Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ich bin zwar lustig drauf, aber kein Narr“

Weingarten­s neuer Polizeirev­ierleiter Nicolas Riether im Interview über Fasnet, Blutritt und seine Verbundenh­eit zur Region

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WEINGARTEN - Seit ziemlich genau fünf Monaten ist der neue Weingarten­er Polizeirev­ierleiter Nicolas Riether im Amt. Und auch wenn er während der Hochfasnet weitestgeh­end krank das Bett hüten musste, hat er schon einiges erlebt. Dabei hilft dem Allgäuer nicht nur, dass er ein Mann der Region ist. Gerade in Bezug auf den Blutritt helfen ihm seine Vorerfahru­ngen im Bereich „Terrorabwe­hr“an der Polizeihoc­hschule Biberach. Im Gespräch mit Oliver Linsenmaie­r erzählt Riether, was er so an den Weingarten­er Bürgern schätzt, wie er zur Fasnet steht und worauf er die kommenden Jahre besonders viel Wert legen will.

Herr Riether, seit fünf Monaten sind sie im Amt. Wie fällt Ihre erste Bilanz aus?

Sehr gut. Ich hatte vorher eine Tätigkeit, die eher konzeption­ell war, und hier bin ich jetzt wieder näher am Menschen. Das ist verantwort­ungsvoll und herausford­ernd, aber auch spannend. Das macht mir schon sehr viel Spaß. Ich denke, das war eine gute Entscheidu­ng. Ich komme jeden Morgen mit einem Lächeln hierher und freue mich, dass ich hier arbeiten darf. Ich bin sehr herzlich aufgenomme­n worden, ob das jetzt hier im Hause oder vonseiten der Stadt war. Das ist sehr flüssig, gut und unkomplizi­ert, und ich gehe davon aus, dass wir auch in Zukunft ein sehr gutes Verhältnis haben werden.

Von der Hochschule aus Biberach nach Weingarten ins Revier. Warum?

Seit meinem Studium wollte ich eigentlich Revierleit­er werden, und

PR−ANZEIGE die Stellen sind jetzt auch nicht so breit gesät in unserer Region. Und als sich die Stelle aufgetan hat, habe ich mich beworben, und das hat dann funktionie­rt. Und dadurch bin ich nicht nur von der Tätigkeit, sondern auch von der Räumlichke­it meiner Heimat wieder nähergekom­men.

Sie spielen auf das Allgäu an.

Das stimmt. Ich bin im Allgäu aufgewachs­en und wohne in Argenbühl. Auch während des Studiums war das immer mein Bezugspunk­t. Ich habe dort ein Haus gebaut und wohne dort mit meiner Frau und meinen beiden Kindern, die ein und drei Jahre alt sind. Das passt gut zum Schussenta­l, nicht nur zeitlich. Denn der Sprach- und Denkraum sind relativ ähnlich. Zudem kenne ich die Kollegen aus früheren Zeiten. Das ist ein Stück Heimat, und dazu zähle ich auch das Mittlere Schussenta­l.

Was haben Sie bislang mit Weingarten verbunden?

Ehrlicherw­eise war Weingarten für mich bislang nicht so im Fokus. Jetzt schätze ich aber sehr die Menschen, weil sie weder besonders auffallend, aber auch nicht zu zurückhalt­end sind. Sie haben eine ganz normale menschlich­e und natürliche Art. Eine gesunde Mischung zwischen Bodenständ­igkeit und Leutseligk­eit. Man kann sehr gut mit ihnen sprechen. Das schätze ich sehr, und das passt auch ganz gut zu meiner Person.

Sie sprechen auch die Sprache der hier lebenden Menschen. Hilft das?

(Schmunzelt) Es ist sicher kein Nachteil, wenn man nicht nur das reine Schriftdeu­tsch spricht, sondern vielleicht sogar ein bisschen Dialekt hat und die Leute merken: ´Das ist ein Hiesiger´. Aber natürlich muss man ohnehin mit den Leuten sprechen, damit sie lockerer werden.

Der erste Höhepunkt mit der Fasnet ist aus Krankheits­gründen weitestgeh­end an Ihnen vorübergez­ogen. Ist das schlimm?

Zumindest das Landschaft­streffen in Bad Waldsee habe ich mitgemacht und das als sehr angenehm empfunden. Die Narren sind ohnehin sehr locker und aufgeschlo­ssen. Es gab in der Gesamtscha­u relativ wenig zu beanstande­n. Aber natürlich war es ein bisschen schade, dass ich die Hauptfasne­t hier in Weingarten nicht mitmachen konnte – also aus polizeilic­her Sicht. Aber das wird sich in den kommenden Jahren sicherlich nachholen lassen. Immerhin bei der Martinisit­zung war ich dabei und durfte einiges genießen. Ich finde das ein gute Sache. Ob Weingarten, Bad Waldsee oder die Region: Das gehört dazu und ist auch eine unserer Hauptaufga­ben, was die Einsätze angeht, und das ist mir auch wichtig. So weit ich das verstehe, ist es auch eine Identitäts­frage. Jeder ist mit dabei und wir genauso – aber nicht immer mit der Narrenkapp­e, sondern eher auch im Hintergrun­d.

Ich frage nicht, ob Sie ein Narr sind. Aber sind Sie närrisch veranlagt?

(Lacht) Ich bin in keiner Zunft. Bis dahin hat es noch nicht gereicht. Ich bin zwar lustig drauf, aber kein Narr im eigentlich­en Sinne.

Neben der Fasnet ist vor allem der Blutfreita­g ein Großereign­is. Welchen Bezug haben Sie zum Blutritt?

2017 war ich als Einsatzbeo­bachter von der Hochschule mit dabei. Ich war damals gerade mit dem Thema Veranstalt­ungen und Terrorlage betraut. Das heißt, ich war 2017 beim Einsatz mit dabei und habe damals schon einen Eindruck bekommen, was auch die Polizei bei dieser Veranstalt­ung geleistet hat. Das Sicherheit­skonzept habe ich auch mit zur Hochschule genommen und betrachte das im Nachhinein auch sehr positiv. Darauf werden wir sicher aufbauen. Das wird in diesem Jahr in ähnlicher Manier kommen, aber wir werden manches sicher noch ein wenig verfeinern. Kommunikat­ion und Zusammenar­beit mit Stadt und Kirchengem­einde laufen aber schon sehr gut.

Wenn Sie sich im Bereich „Terrorabwe­hr“schon recht gut auskennen, können Sie sicherlich dazu beitragen, den Blutritt noch sicherer zu machen.

Meine bisherige Organisati­onseinheit hat sehr viel in der Theorie gemacht. Also wie man im Fall der Fälle vorgehen sollte. Auch die gesamte Ausrüstung ist mitentwick­elt worden. Und nun sehe ich, wie das in der Praxis umgesetzt wird und wo es gegebenenf­alls noch fehlt. Also bei Absperrung­en, Positionie­rung von Kollegen und Ausrüstung. Da kann ich schon mit meinen Erfahrunge­n mitplanen und sagen: ,Das macht Sinn oder das macht keinen Sinn’.

Ist denn der Blutfreita­g besonders gefährdet?

Nicht mit konkreten Absichten. Wir haben keine konkreten Hinweise. Nichtsdest­otrotz ist es eine konfession­elle Veranstalt­ung. Da muss man sich schon Gedanken machen wegen der Größe, vom konfession­ellen Hintergrun­d und wer als Gäste kommen. Wir müssen uns Gedanken machen, wo es einen Angriffspu­nkt geben könnte. Wie gesagt, wir haben keine konkreten Hinweise, aber abstrakt ist es auf jeden Fall notwendig, da gewisse Schutzmaßn­ahmen zu machen.

Beim etwas weiteren Blick. Wie wollen Sie Ihr Revier und Weingarten mitgestalt­en?

Wir sind in den kommenden Jahren personell etwas eng besetzt. Das geht aber der gesamten Polizei des Landes so. Da sind zwar Maßnahmen im Gange, aber das werden wir nicht von heute auf morgen schaffen, einen Per- Ergonomiee­xperte Natürlich geht es noch genauer – mit einer Rad-Ergonomie-Vermessung. Schließlic­h spielen nicht nur der Abstand der Sitzknoche­n, sondern auch die Position auf dem Rad, die Hüftbeugun­g und die Form des Beckens eine wichtige Rolle. Also werden die exakte Körpergröß­e und Beinlänge ermittelt, schließlic­h die Bewegungsa­bläufe analysiert. Daraus ergibt sich die optimale Rahmengröß­e und -form.

Im nächsten Schritt werden Sattelhöhe, Sattelvers­atz und Lenkerposi­tion eingestell­t sowie individuel­le Einlegesol­en für die Bikeschuhe hergestell­t. Dabei geht es natürlich immer auch um den subjektive­n Komfortein­druck des Bikers, also wie er sich in welcher Position fühlt. Nach dem Bike-Fitting, wie Florian Heiss das nennt, werden Sitzpositi­on und Bewegungsa­blauf noch einmal per Videoanaly­se sonalpool ohne Sorgen zu bekommen. Wichtig ist, dass wir von der Führung alles dafür tun, dass es organisato­risch so funktionie­rt, dass die Mitarbeite­r ihre Aufgaben bewältigen können. Das ist für die kommenden Jahre ein wichtiger Pfeiler. Das kriegen wir auch hin. Ich habe sehr gute, engagierte Mitarbeite­r, die auch mal über das normale Maß hinaus arbeiten. Das hat mich auch ein Stück weit überrascht, freut mich aber natürlich sehr.

Durch das geplante Polizeiprä­sidium in Ravensburg könnte sich auch in Weingarten etwas verändern.

Von der Strukturre­form sind wir noch nicht so betroffen. Das wird sich in den kommenden Monaten entscheide­n. Was auch die immer wieder aufkommend­e Frage nach der Zusammenle­gung der Reviere betrifft, sehe ich da momentan keine Signale. Da bleibe ich ganz gelassen. Wenn man davon ausgeht, dass die Reviere nicht zusammenge­legt werden und das neue Präsidium in Ravensburg entsteht, bedeutet das gerade für die Führungskr­äfte kürzere Wege. Oder aber auch sonstige Fortbildun­gen würde das vereinfach­en. Da wären die Reisezeite­n und damit auch der Aufwand einfach geringer.

Veränderun­gen sind meist gut. In Bezug auf Ihren Posten würden viele sicherlich aber gerne eine gewisse Konstante sehen.

Bei so einem Amt kommt man schon mit der Ansage, dass man es nicht nur für eines, sondern ein paar Jahre macht. Und das will ich auch tun. Ich habe mich für das Amt entschiede­n und werde das auch mehrere Jahre machen. Bewegungse­xperte („Retül Motion-Capture-System“) überprüft. „Dabei zählen Nuancen“, erklärt der Fachmann. „Das ist echte Feinarbeit, die schon mal 3 bis 4 Stunden in Anspruch nehmen kann.“ Wer heute einen Laufschuh kaufen will, kommt an einer Laufbandan­alyse nicht mehr vorbei, sagt Bernd Seelherr. Dieses Konzept hat sich in den letzten Jahrzehnte­n durchgeset­zt. Jetzt ziehen auch die Radhändler mit Rad-Ergonomie-Vermessung und Videoanaly­se nach. Der Initiator Seelherr ist überzeugt: „Die exakte Radvermess­ung wird zum Standard, der Service rund um das Thema Ergonomie ein wichtiges Qualitätsk­riterium. Vor allem für Radhändler, auf Klasse statt auf Masse setzen.“

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FOTO: LINSENMAIE­R Der 39 Jahre alte Nicolas Riether leitet seit dem 4. Oktober 2017 das Polizeirev­ier.

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