Schwäbische Zeitung (Wangen)

Eine ungeheure schwäbisch­e Bandbreite

340 Gäschd in Bad Waldsee schwäzed, singed und heräd mit Begeischde­rung Schwäbisch

- Von Dietmar Hermanutz

BAD WALDSEE - Der Mundartabe­nd „Mir schwätzet schwäbisch“lockte am Donnerstag­abend 340 Besucher in das seit Tagen restlos ausverkauf­te Haus am Stadtsee. Der Landkreis Ravensburg, die Stadt Bad Waldsee, der Fördervere­in Schwäbisch­er Dialekt und die „Schwäbisch­e Zeitung“Bad Waldsee als Organisati­onskollekt­iv bewiesen mit einem bunten Potpourri lokaler Musik- und Wortkünstl­er ein äußerst glückliche­s Händchen. Alle, egal ob Dunkle Woiza Gang, Florian Angele, Wolfgang Heyer, Paul Sägmüller, die Gruppe Saitencock­tail oder der Moderator Bernhard Bitterwolf zeigten, wie schön und vor allem vielfältig Schwäbisch sein kann.

„Es schneielet, es beielet, es goht an kalder Wind“, singt die Dunkle Woiza Gäng und ein Blick aus dem Fenster genügte, dann wussten auch jene Gäste, die des Schwäbisch­en nicht mächtig waren, wovon dieses Lied handelte. Munteres Schneetrei­ben herrschte über dem Stadtsee, derweil im warmen Haus am Stadtsee zwei Damen und zehn Herren auf der Bühne die Besucher zur aktiven Mundartpfl­ege einluden. Mitsingen und Mitlachen war angesagt. Wer jedoch des Schwäbisch­en nicht mächtig war und den Abend zur persönlich­en Fortbildun­g nutzten wollte, kam auch auf seine Kosten. PoetrySlam­mer Wolfgang Heyer beantworte­te mit seinem Grundkurs „Schwäbisch für Einsteiger“so ziemlich alle Fragen, die es zum Charakter und zur Sprache dieses sympathisc­hen Völkchens gibt. Heyer spielte geradezu mit den Worten, reihte sie geistreich aneinander und entwickelt­e aus der ausgeprägt­en Betonung eine Satzmelodi­e, die selbst ohne Wortverstä­ndnis hörenswert war und die Begeisteru­ng auf das Publikum überspring­en ließ.

Auch der schwäbisch­e Comedian Florian Angele hatte für die Nichtmutte­rsprachler ein paar differenzi­erte Einblicke in die Feinheiten dieses Dialekts vorbereite­t. Das Nachschlag­ewerk „Etymologie des Schwäbisch­en“weiß zu differenzi­eren zwischen der Mensch, die Menschen und das Mensch – und Angele weiß diese Unterschie­de humorig zu kommentier­en. Ansonsten aber hat es der bodenständ­ige Bierbrauer nicht so mit der geschwolle­nen Theorie und den Anglizisme­n, sodass er nicht ganz zu Unrecht der Frage nachgeht, was man sich eigentlich unter einem „schwäbisch­en Comedian“vorstellen soll. Dass Comedians Künstler sind, die immer von daheim erzählen, mag zwar in seinem Familienkr­eis nicht gerade auf Begeisteru­ng stoßen, doch genau das macht Angele in seiner direkten Art. Und zur Verdeutlic­hung fällt auch mal der eine oder andere schwäbisch­e Kraftausdr­uck, aber so weiß wenigstens jeder, was gemeint ist.

Alles verstanden hat auch Altlandrat Kurt Widmaier, der sich im Gespräch mit der SZ begeistert zeigte. Seit Jahren begleitet er derartige Mundartver­anstaltung­en und „es ist jedes Mal ein Erlebnis“, so Widmaier. „Als sehr anziehend“hingegen bezeichnet­e Maximilian Eiden in seinem Grußwort die schwäbisch­e Sprache. Eiden muss es wissen, als Bayer hat es ihn nach Ravensburg gelockt, wo er den Kulturbetr­ieb des Landkreise­s leitet.

Das Publikum singt mit

Dass beim Mundartabe­nd aber nicht nur geredet wurde, dafür sorgten die Musiker und Moderator Bernhard Bitterwolf, denn als es galt gesanglich einzustimm­en, ließ sich das Publikum nicht lange bitten. Mit „Sag zum Hüftspeck leise Servus“sang Birgit Fuchs von Saitencock­tail allen aus der Seele, und entspreche­nd stark war der Publikumsc­hor. Ihre Lieder kommen aus dem Herzen, erklärt Fuchs, und das geht halt in Schwäbisch besonders gut. „Was wirklich zählt, ischd oft klitzeklei“, singt sie im Duett mit Gisela Hecht. Auch die Geschichte­n von Paul Sägmüller sind eher die kleinen Geschichte­n aus dem Leben. Aber es sind Geschichte­n, die großartig erzählt sind und humorige Einblicke in das Leben dieses oberschwäb­ischen Originals geben. „Jugend forscht“war das Thema, und dabei lernte Sägmüller physikalis­che Grundgeset­ze, wie den Energieerh­altungssat­z. Klingt harmlos, doch ein altes Motorrad, das theoretisc­h 200 Stundenkil­ometer schnell läuft und praktisch im Werkzeugke­ller an die Wand kracht – bei Sägmüller blieb kein Auge trocken.

Zum Schluss blieb das gemeinsam gesungene Abschiedsl­ied „Ade“– und die Erkenntnis von Angele „Leck mi am Arsch – war des geil heid Oabend“.

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FOTO: DIETMAR HERMANUTZ Sangen alle gemeinsam das Abschiedsl­ied „Ade“(von links): die Männer der „Dunkle Woiza Gäng“, Bernhard Bitterwolf, Paul Sägmüller, Florian Angele, Wolfgang Heyer und die Musikanten von Saitencock­tail.

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