Wie einst Frauen in die Kolpingsfamilie vordrangen
Helene Achberger, Edeltraud Maier und Klara Weber aus Leupolz gehören zu den ersten weiblichen Mitgliedern im Diözesanverband
LEUPOLZ - Fünf Jahrzehnte ist es her, dass die Kolpingsfamilie Leupolz zur Vorreiterin der Frauenmitgliedschaft wurde. In Leupolz übten damals vier junge Frauen mehr als nur „sanften Druck“aus – und schafften es als zweite Frauenbewegung der Kolpingsfamilien in der Diözese, in die örtlichen Reihen des Sozialwerks der katholischen Kirche aufgenommen zu werden.
Als „etwas Besonderes“bezeichnete Charlotte Fießinger, Vorsitzende der Kolpingsfamilie Leupolz, deshalb jene Auszeichnung für 50-jährige Mitgliedschaft, die sie Helene Achberger, Edeltraud Maier und Klara Weber am Samstagabend im Rahmen der Mitgliederversammlung überreichte. Gemeinsam mit der inzwischen verstorbenen Maria Frei waren sie es, die durchsetzten, dass künftig auch Frauen der Gemeinschaft angehören können.
TRAUERANZEIGEN
Schon längere Zeit war es in Leupolz damals so, dass die Mädchen zu Veranstaltungen, Ausflügen und Wanderungen der Kolpingsfamilie, der Nachfolgeorganisation des Gesellenvereines, eingeladen wurden und teilnahmen. Immer mehr wurde es aber Wunsch der Mädchen und jungen Frauen, als vollwertige Mitglieder anerkannt zu sein und eine eigene Gruppe zu haben.
Im Herbst 1968 beschloss der Zentralverband, dass der Zugang zur Kolpingsfamilie auch Frauen und Mädchen offen stehen soll. Kurz danach standen Achberger, Maier, Weber und Frei beim damaligen Präses Pfarrer Anton Leicht vor der Tür, der der Sache ablehnend gegenüber stand. „Erst die Aussage: ,Wenn es in Leupolz nicht möglich ist, gehen wir nach Karsee zur Landjugend’ löste die Zusage aus“, erzählte Fießinger schmunzelnd. Und weiter: „Darauf meinte der Pfarrer: Nein, bevor ihr nach Karsee geht, dürft ihr in die Kolpingsfamilie.“
Am 1. Dezember 1968 wurden die ersten 25 Mädchen, kurz darauf fünf weitere, aufgenommen. „Damit hatten wir sofort die Oberhand“, erinnert sich Klara Weber noch heute. Denn lange Jahre stagnierte die Kolpingsfamilie Leupolz zu diesem Zeitpunkt bei rund 20 Mitgliedern. Warum sie so sehr um ihre Aufnahme kämpften? „Wir wollten auch dabei sein“, erinnert sich Helene Achberger.
Alle vier Frauen waren zu jenem Zeitpunkt bereits mit ihren künftigen Ehemännern liiert. Und alle vier hatten, wie zu jener Zeit üblich, großen Respekt vor dem Gang zum Pfarrer. „Wir haben uns damals schon gefragt: Darf man sich das erlauben?“sagt Klara Weber. Klar war dem Frauen-Quartett aber auch: „Anders wären wir nicht zum Ziel gekommen.“
Anders als beim Pfarrer war der Widerstand bei den jüngeren Männern der Kolpingsfamilie Leupolz gering. „Die Älteren haben wir einfach nicht gefragt“, sagt Helene Achberger.
Mit der Aufnahme der jungen Frauen änderte sich auch das Gesicht und Programm der Kolpingsfamilie. „Wir haben gebastelt und Vorträge gehört“, erzählt Edeltraud Maier. Später, als die inzwischen verheirateten Frauen zu Müttern wurden, rückten auch Fragen rund um die Erziehung oder ein Rhetorikkurs in den Mittelpunkt.
Die Freundschaften unter den Frauen beziehungsweise den Paaren halten bis heute. Maier: „Als die ersten Silberhochzeiten anstanden, sind wir gemeinsam weggefahren. Das haben wir bis vor zwei Jahren so dann jährlich wiederholt.“
Im Rückblick betrachtet ist die Aufnahme der Frauen für die Kolpingsfamilie bis heute ein Segen. Zwar ist die Aufteilung der heute 206 Mitglieder geschlechtlich betrachtet paritätisch, doch sieht es bei der Verteilung der Ämter – nach Frauen und Männer aufgeteilt – gänzlich anders aus: Drei von vier Vorstandsmitgliedern und sechs von acht Gruppenleitern sind weiblich. Klara Weber jedenfalls hat den Nachdruck um die Aufnahme nie bereit. Sie ist bis heute überzeugt: „Frauen sind wichtig für diese Gemeinschaft.“BERICHT ZUR VERSAMMLUNG FOLGT