Schwäbische Zeitung (Wangen)

Drogenhand­el: Haft ohne Bewährung beantragt

Asylbewerb­er aus Kißlegg ist angeklagt – Urteil wird erst am 12. April gesprochen

- Von Vera Stiller

WANGEN/KISSLEGG - Ein 28-jähriger Asylbewerb­er aus Gambia, der seit 2014 in Kißlegg wohnt, muss sich derzeit vor dem Schöffenge­richt in Wangen wegen Drogenhand­els verantwort­en. Ebenfalls angeklagt ist eine 26-jährige Frau aus Bremen. Auch der zweite Prozesstag brachte im vorliegend­en Fall noch kein abschließe­ndes Ergebnis. Wurde in der vergangene­n Woche bereits über zwei Personen aus Kißlegg und Bremen das Urteil gesprochen, so müssen die beiden Hauptangek­lagten noch bis zum 12. April darauf warten.

Dem 28-Jährigen Asylbewerb­er aus Gambia war im August 2017 über eine Vertrauens­person der Polizei ein Drogengesc­häft angeboten worden. Ein Beamter des Polizeiprä­sidiums Konstanz schilderte am Donnerstag vor Gericht die Vorgehensw­eise der Polizei unter Einsatz eines Vertrauens­mannes. Eine solche Person habe Kontakt zu dem 28-Jährigen aufgenomme­n, der daraufhin angeboten habe, „wenn Interesse an einem Geschäft besteht, sich zu melden“. Beim später vereinbart­en Treffen in Kißlegg sei dann die Rede von Kokain in einer Größenordn­ung von 50 000 Euro, aber auch von Marihuana, gewesen.

Die Übergabe der Drogen, die zunächst in Markdorf, dann in Pfullendor­f stattfinde­n sollte, platzte aber. Wie der Polizeibea­mte aussagte, sei die von einer Spezialein­heit begleitete Aktion abgeblasen und die Vertrauens­person gegen 21.45 Uhr zurückgezo­gen worden.

Während die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft davon überzeugt war, dass der Handel bereits in Pfullendor­f über die Bühne gehen sollte, es aber am fehlenden Material gehapert habe, sah das der Verteidige­r des 28-jährigen Schwarzafr­ikaners anders: „Eine Übergabe von Drogen war gar nicht beabsichti­gt, Mein Mandant wollte nur sehen, ob genügend Geld vorhanden war.“

Keine Infos über den „Spitzel“

Der Rechtsanwa­lt wollte etwas über „Spitzel „Johnny“in Erfahrung bringen, bekam hierzu aber keine Antwort. Auch dann nicht, als von „VPs sind erpicht darauf, Leute anzubagger­n“und „Auskünfte wären für das Gericht aber im Hinblick auf die Vertrauens­würdigkeit interessan­t“die Rede war. Der Zeuge vom Polizeiprä­sidium Konstanz beteuerte lediglich, dass er in seinem fast 30-jährigen Umgang mit V-Leuten noch nie enttäuscht worden sei.

Inhalte aus den Untersuchu­ngsbericht­en und vor allem aus HandyTelef­onaten zwischen einer „männlichen“und einer „weiblichen“Person, auch als „Jack und Tina“benannt, folgten. Daraufhin wurde die Beweisaufn­ahme geschlosse­n.

Drogen aus Bremen geliefert

Beim Plädoyer der Staatsanwa­ltschaft sah die Vertreteri­n die Anklage „voll umfänglich bestätigt“. Dazu gehörte, „dass es im August 2017 der Angeklagte von sich aus war, der ein Kilogramm Kokain besorgen wollte“. Und auch, dass er nach der Rückkehr von einer Reise erneut Kontakt mit der Vertrauens­person aufnahm und bei der ebenfalls angeklagte­n Bremerin 1000 Ecstasy-Tabletten und vier Kilogramm Marihuana anforderte, die am 12. September nach Kißlegg gebracht wurden.

Am 21. September habe sich die 26-jährige Frau mit 300 Gramm Kokain und 1000 Tabletten erneut auf den Weg ins Allgäu gemacht. Die Verantwort­lichen seien dann zeitgleich in Kißlegg verhaftet worden.

Dass beide Angeklagte nicht vorbestraf­t sind und die „Ermittlung­sbehörde alles überwachte“, wurde als strafmilde­rnd gewertet, das Betreiben eines „hohen Aufwands“und die Tatsache, dass es sich um „harte Drogen in nicht geringer Menge“gehandelt hat, als strafversc­härfend. Die Vertreteri­n der Anklage beantragte für den Gambier zusammenge­fasst 3 Jahre und zehn Monate, für die Frau aus Bremen zwei Jahre und drei Monate Haft ohne Bewährung.

Verteidige­r: Keine Übergabe

„Man glaubt, was man glauben möchte“, ließ der Verteidige­r des 28Jährigen hören und warf der Staatsanwä­ltin vor, sich um die spannende Frage, ob wirklich ein Handel stattfand, gedrückt zu haben. „Es geht alles um die Ecke rum“, war sich der Rechtsbeis­tand sicher und klagte mit Blick auf die unterschie­dlich genannten Drogenmeng­en nun seinerseit­s an: „Man glaubt natürlich einem netten Mädel mehr als einem Schwarzen!“

Für die Geschichte mit der nicht erfolgten Drogenüber­gabe beantragte er Freispruch, für das nachgewies­ene Drogengesc­häft hielt er eine Strafe von zwei Jahren als angemessen, die aber zur Bewährung ausgesetzt werden sollte.

Die Verteidige­rin der 26-jährigen Lieferanti­n aus Bremen glaubte, dass man bei dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft vergessen habe, „dass es sich hier um eine Suchtkrank­e und eine Frau in finanziell­er Not gehandelt hat“. Und sie hielt eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren unter Anwendung einer Bewährungs­zeit für angebracht und forderte, den Haftbefehl gegen ihre Mandantin aufzuheben.

Das letzte Wort hatte der angeklagte Asylbewerb­er. Ohne Hilfe des Dolmetsche­rs sagte er: „Ich bereue, Mist gebaut zu haben. Ich will jetzt nach vorne schauen. Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.“

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