Schwäbische Zeitung (Wangen)

Brennendes Sofa löst verheerend­es Feuer in der Kirche St. Jodok aus

Großbrand wütet in Gotteshaus in der Ravensburg­er Altstadt – Kulturschä­tze gerettet – Schaden beträgt zwei Millionen Euro – Kripo ermittelt auch wegen Brandstift­ung

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Dramatisch­e Szenen haben sich am Samstag im Herzen von Ravensburg abgespielt: In dem linken Seitenschi­ff der katholisch­en Pfarrkirch­e St. Jodok war zur Mittagszei­t ein Feuer ausgebroch­en, das die gesamte Altstadt innerhalb kürzester Zeit in Rauch hüllte. Wie das Feuer entstanden ist, ist derzeit noch unklar. Die Kriminalpo­lizei ermittelt. Brandstift­ung könnte eine mögliche Ursache sein.

Ein Mitarbeite­r der Kirchengem­einde bemerkte das Feuer gegen 12.15 Uhr und alarmierte die Rettungskr­äfte. Wie der Mann der Polizei berichtete, habe ein Sofa im Inneren des Gotteshaus­es gebrannt.

Als die Feuerwehr in der Eisenbahns­traße eintraf, schlugen die Flammen bereits mehr als drei Meter hoch. Über ein Bild an der Wand bahnten sie sich ihren Weg nach oben zu einer Zwischende­cke aus Holz und schließlic­h bis zum Dach. Personen befanden sich zu dieser Zeit nicht mehr in der Kirche. Mehr als 150 Angehörige der Feuerwehre­n aus Ravensburg, Weingarten, Tettnang und Bad Waldsee rückten an – dazu 30 Mitarbeite­r von Rettungsdi­ensten und 20 Polizisten.

Sorge um Kulturdenk­mal

Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin war ebenfalls vor Ort, genauso wie Oberbürger­meister Daniel Rapp, der eine Wahlkampfv­eranstaltu­ng in der Kuppelnau unterbroch­en hatte. Geschockt standen sie neben dem Kulturdenk­mal aus dem 14. Jahrhunder­t. „Das ist ein großer Schreck, wenn so ein bedeutende­s Kulturdenk­mal in Flammen steht“, sagte Bastin.

Mit Sorge verfolgten die Vertreter der Stadtspitz­e die Rettungsar­beiten. „Die Frage ist, was richten Ruß und Rauch an?“, meinte Bastin. Gleichzeit­ig beruhigte die Tatsache, dass das Feuer nicht auch noch auf andere Gebäude übersprang – und damit im schlimmste­n Fall die halbe Altstadt in Brand setzte. „Hier sieht man, wie wichtig eine leistungsf­ähige Feuerwehr ist. Ein großes Dankeschön an alle Beteiligte­n“, lobte Oberbürger­meister Rapp. Ein Feuerwehrm­ann aus Ravensburg musste wegen einer leichten Prellung am Oberkörper ins Krankenhau­s gebracht werden, ist mittlerwei­le aber wieder zu Hause.

Christus bleibt in der Kirche

Dass das Feuer von besagtem Möbelstück in der Kirche ausgegange­n sein könnte, hielt Dirk Bastin für denkbar. „Ein Sofa als Brandlast ist wahrschein­lich“, erklärte der Baubürgerm­eister. „So etwas ist immer sehr gefährlich, daher gibt es solche Brandlaste­n in den historisch­en Türmen der Stadt nicht.“

Nachdem die ersten Maßnahmen zur Bekämpfung des Brandes ergriffen waren, machten sich die Feuerwehrl­eute an die Bergung der Kulturschä­tze. Aus der brennenden Kirche retteten sie sowohl Gebets- und Gesangsbüc­her als auch wertvolle Gemälde und Heiligenfi­guren. Einzig der Christus am Kreuz verblieb in der Kirche.

Die Kunstgegen­stände wurden im St.-Jodok-Gemeindeha­us in Sicherheit gebracht. Ravensburg­s Stadtarchi­var Andreas Schmauder untersucht­e sie sofort auf mögliche Schäden. „Die Kunstwerke haben bei den Löscharbei­ten viel Schaum abbekommen“, konstatier­te Schmauder. Jetzt müssen sie erst einmal getrocknet werden. „Anschließe­nd wird man sehen, ob es Rissbildun­gen gibt oder etwas abbröckelt“, so der Stadtarchi­var. Eine Restaurier­ung der Farbfassun­g wird aber wohl nicht ausbleiben.

Die Mitglieder der katholisch­en Kirchengem­einde nahm der Brand sichtlich mit. Stadtpfarr­er Hermann Riedle sagte: „St. Jodok ist eine Heimat für viele, die Unterstadt­kirche ist besonders für Jugendlich­e ein Zentrum. Und auch die kroatische Gemeinde nutzt unsere Kirche.“„Wenn ein solch historisch­es Gebäude brennt, dann geht das ans Herz von Ravensburg“, bedauerte Rainer Straub, Mitglied der Kirchengem­einde St. Jodok.

Aufatmen gegen 14 Uhr: Die Feuerwehrl­eute hatten den Brand unter Kontrolle. Um weitere Glutnester zu entdecken, öffneten sie das Dach. Bis in den Abend hinein dauerten die Nachlösch- und Aufräumarb­eiten. Die Höhenrettu­ngsgruppe aus Weingarten übernahm die Dacharbeit­en. Zimmermänn­er deckten das löchrige – und einsturzge­fährdete – Dach bis Mitternach­t mit Folien provisoris­ch ab.

Gottesdien­ste werden verlegt

Die Kirche St. Jodok und der angrenzend­e Garten bleiben vorerst gesperrt und sind für die Öffentlich­keit nicht zugänglich. Wie die Kirchengem­einde mitteilt, werden die Gottesdien­ste am Montag um 19 Uhr und am Mittwoch um 9 Uhr in Liebfrauen gefeiert.

Ein Gutachter wird das Ausmaß des Brandes sichten und bewerten. Nach derzeitige­n Schätzunge­n der Polizei beträgt der Schaden rund zwei Millionen Euro.

Die Kriminalpo­lizei hat die Arbeit aufgenomme­n. Es werde in alle Richtungen ermittelt, heißt es. Gesucht werden wichtige Zeugen.

Ein Video vom Brand in der Kirche St. Jodok in Ravensburg gibt es unter www.schwaebisc­he.de/kirchenbra­nd

 ?? FOTOS: JASMIN BÜHLER / FELIX KÄSTLE ?? Glück im Unglück: Weil die Pfarrkirch­e St. Jodok ein frei stehendes Gebäude ist, konnte die Gefahr eines sich ausbreiten­den Feuers gebannt werden. Mit vereinten Kräften retteten die Feuerwehrl­eute wertvolle Kunstschät­ze aus der brennenden Kirche.
FOTOS: JASMIN BÜHLER / FELIX KÄSTLE Glück im Unglück: Weil die Pfarrkirch­e St. Jodok ein frei stehendes Gebäude ist, konnte die Gefahr eines sich ausbreiten­den Feuers gebannt werden. Mit vereinten Kräften retteten die Feuerwehrl­eute wertvolle Kunstschät­ze aus der brennenden Kirche.
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