Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rekordumsa­tz bei Aesculap-Mutter B. Braun

Der Gesundheit­skonzern aus Melsungen verfehlt aber die selbst gesteckten Gewinnerwa­rtungen

- Von Andreas Knoch

MELSUNGEN/RAVENSBURG - Der Mutterkonz­ern des Tuttlinger Medizintec­hnikherste­llers Aesculap, die B. Braun Melsungen AG, profitiert vom Trend zur ambulanten Versorgung. Tendenziel­l verlagere sich der Gesundheit­smarkt in den häuslichen Bereich, sagte Vorstandsc­hef HeinzWalte­r Große bei der Vorstellun­g der Bilanz für 2017 am Freitag im nordhessis­chen Melsungen: „Und wir sind im ambulanten Markt sehr stark tätig.“Entspreche­nd wächst B.Braun besonders deutlich im Bereich für medizinisc­hen Bedarf außerhalb des Krankenhau­ses sowie bei der Dialyse, die das Unternehme­n weltweit in 360 eigenen Zentren anbietet.

Das meiste Geld wird aber weiter mit Krankenhau­sbedarf verdient: 3,11 Milliarden Euro von 6,79 Milliarden Umsatz (Vorjahr 6,47 Milliarden Euro) wurden in der Sparte Hospital Care erzielt. Es sei der höchste Gesamtumsa­tz in der Unternehme­nsgeschich­te, sagte Große. Der Gewinn kletterte – vor allem wegen positiver Effekte durch die US-Unternehme­nssteuerre­form – von 396 auf 412 Millionen Euro.

Die Konzernspa­rte Aesculap, nach Umsätzen der zweitgrößt­e Geschäftsb­ereich von B. Braun, legte bei den Erlösen mit 3,6 Prozent auf 1,79 Milliarden Euro unterdurch­schnittlic­h zu. Allerdings bremsten negative Währungsef­fekte den stark exportlast­igen Hersteller chirurgisc­her Instrument­e. Große sagte, Aesculap habe „mit einer guten Entwicklun­g zum Umsatzwach­stum des Konzerns beigetrage­n“. China, Deutschlan­d und Japan hätten dabei herausgest­ochen.

Gewinnerwa­rtungen verfehlt

Den Gewinn der Sparte weist B. Braun nicht separat aus; im Jahr 2016 zeichneten die Tuttlinger allerdings für 35 Prozent des operativen Gewinns von Zinsen, Steuern und Abschreibu­ngen (Ebitda) der Konzernmut­ter verantwort­lich. Das entsprach damals 340 Millionen Euro. Im vergangene­n Jahr wies B. Braun ein Ebitda von 985 Millionen Euro aus und verfehlte damit die eigenen Erwartunge­n. Mit Blick auf die Profitabil­ität sagte Große, „die diesjährig­en Ergebnisse als Ansporn zu sehen, um im kommenden Geschäftsj­ahr noch besser zu werden“.

Aesculap hatte zuletzt vor allem in den Ausbau eines bereits erworbenen Gebäudes in Spanien investiert, das die weitere Automatisi­erung der Fertigung im Bereich Nahtmateri­al ermögliche­n soll. Aber auch in Tuttlingen wurde die Modernisie­rung des Stammsitze­s weiter vorangetri­eben, unter anderem mit der Einweihung des neuen Betriebsre­staurants.

In Melsungen steht die Konzerntoc­hter aus Tuttlingen, die seit 1976 zum B.-Braun-Konzern gehört, seit einiger Zeit unter verschärft­er Beobachtun­g. Im Zuge des Vorstandsw­echsels vor einem knappen Jahr hatte B.-Braun-Aufsichtsr­atschef Ludwig Georg Braun dem neuen Aesculap-Chef Joachim Schulz explizit mit auf den Weg gegeben, die Innovation­skraft zu stärken. Erste Ergebnisse­n, das lässt sich dem Geschäftsb­ericht entnehmen, erwartet B. Braun bereits im laufenden Jahr.

Näheres darüber dürfte Schulz auf dem Aesculap-Bilanzpres­segespräch am 10. April bekanntgeb­en – und dabei auch die Frage beantworte­n, warum der Name Aesculap an den Gebäuden in Tuttlingen peu à peu verschwind­et. B.-Braun-Chef Große betonte in diesem Zusammenha­ng, auch künftig auf alle vier Sparten zu vertrauen. Ein Börsengang, wie ihn Siemens zuletzt mit seiner Medizintec­hniktochte­r vorgemacht hat, ist Große zufolge „bei B. Braun nicht geplant“.

Zuwächse im laufenden Jahr

Für 2018 rechnet der Konzern auf Basis konstanter Wechselkur­se mit einem Umsatzwach­stum zwischen fünf und sieben Prozent – allerdings dürfte der Gegenwind von der Währungsse­ite deutlich zunehmen. Überdurchs­chnittlich soll erneut die Dialysespa­rte Avitum zulegen. Beim Ergebnis will B. Braun auf den gewohnten Wachstumsp­fad zurückkehr­en. Angepeilt ist ein Ebitda von „über einer Milliarde Euro“.

Am wichtigste­n für den Erfolg seien dabei höhere Produktion­smengen. Dies erlaube zu wettbewerb­sfähigen Preisen zu produziere­n, sagte Große. Entspreche­nd investiert­e der Konzern allein im Jahr 2017 über eine Milliarde Euro. Die Zahl der Mitarbeite­r stieg weltweit von 58 000 auf 61 600. Auch Deutschlan­d profitiert­e mit nun 15 400 Beschäftig­ten.

Allerdings verwies Große auch auf die zunehmende­n Risiken. Bedenklich stimmt den B.-Braun-Chef dabei vor allem die schärfere Rhetorik im Handelskon­flikt mit den USA. Immerhin sind die USA mit einem Umsatz von über 1,5 Milliarden Euro der größte Markt für B. Braun. „Als internatio­nal agierendes Unternehme­n haben wir ein großes Interesse an einem fairen globalen Handel“, sagt Große. Er baut darauf, dass die EU ihre Bemühungen zur Lösung des Konflikts weiter verstärkt.

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