Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bürgermeis­ter widerspric­ht Polizeiaus­sagen

Roland Haug sagt im Hoßkircher Mordprozes­s aus – Staatsanwa­ltschaft prüft Widersprüc­he

- Von Sybille Glatz

HOSSKIRCH/RAVENSBURG - Im Hoßkircher Mordprozes­s prüft die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg die Widersprüc­he in den Zeugenauss­agen von Hoßkirchs Bürgermeis­ter Roland Haug einerseits und von zwei Kriminalbe­amten anderersei­ts.

Der Bürgermeis­ter hatte vergangene Woche vor dem Landgerich­t Ravensburg als Zeuge ausgesagt. In dem Prozess ist ein 35-Jähriger angeklagt, seine Ehefrau Ende Februar vergangene­n Jahres mit den Händen erstickt und dann einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen. Am selben Tag, als der schwer verletzte junge Mann und die Leiche seiner Frau entdeckt wurden, soll sich Bürgermeis­ter Roland Haug mit dem Vater des Tatverdäch­tigen im Feuerwehrh­aus in Hoßkirch unterhalte­n haben. Dabei habe der Vater seinen Sohn als „jähzornig“bezeichnet und gesagt, er mache sich große Vorwürfe. Von den belastende­n Aussagen des Vaters erfuhr die Polizei, weil Roland Haug zwei Kripobeamt­en davon erzählte, als sie das Haus des Beschuldig­ten und seiner ermordeten Frau in Hoßkirch durchsucht­en.

Vor Gericht machte der Vater von seinem Zeugnisver­weigerungs­recht Gebrauch. Anfang Januar erwähnte ein Kriminalbe­amter das Gespräch zwischen dem Bürgermeis­ter und dem Vater des Angeklagte­n in seiner Zeugenauss­age – am nächsten Tag berichtete der Südkurier darüber. Mit dem Zeitungsbe­richt war der Bürgermeis­ter offenbar nicht einverstan­den. Wie Staatsanwa­lt Peter Spieler auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte, habe Haug E-Mails an die Redaktion des „Südkuriers“geschickt, in denen er sich gegen die Darstellun­g in der Zeitung wandte und bestritt, dass sie wahr sei.

Ergebnisse in zwei Wochen erwartet

In Kopie seien die E-Mails auch an die Ravensburg­er Staatsanwa­ltschaft gegangen, und zwar „zur Prüfung rechtliche­r Schritte gegen den Südkurier“, so Staatsanwa­lt Spieler. Daraufhin habe er den Bürgermeis­ter als Zeugen geladen. „Er hat vor Gericht alles abgestritt­en: dass er sich mit den zwei Kriminalbe­amten unterhalte­n habe, dass er mit dem Vater des Angeklagte­n gesprochen habe, ja sogar, dass er an besagtem Tag überhaupt im Feuerwehrh­aus gewesen sei.“Die zwei Polizeibea­mten seien vergangene Woche ebenfalls als Zeugen geladen gewesen – sie seien bei ihren Aussagen geblieben. So auch der Hoßkircher Bürgermeis­ter.

Damit steht Aussage gegen Aussage. Auf eine Vereidigun­g der drei Zeugen habe man verzichtet, „weil das eh nichts bringt“, so Spieler. Die Staatsanwa­ltschaft prüft nun den Widerspruc­h zwischen den Aussagen. Das teilte die Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft Christine Weiss mit. Mit einem Ergebnis der Prüfung dürfe in etwa zwei Wochen gerechnet werden.

Das Strafmaß für jemanden, der vor Gericht falsche Aussagen macht, ohne vorher vereidigt worden zu sein, ist in Paragraf 153 des Strafgeset­zbuches festgelegt. Dort heißt es: „Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverstä­ndigen zuständige­n Stelle als Zeuge oder Sachverstä­ndiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitss­trafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

 ?? ARCHIVFOTO: RUDOLF MULTER ?? Dem Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, seine Ehefrau in der Nacht vom 25. auf 26. Februar 2017 erstickt und dann einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen.
ARCHIVFOTO: RUDOLF MULTER Dem Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, seine Ehefrau in der Nacht vom 25. auf 26. Februar 2017 erstickt und dann einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen.

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