemeinderätin Adelinde Wanner.
Die Anzeige zur Suche eines Bürgermeisterkandidaten schade dem Ansehen der Gemeinde Amtzell, sagte Gemeinderat Hans Roman (CDU): „Diese anonyme Interessengemeinschaft sollte sich schämen, vor allem angesichts der privilegierten Lage unserer Gemeinde.“Die Gemeinderäte Robert Zettler (CDU) und Lothar Heine (BAP) stimmten zu. „Es ist schade, dass Einzelpersonen so einen Schaden anrichten können – an der Gemeinde und an Privatpersonen“, ergänzte Heine.
Auch Klaus Schmehl (BAP) sprach sich als Vorsitzender des MSC Amtzell für Moll aus: „Der Verein steht hinter Ihnen.“Otto Allmendinger (UL) ergänzte: „Das Vorgehen mit der Anzeige ist verwerflich: Ein Versuch, Zwietracht in der Gemeinde zu säen.“Arno Leisen (SPD) störte sich vor allem an der Anonymität der Anzeige.
Er wolle sich nicht viel zur Anzeige äußern, reagierte Bürgermeister Moll auf die Diskussion. „Es ist normal, dass man als Person der Öffentlichkeit Kritik ausgesetzt ist. Es freut mich, dass mir der Gemeinderat sein Vertrauen ausspricht.“Im Herbst würden die Wähler dann entscheiden, wie zufrieden sie mit der Arbeit der Gemeindeverwaltung sind. Zur Erinnerung: Im Januar hatte Moll angekündigt, sich für eine zweite Amtszeit bewerben zu wollen.
Nachbesetzung war Thema
Es sei anzunehmen, dass gerade diejenigen, die die Anzeige geschaltet haben, die Ziele der Gemeinde blockieren, sagte Hans Roman: „Die Mehrzahl der Amtzeller hat das durchschaut.“Daraufhin wandte sich Adelinde Wanner (SPD) direkt an ihren Ratskollegen: „Du gehst davon aus, dass die Annonce etwas mit Karl Wanner zu tun hat. Ich weiß aber nicht, wer sie geschaltet hat.“
Auf den Einwurf von Gemeinderat Allmendinger, wie sie die Anzeige finde, antwortete Wanner: „Das ist Demokratie. In Argenbühl waren es fünf Kandidaten, das sagt nichts über die Wertung der Arbeit des Bürgermeisters aus.“Sie versuche ihre Arbeit im Gemeinderat in neutraler Form zu machen und werde selbst oft persönlich angegriffen. Im Ort und auch von ihren Ratskollegen.
An Moll gewandt sagte sie: „Sie prangern mich in jeder öffentlichen Rede an.“Niemand attackiere sie, antwortete Moll. Er habe ihre außergewöhnliche Nachbesetzung im Gemeinderat in einer Ansprache erwähnt, „weil wir noch nie die Situation hatten, dass jemand den Gemeinderat verklagt.“
Rückblick: Adelinde Wanner hatte im Frühjahr 2017 über das Verwaltungsgericht Sigmaringen einen „Antrag auf einstweilige Anordnung“gestellt. Im April 2017 rückte sie als Nachfolgerin von Gemeinderat Pierre Barcons in den Gemeinderat nach, nachdem der erste Kandidat auf der Nachrücker-Liste, Klaus Wanner, und der zweite Nachrücker, Oliver Verdeil, beide aus beruflichen Gründen ihr Mandat ablehnten. Klaus Wanner musste daraufhin ein Ordnungsgeld über 300 Euro zahlen, da für seine Ablehnung laut Gemeindeverwaltung
„kein wichtiger Grund im Sinne der Gemeindeordnung“vorlag.
So könne sie nicht weiterarbeiten sagte Wanner am Montagabend und wollte die Sitzung verlassen. Bürgermeister Moll wies sie daraufhin, dass für alle Gemeinderäte bis zum Schluss der Sitzung Anwesenheitspflicht bestünde. Kurz vor dem Ende der öffentlichen Sitzung verließ Wanner dennoch den Saal. Das habe aber keine Konsequenzen, antwortete Bürgermeister Moll auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“.