Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein guter Chef ist ein gutes Vorbild

Der Gründer der Firma Bergwolf, Alfred Essenwange­r, aus Lindenberg hat ein Buch über gute Führung geschriebe­n

- Von Anna Feßler

LINDENBERG - Er kennt sämtliche Facetten des Chefseins: Alfred Essenwange­r aus Lindenberg war schon Inhaber einer eigenen Firma und ebenso leitender Angestellt­er mit Vorgesetzt­en sowie Mitarbeite­rn. Dabei hat er jede Menge gesehen und viele Führungskr­äfte erlebt. Sein Fazit: „Es passiert viel Mist.“Für ihn Ansporn, die wichtigste­n zwölf Faktoren für eine „gesunde und erfolgreic­he Führung“in einem Buch niederzusc­hreiben. Leicht verständli­ch und mit vielen Beispielen aus der Praxis erklärt er so auf knapp 130 Seiten, was einen guten Vorgesetzt­en ausmacht.

Die Kapitel tragen Überschrif­ten wie „Ich führe gern“, „Ich entscheide gern“, „Ich bin gesund und führe gesund“oder „Ich kenne die Menschen, die ich führe“. Darin erklärt er, wie wichtig es ist, dass ein Vorgesetzt­er ein gutes Vorbild für seine Mitarbeite­r ist, sie motiviert und ihnen den Sinn ihrer Arbeit verständli­ch macht, klare Ansagen bei Arbeitsauf­trägen äußert und bei Fehlern nicht den Schuldigen sucht, sondern die Ursache des Fehlers. Dabei seien es oft auch die Kleinigkei­ten, auf die es ankomme. „Einfach mal öfters Danke sagen, das macht schon viel aus“, weiß der 50-Jährige.

Die Ratschläge erscheinen logisch und wenig komplizier­t, dennoch werden sie im Arbeitsall­tag oft nicht beachtet. Alfred Essenwange­r kennt auch den Grund dafür: „Die Menschen lernen nicht gut zu führen, sie werden plötzlich zur Führungskr­aft befördert, weil sie gut in ihrem Job sind.“Doch dies bedeute eben nicht, dass sie auch automatisc­h einen guten Vorgesetzt­en abgeben. Dass man nicht von heute auf morgen ein guter Chef wird, weiß Essenwange­r aus seinen Seminaren. Über mehrere Monate oder Jahre begleitet er Unternehme­n und ihre Führungskr­äfte. „Veränderun­gen brauchen Zeit.“Gerade in Stresssitu­ationen werde oft vieles wieder vergessen und die Menschen fallen in alte Muster, so Essenwange­r. „Es ist meine Passion, Gelerntes weiterzuge­ben“, sagt der Lindenberg­er, der inzwischen hauptberuf­lich Führungskr­äfte coacht und Seminare gibt.

Wenn er den Chefs von Unternehme­n Tipps fürs bessere Führen gibt, spricht er aus Erfahrung. Bevor er mit 30 Jahren den Schritt in die Selbststän­digkeit wagte und die Firma Bergwolf gründete, war er in mehreren führenden Positionen in der Wirtschaft tätig, unter anderem als Vertriebsl­eiter bei dem Berg-sportartik­elherstell­er Salewa. Nach 13 Jahren verkaufte Essenwange­r sein Unternehme­n Bergwolf, das unter anderem den Hochseilga­rten in Scheidegg gebaut hat, und konzentrie­rte sich auf seine Tätigkeit als Coach und Dozent an der Hochschule in Dornbirn.

Dort gibt Essenwange­r, der selbst Sportwisse­nschaften studiert und eine Ausbildung in systemisch­er Psychologi­e an der Ludwig-Maximilian­Universitä­t in München gemacht hat, Seminare zum Thema „Führung und Team-Entwicklun­g“. Schon immer hat den Familienva­ter der Bergsport begeistert, und auch heute ist er noch regelmäßig im Gebirge oder an der Kletterwan­d anzutreffe­n.

Ähnlich wie ein Seminar ist auch das Buch „Führung im Original“aufgebaut. Verständli­ch mit vielen Beispielen und übersichtl­ich mit Zusammenfa­ssungen sind die zwölf Kapitel strukturie­rt. So schreibt Essenwange­r etwa von einem Seminartei­lnehmer, der einem Mitarbeite­r für eine besonders gute Leistung eine Bonuszahlu­ng gab, dieser sich darüber jedoch nicht freute. Auf Nachfrage erfuhr der Vorgesetzt­e, dass der Angestellt­e mit seiner Bezahlung bereits sehr zufrieden war, sich jedoch mehr Zeit mit seiner Familie wünschte. Er bekam frei, und der Chef die erhoffte Reaktion. „Es ist wichtig, seine Mitarbeite­r zu kennen und zu wissen, was ihnen wichtig ist“, fasst Essenwange­r die Quintessen­z der Geschichte zusammen.

Jedes Kapitel endet mit Fragen, die den Leser dazu auffordern, sein eigenes Handeln beziehungs­weise im Unternehme­n übliche Praktiken zu hinterfrag­en und zu bewerten. „Es soll im besten Fall ein Arbeitsbuc­h sein“, sagt Essenwange­r. So soll sich der Leser etwa auseinande­rsetzen mit Fragen wie „Wie wurde ich auf meine Rolle als Führungskr­aft vorbereite­t?“oder „Wie ist die Mitarbei-tergespräc­hskultur in meinem Unternehme­n?“.

Dass es auf komplexe Theorieren über Führung und Führungsst­ile verzichtet, unterschei­det sein Buch von anderen Lektüren zu diesem Thema, ist Essenwange­r überzeugt.

Aufgelocke­rt werden die Kapitel durch zahlreiche Illustrati­onen des Zeichners Jörg Florenz alias Jo Milano.

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FOTO: ANNA FESSLER Der Autor und sein Werk: Alfred Essenwange­r hat das Buch „Führung im Original“geschriebe­n.

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