Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bandenchef muss vier Jahre und vier Monate ins Gefängnis

Landgerich­t Ravensburg ist überzeugt, dass 37-Jähriger in acht Fällen bei Einbrüchen im Illertal „federführe­nd“war

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RAVENSBURG/ILLERTAL (sig) Nach fünf Verhandlun­gstagen und damit einem Tag weniger als geplant hat das Landgerich­t Ravensburg am Donnerstag einen 37-Jährigen, der in Illertisse­n wohnt, unter anderem wegen schweren Bandendieb­stahls zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren und vier Monaten verurteilt. Von ihm werden 20 000 Euro eingezogen, außerdem muss er die Prozesskos­ten tragen. Die Strafkamme­r unter dem Vorsitz von Richter Franz Bernhard gab sich in der Urteilsbeg­ründung überzeugt, dass der 37-Jährige Kopf einer Bande war, die Ende 2016 in Ein- und Zweifamili­enhäuser im Illertal eingestieg­en war und sie gezielt ausraubte.

Vermittelt­e der einschlägi­g Vorbestraf­te während der vorausgega­ngenen Prozesstag­e zeitweise den Eindruck, ihn amüsiere die Verhandlun­g, trieb es ihm beim Verlesen des Urteils doch die Blässe ins Gesicht. Vor allem zwei Komplizen im Zeugenstan­d hatten ihn schwer belastet. Die Kammer erkannte den Angeklagte­n des schweren und des versuchten schweren Bandendieb­stahls in Tateinheit mit Einbruchdi­ebstahl schuldig. Unterwegs war der Angeklagte in unterschie­dlicher Komplizen-Besetzung unter anderem in Dettingen, Erolzheim und Kirchberg. Meist wurden mit einem Schraubenz­ieher Fenster und Terrassent­üren aufgehebel­t und eingestieg­en.

„Scheinheil­ige“Telefonate

Der Einbruch in die Wohnung eines Ehepaares, das am 26. Dezember 2016 bei seiner Tochter Geburtstag feierte, entpuppte sich als Schwerpunk­t der Serie. Dort suchten die Täter gezielt – mit Täterwisse­n und deshalb ausschließ­lich im Schlafzimm­er – nach Bargeld aus einem Lottogewin­n und eines Autoverkau­fs. Mehr als 10 000 Euro und Schmuck ließen sie allein bei diesem Bruch mitgehen (SZ berichtete). Verdächtig­t, die Täter über die Abwesenhei­t der LottoGewin­ner informiert zu haben, wird der flüchtige Schwiegers­ohn der Opfer, den der Angeklagte zuvor über den Gewinn und den Versteck des Geldes ausgefragt hatte. Dieser Schwiegers­ohn hatte mehrmals während der Feier „scheinheil­ige“Telefonate geführt und sich bei dem ausgeraubt­en Ehepaar während deren Heimfahrt von der Feier telefonisc­h erkundigt, wann es denn zu Hause sei. Mit den Telefonate­n, wird vermutet, wollte er die Komplizen wissen lassen, wie lange sie noch Zeit haben.

„Mit den Händen gearbeitet hat er nie etwas. Er ist ein Mensch, der materiell verortet ist und sich durch Bargeld definiert“, betonte der Kammervors­itzende. Das Gericht hatte bei den ihn belastende­n Zeugen nicht den Eindruck, dies aus Rache zu tun, wie der Vorsitzend­e in seiner Urteilsbeg­ründung sagte. Interessan­t nannte er, dass der Bandenchef selbst sich die Hände selten schmutzig gemacht habe, aber nach den Raubzügen bestimmte, welches Diebesgut wertvoll ist. „Der Angeklagte war in der Lage zu steuern und zu bestimmen“, sagte der Richter. Er habe sich geografisc­h – im Gegensatz zu seinen Komplizen – bestens ausgekannt. Geprahlt hatte er vor Gleichgesi­nnten, in welche Häuser er schon eingestieg­en war und deshalb nicht arbeiten müsse.

In der Urteilsbeg­ründung legte der Vorsitzend­e dem Angeklagte­n nicht zuletzt die schweren Opferfolge­n zur Last, die selbst bei einem minderschw­eren Fall hoch zu bewerten seien. So leidet das Ehepaar, aus deren Schlafzimm­er Geld und Schmuck geraubt wurden, heute noch an den Folgen und befindet sich in Behandlung. Weil es in der Wohnung nicht bleiben konnte, ist es umgezogen. Ein Geständnis hat der Verurteilt­e nicht abgelegt, er machte auch keine Angaben zu den Vorwürfen.

Der 37-Jährige war im Alter von 17 Jahren nach Deutschlan­d gekommen. Immer wieder pendelte er zwischen dem Kosovo und Deutschlan­d und reiste nach einem nicht erteilten Visum illegal ein. Als er im Dezember 2017 wieder einmal zurückkam, wurde er verhaftet.

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