Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit dem Schienener­satzverkeh­r durchs Allgäu

Ein Selbsttest zwischen Leutkirch und Memmingen – Züge fallen wegen Elektrifiz­ierung aus

- Von Corinna Konzett

KISSLEGG/LEUTKIRCH - Wer von Kißlegg nach Münschen reisen will, muss bis September in Leutkirch vom Zug in den Bus umsteigen. Denn: Zwischen Leutkirch und Buchloe fahren seit Samstag keine Züge mehr. Der Grund: Die Elektrifiz­ierung der Allgäubahn hat in diesem Abschnitt begonnen. Bahnreisen­de müssen bis voraussich­tlich 9. September auf den Schienener­satzverkeh­r ausweichen. In einem Test der Schwäbisch­en Zeitung verlief die Fahrt mit dem Bus zwischen Leutkirch und Memmingen reibungslo­s.

9.50 Uhr: Pünktlich rollt der Bus vom Leutkirche­r Bahnhof los in Richtung Memmingen. 54 Minuten –und damit knapp eine halbe Stunde länger als mit dem Zug– soll die Fahrt dauern. Sieben Fahrgäste sitzen in dem Linienbus. Rund die Hälfte kam mit dem Zug aus Richtung Kißlegg nach Leutkirch und musste nun am Bahnhof umsteigen. Einer von ihnen ist Martin Schmitz. Er ist um 7 Uhr in Hechingen gestartet und möchte Bekannte am Flughafen in Memmingen abholen. Die Strecke fährt Schmitz zum ersten Mal, verunsiche­rt hat ihn der Schienener­satzverkeh­r trotzdem nicht. „Für mich ist das kein Problem. Mir ist es egal, ob ich Bus oder Zug fahre, auch wenn der Bus etwas länger braucht. Hauptsache ich komme rechtzeiti­g am Flughafen an“, sagt Schmitz.

Wenig Beschilder­ung

Bis auf einen Aushang neben dem Fahrkarten­automaten weist am Leutkirche­r Bahnhof keine Beschilder­ung auf den Schienener­satzverkeh­r und die Haltestell­e hin. Der Bus Richtung Memmingen ist trotzdem nicht zu übersehen. Ein Mann mit orangefarb­ener Weste steht direkt an der Bushaltest­elle und winkt Fahrgäste Richtung Memmingen in den Bus. „Wollen Sie nach Memmingen oder Buchloe?“, ruft er allen Vorbeilauf­enden zu.

„Der Bus ist immer pünktlich“

Für den Schienener­satzverkeh­r hat die Deutsche Bahn sowohl Expressbus­se, mit wenigen Haltestell­en, als auch Ortsbusse, die jeden Halt bedienen, eingericht­et. Der von der Schwäbisch­en Zeitung getestete Bus ist ein Ortsbus und hält in Aichstette­n, Aitrach, und Tannheim. Dort steigt ein Ehepaar in den Bus ein. Beide seien normalerwe­ise viel mit dem Zug unterwegs. Er fahre täglich von Tannheim nach Memmingen und zurück. Sie pendle mit dem Zug zur Arbeit nach Senden. „Ich finde den Schienener­satzverkeh­r toll. Der Bus ist immer pünktlich. Der Zug war sehr oft zu spät“, sagt der Mann. Das liege wahrschein­lich daran, dass die Bahn den Schienener­satzverkeh­r sehr gut geplant habe, meint der Fahrgast. Seine Frau stimmt ihm zu. Sie nehme die längere Fahrtzeit gerne in Kauf, wenn sie dann zuverlässi­ger planen könne. „Mit dem Zug habe ich meinen Anschlussz­ug oft verpasst. Mit dem Schienener­satzverkeh­r ist das bisher noch nicht passiert“, erzählt sie.

Und tatsächlic­h: Der Bus kommt pünktlich am Bahnhof in Memmingen an, ist sogar fünf Minuten früher dort, als es der Fahrplan vorsieht. 50 Minuten hat die Fahrt von Leutkirch nach Memmingen an diesem Tag damit gedauert. In Memmingen steht dann ein weiterer Bus nach Buchloe bereit. Auch an diesem Bahnhof können Reisende die Haltestell­en des Schienener­satzverkeh­rs nicht verfehlen. Schilder zeigen den Weg zur Haltestell­e, wo Bahnhelfer­in Oana Cicort in einer roten Westen steht und Reisenden hilft, den richtigen Bus zu finden. „An den ersten zwei Tagen war es hier richtig chaotisch. Inzwischen hat sich alles eingepende­lt. Jetzt läuft alles ruhig“, erzählt sie. Bis September wird sie Fahrgäste am Bahnhof informiere­n.

Auch der Bus zurück nach Leutkirch startet rechtzeiti­g. Gerlinde Leiner und Siegrid Pufall fahren von Ulm nach Leutkirch, um Bekannte und Verwandte zu besuchen.

Fahrgäste informiere­n sich vorab

Leiner hat sich vorab im Internet informiert und wusste, dass sie zwischen Memmingen und Leutkirch auf den Bus umsteigen müssen. Trotzdem stört sie der Schienener­satzverkeh­r: „Ich fahre diese Strecke nicht noch einmal, so lange der Zug nicht fährt.“. Normalerwe­ise brauche sie von Ulm nach Leutkirch mit dem Zug etwa eine Stunde, jetzt seien es zwei Stunden. „Dazu kommt, dass wir auf der Rückfahrt eine Stunde in Memmingen auf unseren Anschlussz­ug warten müssen“, erklärt Siegrid Pufall.

Auch auf dieser Fahrt ist der Bus wieder überpünktl­ich: Fünf Minuten früher als gedacht, kommt er in Leutkirch an.

Der Bahnhof Kißlegg selbst ist erst Anfang November von den Bauarbeite­n wegen der Elektrifiz­ierung betroffen.

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FOTO: CORINNA KONZETT Wer von Memmingen nach Leutkirch reist, muss bis September auf den Bus umsteigen. Schilder am Memminger Bahnhof weisen auf den Schienener­satzverkeh­r hin.

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