Genossen aus der Region sind beim Thema „GroKo“gespalten
Meinungsbild bei den SPD-Ortsvereinen Wangen und Kißlegg ist bei Abstimmung zur großen Koalition geteilt
WANGEN/REGION - Die Frage, ob die SPD erneut in eine große Koalition gehen soll, ist in der Partei umstritten. Auch in den Ortsvereinern Wangen und Kißlegg-Bad Wurzach ist das Stimmungsbild geteilt.
Mehr als 463 000 SPD-Mitglieder können noch bis zum heutigen Freitag, 2. März, über den mit der CDU/ CSU ausgehandelten Koalitionsvertrag abstimmen. Das Ergebnis soll am Wochenende vorliegen — und damit die Entscheidung, ob es zu einer großen Koalition kommt oder nicht. Seinen Stimmzettel längst abgeschickt hat – und zwar mit einem „Ja“zur „GroKo“. „Es geht um das Land, wir brauchen jetzt rasch wieder eine Regierung“, sagt der Vorsitzende der Wangener SPD. Und: „Für ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl hat die SPD bei den Koalitionsverhandlungen viel rausgeholt, und in einer großen Koalition kann man auch gestalten und die Partei erneuern. Wir müssen uns neu aufstellen, sonst kriegen wir Probleme.“
Diesen Erneuerungsprozess traut er der designierten Vorsitzenden Andrea Nahles zwar durchaus zu, auch „wenn sie mir etwas zu links ist“. „Lieber wäre mir da Sigmar Gabriel“, so Maksuti. Der hat bei den Mitgliederzahlen des Wangener Ortsvereins in den vergangenen Wochen einen Zuwachs von rund zehn Prozent auf jetzt gut 80 Genossen festgestellt. Bei der Mitgliederbefragung erwartet der Wangener SPDChef eine knappe Mehrheit für die „GroKo“. „Nach meinem Eindruck gibt es eine knappe Mehrheit auch in unserem Ortsverein“, sagt Albert Maksuti. „Wenngleich das Stimmungsbild geteilt ist.“
Stellvertretend für die Gegenmeinung steht Maksutis Stellvertreter
Er hat sich die knapp 180 Seiten des Koalitionsvertrags durchgelesen und kommt zu dem Schluss: „Da ist viel vom Wollen die Rede, und keine Verbindlichkeit. Das ist mir zu wenig und deshalb habe ich mit Nein gestimmt.“Als Beispiele nennt er die Digitalisierung, die trotz vormaliger Ankündigung nicht umgesetzt worden sei,
Albert Maksuti Jörg Alexander.
und das Problem des Pflegenotstands, das nicht angegangen werde und die Schieflage des sozialen Systems dokumentiere. „Eine GroKo bedeutet für mich Stillstand“, sagt Alexander. Und: „Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass eine Erneuerung der SPD wahrscheinlich besser funktioniert, wenn man nicht regiert.“Erneuerung könne zudem nur klappen, wenn man zurück zu den Wurzeln, zur Basis gehe, also „zu den Menschen, die uns wählen“. „Ein Nein zur GroKo wäre ein Denkzettel, dass man sich wieder besinnt auf den Markenkern der Partei“, sagt Jörg Alexander, für den vor allem im sozialen Bereich „die Konzepte zu kurz gegriffen“sind.
Grundsätzliche Zustimmung findet Alexander bei Der Vorsitzende des Ortsvereins Kißlegg-Bad Wurzach hält vom ausgehandelten Koalitionsvertrag „gar nichts“und hat auch deshalb beim Mitgliedervotum sein Kreuz im „Nein“-Feld gemacht. „Die SPD hat bei mir, und ich denke auch bei vielen anderen Menschen, viel Glaubwürdigkeit verloren. Zuerst hieß es, wir gehen in die Opposition, dann wollte man unbedingt in die Regierung rein“, so ein enttäuschter Prieß. In einer „Groko“gehe die SPD unter. Auch vom geplanten Personalwechsel hält der Bad Wurzacher wenig. „Das ist nur Hin- und Hergeschiebe von altem Personal, nicht die von Vielen, auch von mir, erhoffte Erneuerung der Partei.“Das Stimmungsbild in Sachen „GroKo“schätzt Prieß in seinem Ortsverein mit 50:50 ein.
Für die andere Seite steht Prieß’ Stellvertreter Er hat bei der Mitgliederbefragung für eine große Koalition gestimmt: „In einer GroKo besteht für die Partei eher die Möglichkeit, das eigene Profil zu schärfen, als beispielsweise bei einer Minderheitsregierung.“Die SPD sei jetzt aber in der Pflicht, etwas zu tun und die ausgehandelten Dinge umzusetzen. „Jetzt ist die Chance da, uns zu erneuern, jetzt stehen auch neue Gesichter vorne“, sagt Flechner, der sich mit seiner Meinung nicht alleine sieht: „Die Kißlegger im Ortsverein sind für die Groko.“
Jens Prieß. Ulrich Flechner.