Islam-Frage löst Streit in der Union aus
CSU-Chef Seehofer verärgert über Kanzlerin Merkel – Innenminister verkündet Agenda
BERLIN - In der Union geht der Streit über den Umgang mit dem Islam weiter. „Ich werde meine Politik nicht um ein Jota ändern“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer (CSU) dem „Spiegel“. Zugleich zeigte sich der Bundesinnenminister verärgert über Bundeskanzlerin Angela Merkel. Es sei vollkommen unnötig gewesen, ihm öffentlich zu widersprechen. „Dafür fehlt mir jegliches Verständnis“, sagte der 68-Jährige. Die CDU-Vorsitzende hatte in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch Seehofers Aussage in Zweifel gezogen, wonach der Islam nicht zu Deutschland gehöre. Weil inzwischen Millionen Muslime in Deutschland lebten, sei auch deren Religion Teil des Landes, hatte Merkel erklärt.
Der Disput zwischen Innenminister und Kanzlerin wird, wenige Tage nachdem die neue Regierung ihre Arbeit aufgenommen hat, weiter öffentlich ausgetragen. Auch der Streit zwischen CDU und CSU spitzt sich zu. So stellte sich der neue CSU-Generalsekretär Markus Blume im „Spiegel“hinter Seehofer. „Wir werden bei der Islam-Debatte nicht lockerlassen“, sagte Blume. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung vertrete die Überzeugung, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre. CDU-Vize Armin Laschet sprach sich unterdessen für eine staatliche Anerkennung des Islam als Religionsgemeinschaft aus. Es brauche derartige Regeln in einer zunehmend säkularen Gesellschaft. „Dazu gehört eine Klärung des Verhältnisses zum Staat, so wie wir es mit den christlichen Kirchen seit Langem haben“, sagte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.
Bei seiner Premiere als Bundesinnenminister und seiner Antrittsrede im Bundestag ging Seehofer am Freitag jedoch nicht auf das Thema ein. Er präsentierte seine Agenda für die nächsten dreieinhalb Jahre in einer moderaten, ruhig vorgetragenen Rede. Dennoch blieb er hart in der Sache: Sicherheit in Deutschland, Steuerung und Begrenzung der Migration und nicht zuletzt die Sicherung des sozialen Friedens – so die wichtigsten Pfeiler seines Programms. Er wolle den Zusammenhalt der Gesellschaft stärken, Spaltung und Polarisierung überwinden. Die Opposition warf ihm vor, mit seinen Äußerungen zum Islam genau das Gegenteil zu tun.
„Wir müssen Tempo machen“, forderte Seehofer und kündigte an, noch vor der Sommerpause im Kabinett Beschlüsse über umfassende Veränderungen der Migrations- und Sicherheitspolitik herbeiführen zu wollen. Ein bloßes „Weiter so“dürfe es nicht geben. „Dort, wo Grenzen überschritten, Regeln missachtet oder Gesetze gebrochen werden, gilt für mich null Toleranz“, sagte er und plädierte für einen „starken Staat“. Dies gelte auch bei „Hassparolen und Gewalt gegenüber Andersdenkenden und Andersgläubigen“, versicherte der Bundesinnenminister.
Merkels Platz auf der Regierungsbank blieb am Freitag übrigens leer. Die Kanzlerin war beim EU-Gipfel in Brüssel.
RAVENSBURG (sz) - Die Ulmer Journalistin Mesale Tolu und ihr Ehemann Suat Corlu müssen sich in einem gemeinsamen Verfahren vor Gericht verantworten. Das hat ein Gericht entschieden, wie der SWR am Freitag mitteilte. Beide Prozesse werden demnach zusammen verhandelt, der Hintergrund für die Entscheidung ist unklar, wie Baki Selcuk, Sprecher des Solidaritätskreises „Freiheit für Mesale Tolu“, dem Sender in einem Telefonat mitteilte. Seit Donnerstag läuft der Prozess gegen Corlu wegen Terrorvorwürfen wieder. Das Ehepaar Tolu/Corlu darf die Türkei nicht verlassen. Beide müssen sich einmal pro Woche auf einem Polizeirevier in Istanbul melden.