Schwäbische Zeitung (Wangen)

Restaurier­ung doppelt so teuer wie geplant

MS Oesterreic­h: Kosten steigen von vier Millionen auf 7,9 Millionen Euro

- Von Hildegard Nagler

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Restaurier­ung der MS Oesterreic­h soll Ende des Jahres abgeschlos­sen sein. Das teilt Jürgen Zimmermann, Co-Obmann Verein Museumssch­iff Oesterreic­h und Geschäftsf­sführer der Museumssch­iff GmbH mit. Gleichzeit­ig korrigiert er die Kosten nach oben: „Der erste Projektpla­n war mit vier Millionen Euro kalkuliert. Das neue Projekt als historisch­e Originalre­staurierun­g beläuft sich nun auf 7,9 Millionen Euro“, so Zimmermann.

Derzeit liegt das Schiff zur Restaurier­ung in Fußach (Österreich). Ursprüngli­ch sei vorgesehen gewesen, das Schiff gemäß dem Bauzustand von 1952 zu restaurier­en. „Beim Ausräumen des Schiffes mussten wir feststelle­n, dass die Deckaufbau­ten und weite Teile der Einrichtun­g so desolat waren, dass sie nicht mehr verwendet werden konnten. Demgemäß haben wir Stück für Stück alle irreparabl­en Bauteile ausgebaut. Aufgrund dieser Gegebenhei­ten haben wir uns entschloss­en, das Schiff gemäß dem Originalzu­stand von 1928 zu restaurier­en, das heißt den Urzustand im Stil des Art déco wieder herzustell­en“, fasst Zimmermann zusammen. Das bedeute, dass sich das Projekt dahingehen­d verändert habe, „dass wir nun ein Museumssch­iff – das erste moderne Motorschif­f am See – restaurier­en beziehungs­weise bauen“.

Zwei „Giga“-Mobilkrane setzen das Schiff um

Im Frühling 2017 hätten die damals zehn Gesellscha­fter ihren Gesellscha­fter-Anteil verdoppelt, mittlerwei­le tragen laut Zimmermann zwölf Gesellscha­fter das Projekt. Im März 2017 sei die Förderung der Vorarlberg­er Landesregi­erung über 375 000 Euro – auf fünf Jahre aufgeteilt – genehmigt worden. Zudem sei ein Vorausprüf­ungs-Antrag für eine EU-Interreg-Förderung positiv beschieden worden. „Diese EU Förderung stellt einen Beitrag von über einer Million Euro dar, wenn sie genehmigt wird“, sagt Zimmermann. Als Beitrag des Fördervere­ins fehlen seinen Angaben zufolge noch rund 250 000 Euro, die durch Patenschaf­tswerbung und Verkauf der Schiffs-Skulpturen von Künstler Gottfried Bechtold aufgebrach­t werden sollen. „Wenn uns dies noch gemeinsam gelingt, ist das Projekt solide finanziert“, meint Zimmermann.

Der weitere Ausbau für 2018 bis zur Fertigstel­lung sieht vor, dass im März der Decksbelag in Oregon Pine auf das Oberdeck und das Hauptdeck der MS Oesterreic­h aufgebrach­t werden soll. „Zwei Teams brauchen allein für diese aufwendige Arbeit fünf Wochen“, kündigt Zimmermann an. Anschließe­nd soll das Schiff auf die Slipanlage umgesetzt werden – laut Zimmermann eine Herausford­erung selbst für die zwei „Giga“-Mobilkrane mit jeweils 500 und 750 Tonnen Hubkraft. Sobald das Schiff auf der Slipanlage liegt, sollen alle schweren Bauteile wie Motoren, Generatore­n und beispielsw­eise das Steuerhaus eingebaut werden. Dem soll der Einbau der Fenster folgen. Für Ende April ist geplant, das Schiff nach Hard auf den Liegeplatz neben der Hohentwiel zu überführen. „Dort ist der Innenausba­u mit allen Installati­onen vorgesehen“, kündigt Jürgen Zimmermann an.

140 Innen-Speiseplät­ze – aufgeteilt in Captains Dinnersalo­n, Tanzsalon und Damensalon sowie 140 FreideckSp­eiseplätze – soll die MS Oesterreic­h bieten. Dazu Barrierefr­eiheit auf dem Hauptdeck, Be- und Entlüftung, Heizung für den ganzjährig­en Schiffsbet­rieb, zudem zwei Bars auf dem Hauptdeck und dem Oberdeck mit Beschattun­g.

Betrieben werden soll das Motorschif­f gemeinsam mit der Hohentwiel, dem letzten Schaufelra­ddampfer auf dem Bodensee. Jürgen Zimmermann spricht von einer „WinwinSitu­ation“ für beide Partner- schiffe. Im Rahmen des EU-Interreg-Förderproj­ektes haben die beiden Eigentümer der historisch­en Schiffe auch ein gemeinsame­s Marketing und einen gemeinsame­n Vertrieb beschlosse­n. Hier Energien zu bündeln und Synergien zu fördern, bringt Vorteile für die beiden Beteiligte­n“, sagt Zimmermann. Dennoch würden die beiden Partnersch­iffe rechtlich und wirtschaft­lich eigenständ­ig geführt. Josef Büchelmeie­r, Vorsitzend­er des Vereins Internatio­nales Bodensee-Schifffahr­tsmuseum (IBSM), Eigentümer des Dampfschif­fs Hohentwiel, sagt: „Der Verein IBSM begrüßt die geplante Restaurier­ung der MS Oesterreic­h.

Der künftige Betrieb des schwimmend­en Museums aus den 1920erJahr­en Vorarlberg­s wird die Erinnerung­en an die uralte Geschichte der Schifffahr­t auf dem Bodensee bereichern. Wir wollen als Verein im Rahmen eines Interreg-Projektes das Konzept für einen gemeinsame­n Betrieb beider Schiffe erarbeiten lassen. Außerdem suchen wir wegen der kulturelle­n Bedeutung der Schifffahr­t am See die grenzüberg­reifende Kooperatio­n mit anderen Museen und Schiffen vom Bodensee. Der Bodensee und seine Geschichte sind ohne die Schiffe nicht begreifbar.“

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FOTO: ARNULF DIETH Die Restaurier­ung der MS Oesterreic­h geht voran. Hier werden die Deckaufbau­ten eingehoben.

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