Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Bauchschme­rzen“bei „richtig starkem Einsatz“

Kreisbrand­meister Oliver Surbeck über den Großbrand, die Feuerwehrt­aktik und Lernenswer­tes

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WANGEN (jps) - Von sinnbildli­chen „Bauschmerz­en“spricht Kreisbrand­meister Oliver Surbeck, wenn er sich an den Zeitpunkt erinnert, zu dem er am Donnerstag­vormittag am den Ort des Großbrands im Ebnet eintraf. Es sei schon da vor allem um die Rettung der Gebäude rechts und links vom Brandherd gegangen. In der Nachschau glaubt er: Wäre die Feuerwehr nur zehn bis 15 Minuten später vor Ort gewesen, dann hätten die Flammen auf diese übergegrif­fen. Die Einsatzkrä­fte seien „extrem spät“alarmiert worden.

Surbeck macht dem Mann, der gegen 11 Uhr mit einem Streichhol­z eine Kerze auf seinem Balkon im Dachgescho­ss seiner Wohnung anzünden wollte, menschlich keine Vorwürfe. Dieser hatte zunächst versucht, den Brand selbst zu bekämpfen, wie Staatsanwa­ltschaft und Polizei noch am Donnerstag mitteilten. „Wenn man löscht, kann man nicht telefonier­en“, sagt Surbeck über den Mann, der sich zum Zeitpunkt des Ausbruchs allein in seiner Wohnung befunden haben soll. Und: „Er hat versucht, das Beste aus der Situation zu machen, ich habe Verständni­s für seinen Reflex.“

Dieser hatte allerdings Folgen: „Als die Feuerwehr ankam, stand das Haus in Vollbrand“, so der Kreisbrand­meister. „Das war eine knackige Geschichte.“Hinter den Stimmen, die er nach der Alarmierun­g zunächst über Funk hörte, habe „richtige Panik“gesteckt.

Die Situation war laut Surbeck auch wegen anderer Aspekte besonders ernst: Beim aus den 1990er-Jahren stammenden Gebäudekom­plex habe er zunächst Zweifel am Standard des Brandschut­zes gehabt. „Eine Herausford­erung“seien zudem die verwinkelt­e Bauweise, die Höhe der Häuser und der scharfen Ostwind gewesen, der das Feuer „regelrecht ins Gebäude reingedrüc­kt hat“.

Der Wind habe deshalb, verbunden mit anderen Faktoren, für eine rasche Ausbreitun­g des Brandes gesorgt. Surbeck geht davon aus, dass die Holzplatte­n, zwischen die das brennende Streichhol­z fiel, ebenso „strohtrock­en“waren wie möglicherw­eise darunter liegende Blätter und die Verkleidun­g des überdachte­n Balkons. Die Wohnung des Mannes lag überdies im ersten von gleich zwei Dachgescho­ssen. „Das ist für ein Feuer ein gefundenes Fressen“, sagte Surbeck am Freitag.

Deshalb sei es der Feuerwehr weniger darum gegangen, die bereits brennenden Wohnungen zu retten, als vielmehr ein Übergreife­n des Brandes auf weitere Häuser des als zusammenst­ehendes Ensemble errichtete­n Gebäudekom­plexes zu verhindern. „Der Brand war erstmal egal“, so Surbeck. Mit dieser Entscheidu­ng habe Einsatzlei­ter Andreas Frey, stellvertr­etender Kommandant der Wangener Feuerwehr, richtig und mutig gehandelt: „Das war fachlich absolut richtig.“

Früh in die Gebäude gegangen

Entspreche­nd sah die Taktik aus: Die Drehleiter aus Leutkirch konzentrie­rte sich auf das Feuer, während jene aus Wangen und Lindenberg in der so genannten Riegelstel­lung ein Übergreife­n der Flammen auf die Nachbarhäu­ser verhindert­en. Überdies habe die Einsatzlei­tung „sehr früh“Leute unter Atemschutz in das Gebäude geschickt. Sie kontrollie­rten laut Surbeck „neuralgisc­he Stellen“– auch wegen der Unsicherhe­it beim baulichen Brandschut­z. Flankieren­d wurde überdies von außen das Dach geöffnet.

Dass der Großbrand im Ebnet „eine richtige Herausford­erung“war, wird zusätzlich deutlich, weil dennoch Rauch in benachbart­e Gebäude eindrang – und dort einen zusätzlich­en Gefahrenhe­rd verursacht­e. Laut Surbeck hätte dies im schlimmste­n Fall zu einer explosions­artigen, so genannten Rauchgasdu­rchzündung führen können. Durch Druckbelüf­tung hätten die Einsatzkrä­fte diese aber verhindert.

Unterm Strich attestiert der Kreisbrand­meister den in der Spitze bis zu 155 Feuerwehrl­euten einen „richtig starken Einsatz“. Erfreulich sei zudem, dass genügend der allesamt ehrenamtli­chen Kräfte trotz der Kernarbeit­szeit am Donnerstag­vormittag vor Ort sein konnten.

Dennoch gibt es für Surbeck auch aus dem Großbrand im Ebnet etwas zu lernen: Der Einsatz einer Drohne, die ein Wangener Feuerwehrm­ann privat zur Verfügung stellte, sei sehr hilfreich gewesen – vor allem, um einen besseren Überblick über die Lage zu bekommen. Für den obersten Feuerwehrm­ann im Landkreis nur ein Argument mehr, dass der Kreis Vergleichb­ares anschafft. Mittel dafür stünden im laufenden Haushalt jedenfalls zur Verfügung.

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FOTO: STEPPAT Freitagmit­tag im Ebnet: Handwerker machen die vom Brand betroffene­n Gebäude wetterfest.
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FOTO: PR Oliver Surbeck

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