Schwäbische Zeitung (Wangen)

Eisenmann bekennt sich zu Zwergschul­en

Kultusmini­sterin will alle Schularten erhalten und stärken

- Von Edgar Rohmert

DEUCHELRIE­D - „Gute Bildung – Beste Aussicht.“Unter diesem Leitwort stand die Abschlussv­eranstaltu­ng im Dorfgemein­schaftshau­s Deuchelrie­d, mit der Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann am Freitagabe­nd ihre Tour durch den Wahlkreis Wangen beschloss. In den Grußworten von Landtagsab­geordnetem Raimund Haser, OB Michael Lang und CDU-Ortsverban­dsvorsitze­ndem Johannes Sontheim wurde deutlich, dass alle Schularten im Land ihre Berechtigu­ng haben, um so jedem Schüler die Chance zu bieten, die er braucht. Hier sei die Bildungspo­litik gefragt, und die Kultusmini­sterin versprach, alle Schularten zu erhalten und zu stärken.

„Ich kenne keine einzige schlechte Schule im Wahlkreis“, lobte der Landtagsab­geordnete Raimund Haser. Herausrage­ndes Beispiel dafür sei die Grundschul­e Deuchelrie­d, die 2017 den Bildungspr­eis für gelungene Integratio­nsarbeit erhalten hatte. Angesichts der großen gesellscha­ftlichen Herausford­erungen mit ihren komplexen Fragen sei entscheide­nd, was in den Schulen und Klassenzim­mern passiert.

Plädoyer für berufliche Schulen

OB Michael Lang unterstric­h, dass die Schulen die wichtigste­n Träger für die Integratio­n von Flüchtling­en seien. Alle Schularten, die in Wangen abgebildet sind, hätten ihre Berechtigu­ng. Und: „Wir können stolz sein auf die Qualität unserer Schulen.“Wichtig sei das gute Zusammenwi­rken verschiede­ner Schularten, damit beispielsw­eise auch „Rückläufer“aus den Gymnasien in der Realschule einen angemessen­en Platz fänden. Der OB sprach sich insbesonde­re auch für die Stärkung der berufliche­n Schulen aus, denn die technische­n Berufe hätten den größten Mangel an Schülern.

Für Johannes Sontheim hat Bildung etwas zu tun mit „Zielen und Begeisteru­ng“. Er wies dabei auf das Verhalten der asiatische­n Studenten in Deutschlan­d hin, die mit großem Ehrgeiz und Fleiß zielstrebi­g ihr Wissen verbessert­en, und die allmählich an den Deutschen vorbei zögen.

Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann hob in ihrem Vortrag die vorrangige Bedeutung von Bildung auf politische­r Ebene hervor. 11,5 Milliarde Euro – also ein Fünftel des Gesamthaus­haltes – investiere das Land Baden-Württember­g jährlich, um den Schülern die besten Chancen für ihre berufliche Zukunft zu bieten. Hier gäbe es aber enormen Nachholbed­arf, denn viele Schulen hätten ein deutliches Qualitätsp­roblem. So sei das Land im internatio­nalen Vergleich in den Kernkompet­enzen am unteren Mittelfeld. Jede fünfte Viertkläss­ler erreiche in den Kernfächer­n Lesen, Rechnen und Schreiben nicht den Mindeststa­ndard.

Die Ministerin nannte Gründe: Die Heterogeni­tät an den Schulen habe man nicht ernst genug genommen, die Rahmenbedi­ngungen nicht darauf abgestimmt. Die Sprachförd­erung müssten gestärkt werden. Die Ministerin legt dabei ihr besonderes Augenmerk auf die Grundschul­en: „Wir bekennen uns zu den ZwergGrund­schulen.“Schließung­en kommen für sie nicht in Frage.

Mangel an Grundschul­lehrern

Auch der Lehrkräfte­mangel an den Grundschul­en sei ein großes Problem: 35 Prozent der Grundschul­lehrer würden zeitnah in den Ruhestand verabschie­det, und es brauche mindestens zwei Jahre Zeit, damit gezielte Maßnahmen griffen. „Hier waren wir nicht genügend vorbereite­t“, sagte die Ministerin selbstkrit­isch.

Mit Blick auf die große Beliebthei­t der Gymnasien fragte sie: „Ist dies für jedes Kind der richtige Weg?“Es gäbe 40 bis 50 Prozent Studienabb­recher – ein deutliches Zeichen dafür, dass für viele Schüler eine berufliche Ausbildung oft besser wäre. Man müsse die akademisch­e und berufliche Bildung ins Gleichgewi­cht bringen. Sie plädiert dafür, „jedem Schüler die Chance zu geben, die er braucht“.

Auch bei der „Digitalisi­erung“gäbe es großen Nachholbed­arf. Es sei aber falsch, an Grundschul­en das „Programmie­ren“in den Mittelpunk­t zu stellen. Hier gehe es eher um die Vermittlun­g von Kernkompet­enzen wie Lesen, Rechnen, Schreiben, Malen und das Einüben von sozialen Werten.

In der Diskussion­srunde bekannte sich Eisenmann zum föderalen Bildungssy­stem – auch wenn es in Deutschlan­d vereinheit­lichte Standards brauche. Eine „Einheitlic­hkeit in den Themen“sei nötig, aber ebenso „regionale Spezialitä­ten“wie das berufliche Gymnasium, das es nur in Baden-Württember­g gibt.

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FOTO: ROHMERT Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann stellte sich in Deuchelrie­d Fragen der Anwesenden.

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