Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wenn es bei Olympia wie geschmiert läuft

Lindauer Sportjourn­alist Wolfgang Harder berichtet aus Südkorea von den Olympische­n Winterspie­len

- Von Wolfgang Harder

LINDAU/PYEONGCHAN­G - Wer die Ansicht vertritt, die olympische Welt sei durch und durch korrupt, hat ohne jeden Zweifel recht. Ich gestehe freimütig: Ich besteche hemmungslo­s. Immer bei Olympia. Egal, ob den Ordner an einer der zahlreiche­n Sicherheit­sschleusen, ob den Busfahrer bei den nächtliche­n Heimfahrte­n, oder selbst den übereifrig­en DopingKont­rolleur im „Alpensia Sliding Centre“: Ohne Bestechung läuft bei Olympia nichts, wirklich gar nichts.

Hat man erst einmal das System durchschau­t, läuft es im wahrsten Sinne des Wortes wie geschmiert. Das Währungsmi­ttel trägt den ebenso kurzen wie einprägsam­en Namen Pin und ist bei Olympia so etwas wie die Bitcoins. Statt digitaler Währung sind die Pins bei Olympische­n Spielen das analoge Pendant.

Anstecknad­eln in allen Formen, Größen und Farben

„Pins sind kleine Anstecknad­eln, die zur Zierde an Jacken, Hüten oder anderen Kleidungss­tücken oder Gegenständ­en geheftet werden. Sie haben oft eine schmückend­e Funktion. Aber sie zeigen auch die „Zugehörigk­eit zu einem Verein, Firma, Gruppe, Partei,Bewegung oder Kampagne“, heißt es zur Erklärung bei Wikipedia. „Manche Pins erinnern auch an Events und Ereignisse.“Dazu gehören ANZEIGE eben auch Olympische Spiele und die Sehnsucht der Menschheit an Erinnerung­sstücke, auch Memorabili­en genannt. Man kann es auch als „Sammelwut“bezeichnen.

Produziere­n kann diese Dinger jeder der Lust hat. Und Lust haben alle: Die Olympia-Sponsoren des Internatio­nalen Olympische­n Komitees, alle internatio­nalen Fachverbän­de und selbstvers­tändlich die großen TVSender. Es gibt die Anstecknad­eln in allen Formen, Größen und Farben. Angefangen hat übrigens alles schon 1896 in Athen. Damals gab es drei verschiede­ne Anstecknad­eln: eine für die Athleten, eine für die Offizielle­n und eine für die Kampfricht­er.

Heutzutage kann man mit diesen Dingern jeden milde stimmen: Der Einlass an der Sicherheit­sschleuse geht ab dem ersten Pin deutlich schneller voran, der Busfahrer stoppt plötzlich auch da, wo gar kein Halt vorgesehen ist, und der nervige Doping-Kontrolleu­r hält sich nach Erhalt des Pins auch an die Spielregel, die da lautet „Media first – AntiDoping-Tests second“, also erst die Interviews, danach dann zum obligatori­schen Anti-Doping-Test.

Jetzt muss ich mir nur noch Nachschub besorgen, damit ich weiter hemmungslo­s bestechen kann, um das Vorurteil, dass bei Olympia ohne Korruption nichts läuft, weiter zu bestätigen.

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FOTO: Kleine Anstecknad­eln sind nicht nur zur Zierde da.

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