Sterbebegleitung mit Begeisterung
Hospizgruppe Kißlegg leistete 5758 ehrenamtliche Stunden für 65 kranke Menschen
KISSLEGG - Dass Sterbebegleitung Freude machen kann, dafür standen Matthias Dörrer, Vorsitzender der Hospizgruppe Kißlegg, und seine Frau Doris, Koordinatorin des vor siebeneinhalb Jahren gegründeten Vereins, bei der Mitgliederversammlung am Mittwochabend eindeutig Pate. Mit einem Überschuss in Höhe von knapp 26 000 Euro konnte der Verein auch finanziell ein gutes Jahr verzeichnen. Zum Nachdenken regte der kurzfristig für die erkrankte Schwester und Referentin Gudrun Härle eingesprungene Edgar Rohmert die Mitglieder an. Er sprach auch über die Kehrseite der Patientenverfügung.
223 Mitglieder, eine Vielzahl an Aus- und Fortbildungen, Tagungen und Austausch mit verschiedenen Verbänden und Nachbargruppen, elfmal Trauercafés und elf „Und wir leben weiter“-Angebote, Veranstaltungen für die Ehrenamtlichen der Hospizgruppe, eine neue Internetseite, ein neuer Trauerflyer und und und: Es war eine lange Liste an Aktivitäten, die der Verein im vergangenen Jahr leistete.
Vor allem den ehrenamtlichen Hospizbegleitern dankte Matthias Dörrer aus ganzem Herzen: „Dieses unschätzbare Engagement braucht Unterstützung, Anerkennung und Wertschätzung. Denn das Leben verdient bis zuletzt Respekt, Solidarität, Aufmerksamkeit und Würde.“
Wie viel Engagement hinter der Hospizgruppe Kißlegg im vergangenen Jahre steckte, legte Doris Dörrer dar. 65 schwerkranke Menschen wurden 2017 begleitet, 44 davon verstarben. 4571 Stunden wendeten die 51 ehrenamtlichen Hospizbegleiter auf, 787 Stunden die vier Fahrer. „Hospizarbeit ist kein Freizeittrip. Es ist eine Lebenseinstellung“, sagte Doris Dörrer. Und weiter: „Unsere Hospizgruppe ist deshalb so erfolgreich, weil wir von der Hospizidee begeistert sind und unsere Zuwendung und unsere Achtung vor dem Leben, unsere Liebe zu den kranken und sterbenden Menschen von diesen täglich neu hautnah erlebt werden kann.“
Keine Motivation sei ausreichend, sagte Dörrer, wenn in den Hospizbegleitern nicht das Feuer der Begeisterung brenne.
Finanziell wirtschaftete der Verein 2017 erfolgreich, wie Schatzmeisterin Karin Frey berichten konnte: 72 986 Euro Einnahmen standen 47 016 Euro an Ausgaben gegenüber. Der Kassenbestand wuchs auf 87 000 Euro an.
Zahlen ganz anderer Art hatte Referent Edgar Rohmert zur gut besuchten Mitgliederversammlung mitgebracht. Zahlen, die belegen, dass in den Niederlanden die Tötung auf Verlangen seit Legalisierung der Euthanasie im Jahr 2002 von 1200 Menschen damals auf über 6000 Menschen im Jahr und damit auf 17 bis 18 Menschen am Tag angewachsen ist: „In Belgien und Luxemburg sind die Zahlen ähnlich hoch, sodass wir in den Benelux-Ländern insgesamt über 50 Fälle täglich haben.“
Inzwischen gebe es dort laut Rohmert auch immer mehr Demenzkranke, die „Opfer der Euthanasie werden und ihr Sterben nicht gewollt haben oder hätten“. Da es nicht mehr genug Ärzte gibt, die das Töten auf Verlangen praktizieren, ließe sich in den Niederlanden nun auch eine Todespille bestellen, die dem Leben ein Ende bereite. In Belgien gelte die Euthanasie auch für Minderjährige – auch ohne die Einwilligung der Erziehungsberechtigten. Die Entwicklung in den Nachbarländern sehe er mit großer Sorge und Skepsis: „Das sind Dinge, die unter die Haut gehen und nachdenklich machen.“
Hierzulande erschrecke die Planung oder „Projektierung“, wie Rohmert es nannte: „Wir moderne Menschen wollen über alles verfügen – auch über das Sterben.“Dabei sei Sterben ein großes Geheimnis: „Wir können nicht vordiktieren, wie es zu sein hat.“In Deutschland, sagte Rohmert, seien rund 75 bis 80 Prozent für die Legalisierung der Sterbehilfe. Rohmert warnte aber ebenso davor, die Sterbebegleitung zu überfrachten: „Um ein Bild aus der Musik zu verwenden: Der Begleiter ist wie jemand, der den Sänger begleitet.“
Am Samstag, 3. März, 17 Uhr, lädt die Hospizgruppe Kißlegg zum Gedenkgottesdienst in die Kirche im Ulrichspark ein. Unter dem Titel „Wer es glaubt, wird selig. Wer nicht, auch!“liest Eduard Maas am 4. Mai, 19 Uhr, ebenfalls im Ulrichspark aus seinem Buch „Mein Engel Fritz“. Musikalisch umrahmt wird der Abend von Klaus Peter Haas und Andieh Merk. Weitere Infos gibt es unter www.hospizgruppe-kisslegg.de.