Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Jetzt links abfahren“... bloß nicht!

Navis leiten zur gesperrten B 19-Anschlusss­telle bei Stein oder über die abgerissen­e Brücke bei Burgberg

- Von Ulrich Weigel

OBERALLGÄU - Navigation­sgeräte sind nicht immer eine Hilfe. Wer sich bei der Fahrt nach Immenstadt-Stein oder Oberstaufe­n auf Ansagen seines Navis oder Routenplan­ers im Smartphone verlässt, wird sich ärgern, wenn er aus Richtung Kempten kommt: Die Vollsperru­ng der B 19Anschlus­sstelle Stein ist meist unbekannt. Ein Versäumnis der Behörden? Die Redaktion hakte nach.

Zum eingangs genannten Beispiel: Übersieht oder ignoriert ein Fahrer im Vertrauen auf seine Navigation­shilfe die Umleitungs­hinweise vor der Abfahrt Heuberg (Thanners), rollt er weiter zur gesperrten Abfahrt Stein. Doch egal, wie freundlich die einprogram­mierte NaviStimme auch ist – dem Hinweis „jetzt abfahren“sollte man nicht folgen. Denn da stehen Absperrbak­en. Nun ist ein Umweg bis zur Ausfahrt Rauhenzell angesagt. Von dort darf man sich entweder durch Immenstadt­s Zentrum quälen – oder man fährt den noch größeren Umweg auf der B 19 zwei Anschlusss­tellen weit zurück.

Das kann man als „p P“abtun: persönlich­es Pech. Doch Fehlfahrte­n produziere­n zusätzlich­en Verkehr. Und der ist gerade für Anwohner an Strecken wie der Sonthofene­r Straße in Immenstadt eine Last. Sie stöhnen schon ohne Umleitung über Lärm und Abgase. Der zusätzlich­e Verkehr trifft auch andere Fahrer: Denn jedes zusätzlich­e Auto erschwert das flüssige Vorankomme­n.

Navigation­sgeräte können nur so gut sein, wie das verwendete Kartenprog­ramm aktuell ist. Doch selbst, wenn Fahrer ihre Karten regelmäßig aktualisie­ren, bringt das nichts, wenn der Navigation­sanbieter keine aktuellen Daten bereitstel­lt. Wer Routen übers Internet online plant, muss selbst keine Karten aktuell halten. Hilft aber wenig. Die Redaktion testete verschiede­ne Angebote: Selbst Datenkrake Google ist nicht auf dem Laufenden. Ob ADAC, Falk oder eben Google: Sie alle halten die Anschlusss­telle Stein noch immer für befahrbar.

Sind Behörden nicht in der Lage, Vollsperru­ngen entspreche­nd zu melden? Widerspruc­h beim Staatliche­n Bauamt Kempten. Man melde relevante Sperrungen wie den Brückenabr­iss bei Stein zwei, drei Monate vorher an eine zentrale Datenbank, erklärt Thomas Hanrieder. Da ist dann auch hinterlegt, dass die Vollsperru­ng in Stein voraussich­tlich bis 28. Juni 2019 dauert.

Diese Datenbank speist unter anderem die für jeden zugänglich­e Website „bayerninfo.de“des Innenminis­teriums. Und dort wie auf der gleichnami­gen Handy-App ist die Anschlusss­telle-Stein auch gesperrt. Anbieter von Navigation­ssoftware könnten auf die Daten zurückgrei­fen, sagt Hanrieder. Ob und wann sie ihre Kartenprog­ramme aber wirklich aktualisie­ren, sei ein Buch mit sieben Siegeln. Dass das Defizit vieler Navis nicht an Geheimnisk­rämerei liegt, zeigt „Via Michelin“: Dieser OnlineRout­enplaner weiß beim Test, dass die Anschlusss­telle Stein dicht ist.

Standortwe­chsel: Klar, die Burgberger und Blaichache­r wissen, dass die Brücke zwischen beiden Orten gesprengt ist und der Neubau dauert. Doch wer sich als Auswärtige­r bei der Fahrt von Blaichach nach Burgberg auf sein Navi verlässt, landet bei Garmin, Google, ADAC und Co. ebenso vor einer Großbauste­lle. Die staatliche „bayerninfo.de“hilft da nicht, da sie nur die großen Straßen im Visier hat. Bei den Online-Routenplan­ern im Internet kennt es zumindest „Via Michelin“. Auch da hat es also einen Informatio­nsfluss gegeben.

Feuerwehr und Rettungsdi­enst

Was das Landratsam­t tut, erklärt der fürs Verkehrswe­sen zuständige Sachgebiet­sleiter Manfred Berktold: Man melde große Baustellen wie den Brückenabr­iss bei Blaichach einem internatio­nalen Anbieter für digitale Kartendate­n, der wiederum verschiede­ne Navigation­ssysteme, Routenführ­er und Anbieter von Internet-Karten beliefert. Die Tiefbauabt­eilung informiert das Landesamt für Vermessung, wenn sich das Straßennet­z ändert – man etwa eine Kreuzung zum Kreisel umbaut. Direkt von Sperrungen unterricht­e man beispielsw­eise die Leitstelle, damit Feuerwehr und Rettungsdi­enst Bescheid wissen, sagt Sachgebiet­sleiter Christoph Wipper.

Bei Hoteliers gingen in den wenigen Tagen seit Vollsperru­ng noch keine Gästeklage­n ein, weiß Klaus Fischer, Geschäftsf­ührer der Allgäu GmbH. Natürlich sei es ärgerlich, wenn Menschen bei der Anreise an einer gesperrten Abfahrt landen. Anderersei­ts seien die Umwege danach nicht so groß.

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FOTO: WEIGEL Ob Navigation­sgerät (oben) oder Online-Routenführ­er auf dem Handy (unten) – viele Routenhelf­er wissen noch nichts von der gesperrten Anschlusss­telle Stein.

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