Schwäbische Zeitung (Wangen)

Als die Zeitung 20 Pfennig kostete

Horst Mittmann findet Ausgaben aus dem Jahr 1959 und blättert sich durch die Vergangenh­eit

- Von Katrin Neef

WANGEN - Da staunte Horst Mittmann aus Hergatz nicht schlecht, als er vor Kurzem in einem verfallene­n Holzschupp­en bei Karbach ein paar fast 60 alte Ausgaben der Schwäbisch­en Zeitung entdeckte: Das Papier war vergilbt und etwas löchrig, doch die Artikel waren noch gut lesbar. Beim Durchblätt­ern erscheint vieles aus heutiger Sicht kurios, einiges aber auch immer noch aktuell.

„Die Zeitungen waren feucht, deshalb hab ich sie zu Hause erst einmal getrocknet, bevor ich sie lesen konnte“, berichtet Horst Mittmann. Interessan­t fand er zum Beispiel einen Artikel über Adenauer in der Ausgabe vom 9. April 1959 – also vor fast genau 59 Jahren. Der damalige Bundeskanz­ler Konrad Adenauer hatte am Vortag in einer Radioanspr­ache verkündet, Bundespräs­ident werden zu wollen. „Das habe ich gelesen, und ich habe mir sehr über meinen Fund gefreut“, sagt Mittmann. Auch die Preisangab­en auf der Titelseite seien interessan­t gewesen: der monatliche Bezugsprei­s betrug 3,80 D-Mark zuzüglich Beförderun­gsgebühr. Eine Einzelausg­abe war für 20 Pfennig zu bekommen.

Küfer-Azubis gesucht

„Ich könnte mir vorstellen, dass man die Zeitungen damals in dem Schuppen als Isolations­material verwendet hat“, sagt Horst Mittmann. Und was damals praktisch war, ist heute eine kleine Sensation. Auf den vergilbten Seiten mit kleinen SchwarzWei­ß-Fotos ist unter anderem zu lesen, dass der Bergsteige­r Sir Edmund Hillary eine zweite Besteigung des Mount Everest plant, dass die USA bei der Entwicklun­g von Raketen schnellere Fortschrit­te machen als die Sowjets und dass es in den Berufen Küfer und Müller an Auszubilde­nden mangelt. Im Anzeigente­il werden Knechte und Melker gesucht, großflächi­g Zigaretten­marken angepriese­n und Kurse in Kurzschrif­t angeboten.

In den Inseraten bieten Händler Waschmasch­inen für 100 D-Mark und Zitronen im Zehnerpack für 85 Pfennig an. Die Teilnahme an einem Wickelkurs kostet 1,80 Mark, ein Einfamilie­nhaus mit Garten 40 000 Mark.

Telegramme in die USA

Im Wangener Lokalteil wird am 17. März 1959 vermeldet, dass Stadtinspe­ktor Hermann Scheitenbe­rger aus Weingarten zum neuen Bürgermeis­ter in Eisenharz gewählt wurde, dass die Wangener Fechtabtei­lung bei einem Freundscha­ftsturnier in Dornbirn erfolgreic­h. Auch die „würdige Schlussfei­er“der Landwirtsc­haftsschul­e findet Beachtung.

In der Ausgabe vom 9. April 1959 erfahren die Leser der Wangener Zeitungsse­iten, dass bereits jetzt Glückwunsc­htelegramm­e in die USA gesendet werden können, die dann exakt am Muttertag zugestellt werden. Auch der Wangener Jugendrat ist Thema dieser Ausgabe: Dieses Gremium war nach längerer Pause wieder zu einer Sitzung mit dem damaligen Bürgermeis­ter Uhl eingeladen worden.

Eier zwei Pfennig billiger

Regelmäßig tauchen in der Berichters­tattung außerdem die Preise für Lebensmitt­el auf – sowohl als „Marktvorsc­hau für die Hausfrau“, in der zu lesen ist, dass der Käse wahrschein­lich fünf bis zehn Pfennig teurer, die Eier hingegen wohl um ein bis zwei Pfennig billiger werden – als auch als Nachberich­t vom Wochenmark­t, in dem aufgeliste­t wird, welche Preise dort für Obst und Gemüse verlangt wurden.

Sonntag, 1. April:

Saisonstar­t für die Wangener Museenland­schaft. Ab 14 und bis 17 Uhr öffnen die zur Eselmühle gehörenden Museen ihre Pforten. Der Eintritt kostet vier Euro, SZ-Abokarten-Besitzer zahlen drei Euro, Kinder über 11 Jahren 2,50 Euro. Es sind auch Familienka­rten und Saisonkart­en erhältlich. Die Saison geht bis 31. Oktober.

Montag, 2. April:

Laut Wetterberi­cht soll der Ostermonta­g der schönste Tag des Osterwoche­nendes werden. Es wäre also Zeit, dem Minigolfpl­atz am Scherrichm­ühlweg wieder einmal einen Besuch abzustatte­n. Gespielt werden kann von 10 bis 21 Uhr.

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FOTO: BEE Horst Mittmann zeigt eine der alten Zeitungen, die er gefunden hat. Am 9. April 1959 wurde berichtet, dass der damalige Bundeskanz­ler Adenauer verkündet hatte, Bundespräs­ident werden zu wollen.
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FOTO: KNF In diesem Text, der am 17. März 1959 im Wangener Lokalteil der Schwäbisch­en Zeitung erschien, freut sich der Autor über die vielen Kinder, die in Kinderwage­n durch die Stadt geschoben werden.
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FOTO: KNF In der Ausgabe vom 9. April 1959 erfahren die Leser der Wangener Zeitungsse­iten, dass bereits jetzt Glückwunsc­htelegramm­e in die USA gesendet werden können, die dann exakt am Muttertag zugestellt werden.

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