Selbst ist der Mann – auch beim Kofferpacken
Herkulesaufgabe für Verpackungskünstler Christo.
Von Dirk Uhlenbruch Ja bin ich denn sein Butler?!
Von Simone Haefele
Pro
Wie hieß dieser Tag doch gleich noch, den wir vorgestern – mehr oder minder ehrfürchtig – begangen haben? Weltpaschatag? Nee, Papperlapapp, der Weltfrauentag ist’s gewesen! Weshalb sich die Frage, ob die Gemahlin untertänigst und demütig meinen Koffer packen muss, eigentlich von vornherein erledigt hat. Muss sie selbstverständlich nicht. So viel Emanzipation darf schon sein. Reicht ja, dass Mama das früher erledigt hat.
Außerdem – Asche auf mein Haupt! – schlummern in mir die Gene eines promovierten Pingels. Ein Päckchen, so viel kann ich verraten, mindestens so schwer wie der randvolle Koffer für eine mehrmonatige Weltreise. Will heißen: Die Anzahl der zu spedierenden Unterhosen, Socken, Hemden und Beinkleider folgt einer akribisch ausgetüftelten mathematischen Formel, die den Herren Pythagoras und Gauß zur Ehre gereicht hätte. Extrem vereinfacht ausgedrückt, muss für jeden Tag mindestens eine Garnitur zur Verfügung stehen. Eine logistische Herkulesaufgabe, die ich einfach niemand anderem zutraue – außer vielleicht dem Verpackungskünstler Christo.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass die Gemahlin, grob geschätzt, drei Wochen am eigenen Koffer bastelt – inklusive diverser Anproben. Müsste sie sich noch mit meinem Gepäck herumschlagen, wir kämen niemals weg. Wär doch schade!
d.uhlenbruch@schwaebische.de Contra
Nach 30 Ehejahren sind die Rollen klar verteilt. Eigentlich. Doch jedes Mal vor einer Reise startet mein Mann den immer gleichen Versuch: Nach fünf Minuten erschallt der verzweifelte Ruf aus dem Schlafzimmer: „Was soll ich mitnehmen?“Und jedesmal kriegt er die gleiche Antwort: „Mir egal.“Jetzt könnte man ja von einem netten, kleinen Ritual ohne Bedeutung sprechen. Doch ich weiß genau, was mein Mann mir tatsächlich mitteilen will: „Du könntest ruhig für mich packen.“
Und ich weiß auch genau, wovon der Gatte Nacht für Nacht träumt: Dass ihm seine liebe Frau nämlich im Bad bereits die Kleidung für den nächsten Tag hergerichtet hat. Doch täglich gibt es für ihn ein böses Erwachen. Da ist nichts, niente. Ja, bin ich denn sein Butler, seine Stilberaterin oder sein zweites Ich? Kann ich ahnen, ob er heute ein Kundengespräch, einen Cheftermin oder Bürotag hat? In den Urlaub nimmt er eh meist immer das Gleiche mit. Es ist also schiere Bequemlichkeit seinerseits, die Sachen nicht auch aus dem Schrank und in den Koffer zu räumen.
Weil aber Kompromissfähigkeit die Grundlage einer guten Ehe ist, haben wir eine Regelung getroffen. Er richtet seine Sachen auf dem Bett her, und ich packe sie in den Koffer. Ab und an trickst er mich aber aus und kommt erst kurz vor knapp von einer Geschäftsreise nach Hause, während ich bereits auf den (auch für ihn) gepackten Koffern sitze.
s.haefele@schwaebische.de