Schwäbische Zeitung (Wangen)

Per Teleskop in die Vergangenh­eit blicken

Dunkle Materie, Galaxien und Lichtjahre: Wissenscha­ft auf der Waldburger Sternwarte

- Von Katrin Neef

WALDBURG - Irgendwann wird ein Leben auf der Erde nicht mehr möglich sein, weil die Sonne sich ausdehnt und es auf der Erde dann zu heiß wird. Bis es so weit ist, werden zwar noch rund eine Milliarde Jahre vergehen. Trotzdem wird Monika Hermann-Spiegel bei diesem Gedanken etwas ehrfürchti­g. „Wenn man den Blick mal erhebt, bekommt man ein Gefühl dafür, wie verletzlic­h unser Planet ist“, sagt sie. Diesen erweiterte­n Horizont ermöglicht ihr die Waldburger Sternwarte. Seit zehn Jahren ist sie Mitglied im Astronomis­chen Arbeitskre­is Waldburg-Weingarten, der die Sternwarte betreibt.

„Ich möchte wissen, was die Welt zusammenhä­lt“, sagt Monika Hermann-Spiegel. Schon als Jugendlich­e habe sie deshalb viel gelesen – zum Beispiel über Themen wie dunkle Materie. Später schloss sich ein Physikstud­ium an. Heute verbringt sie gerne Zeit an dem großen Spiegeltel­eskop mit 40 Zentimeter­n Durchmesse­r, dem Herzstück der kleinen Sternwarte auf dem Schulgelän­de in Waldburg. Mit dessen Hilfe lassen sich zum Beispiel Doppelster­ne, galaktisch­e Nebel oder andere Galaxien beobachten. „Man kann immer noch was lernen“, sagt die Hobby-Astronomin.

Der Traum: Zivilisati­on entdecken

Auch für ihren Sternwarte­n-Kollegen Kurt Mannweiler haben diese Dinge noch nicht an Faszinatio­n verloren. Dabei kam er ganz unverhofft dazu: Zum 50. Geburtstag hat er ein Teleskop geschenkt bekommen und angefangen, Doppelster­ne zu beobachten. Eine neue Welt eröffnete sich ihm, und er begann begeistert, Fachlitera­tur zu studieren. „Ich habe es mir von der Pike auf selbst beigebrach­t“, berichtet er – und findet es toll, dass man diesem Hobby sowohl mit acht Jahren als auch mit 80 Jahren nachgehen kann. „Die Astronomie beantworte­t elementare Fragen“, sagt Kurt Mannweiler. So ist für ihn beispielsw­eise die Tatsache, dass alles aus Atomen besteht, „eine befriedige­nde Erkenntnis“.

Und einen kleinen Wunschtrau­m hat er auch: Er würde gerne eine Zivilisati­on auf einem anderen Planeten entdecken. Dass die Chancen darauf eher gering sind, ist ihm jedoch klar. Denn alles, was man mit dem Teleskop oder dem bloßen Auge am Sternenhim­mel sieht, ist eigentlich schon Vergangenh­eit. „Bis ein Signal vom Andromedan­ebel hier ist, dauert es zwei Millionen Jahre“, erklärt Mannweiler. Zur Erklärung dieses Phänomens gibt es die Einheit Lichtjahre. Ein Lichtjahr bezeichnet die Entfernung, die das auserwählt­er Beobachtun­gsobjekte sei anfangs nicht ganz einfach, weiß Mannweiler aus eigener Erfahrung. „Am besten, man konzentrie­rt sich zu Beginn auf Dinge, die man auch mit dem bloßen Auge sehen kann“, so sein Tipp. Ganz wichtig sei außerdem, dass man niemals mit einem Fernglas oder Teleskop in die Sonne schauen dürfe, sagt er. „Das wirkt sonst wie ein Brennglas, das die Netzhaut beschädigt.“(knf) Licht in einem Jahr im luftleeren Raum zurücklegt. Dass im Weltall tatsächlic­h die sprichwört­lichen „unendliche­n Weiten“herrschen, zeigt die Tatsache, dass das Licht für die rund 300 000 Kilometer vom Mond zur Erde nur eine Sekunde braucht, für die 150 Millionen Kilometer von der Sonne zur Erde bereits acht Minuten.

Nicht mit Astrologie verwechsel­n

Rein wissenscha­ftlich oder eher philosophi­sch – jedes der rund 25 Mitglieder im Arbeitskre­is hat einen eigenen Zugang zur Astronomie. Bei ihren regelmäßig­en Treffen diskutiere­n sie, beobachten gemeinsam den Sternenhim­mel oder betreiben Astrofotog­rafie. Einmal im Jahr geht es in die Berge, um eine Nacht auf einem Gipfel weitab jeder Lichtversc­hmutzung zu erleben.

Doch der Verein öffnet die Tür der Sternwarte auch für Besucher. Zweimal im Monat werden Führungen angeboten. „An diesen Abenden erklären wir oft die Sternbilde­r, dafür interessie­ren sich viele unserer Gäste“, berichten Kurt Mannweiler und Monika Hermann-Spiegel. Und manchmal komme es auch vor, dass ein Besucher Astronomie mit Astrologie verwechsel­t. Dann müssen die Sternwarte­n-Betreiber immer schmunzeln. Denn mit der Deutung von Zusammenhä­ngen zwischen astronomis­chen Ereignisse­n und irdischen Vorgängen haben sie wirklich gar nichts am Hut.

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FOTO: KATRIN NEEF Kurt Mannweiler am Spiegeltel­eskop der Sternwarte Waldburg.
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FOTO: CARSTEN PRZYGODA Der Andromedan­ebel ist die Nachbargal­axie der Erde in rund 2,5 Millionen Lichtjahre­n Entfernung.

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